Der 31.12.2015
Bericht des Chronisten OT Ahrensfelde, Paul Plume

Es ist wieder soweit: Am 31.12.2015 betrete ich wie in jedem Jahr die Straße zu meinem Rundgang. Es ist 9:05, wir haben minus 3 Grad Celsius. Die Sonne scheint, es gibt leichte Wolken und ein frischer Wind weht. Von weitem höre ich Autogeräusche, die „blauen“ Tonnen für die Papier- und Pappe-Entsorgung stehen alle vor den Grundstücken und – da Weihnachten war – gesellen sich dazu hier und da große Kartons. In Richtung Berlin hängt noch der alte Mond am Horizont – er wird das Jahr gleichmütig vollenden und gleichmütig morgen neu beginnen, immerhin wir benennen ja die nächsten 4 bis 5 Wochen nach ihm, dem Mon(a)t und das hat ja auch etwas Kontinuierliches an sich, dass es weiter gehen wird mit Sonne und Regen, Frost und Hitze …

Unsere Mitmenschen können es kaum erwarten, den Wechsel: Ein Böller von weitem, aber hier gehen erst einmal die Jalousien hoch. Eine Nachbarin strebt zum S-Bahnhof und ein paar Häuser weiter stehen zwei Fenster weit offen, Lüften ist angesagt. „Guten Morgen!“ So auch einen freundlichen Gruß dem älteren Ehepaar (mit Hund). Mir gefällt, dass sie Hand in Hand gehen wie ich es öfter bei älteren Leuten (zu denen ich ja auch gehöre) sehe, das hat auch 'was von Kontinuität! Ich höre das erste Flugzeug und werde das in diesem Text wieder mit dem „[F]“ darstellen. Hier im Graben liegen weggeworfene Papier-Taschentücher, ein unschöner Anblick, aber das ist wohl eine weit verbreitete Unart, derartige Spuren zu hinterlassen, macht das bloß nicht auch im Internet, da finden SIE euch dann bestimmt.

Eine Mutter mit zwei munteren Kindern und einem schwarzen Hund kreuzt meinen Weg und ich höre die wunderbare und wie immer klingende kleine Frage „Mamaa…?“ Da scheint mir die Sonne gerade ins Gesicht! Kurz vor dem Parkplatz lädt ein Nachbar von einem in den anderen Kofferraum eine bedeutende Menge Knall-Material um: „Guten Morgen und wenn das man gut geht …“ ist mein ehrlicher Wunsch für ihn. [F] Auf dem Parkplatz gibt es einen abgestellten Touri-Bus mit „oben ohne“ und wo sie bisher immer Fahrräder verkauften (und jedes Jahr letzten „Räumungsverkauf“ ankündigten) macht nun wirklich „PC-billiger.de“ den Neuanfang. Oben an der Dorfstraße höre ich plötzlich Vogelgezwitscher, ob hier eine Voliere besteht? Gegenüber wohnen Elke und Peter und einen guten Moment erinnere ich mich ihrer Gastfreundschaft und der schönen Begegnungen auf ihrem Hof.

Hier streben einige zur S-Bahn, die Flaggen der Autoverkäufer schlagen im Wind, oben gehen die Schranken zu und die Autos biegen jetzt flüssig nach Marzahn ab. Ich schaue noch auf das Gladiolenfeld rechts und wundere mich über folgende Werbung am Zaun: „TOP Lage, möblierte Zimmer zu vermieten“ – Wo denn hier auf dem Feld? (Da hilft nur die genannte Telefon-Nummer weiter!) Derweil rollte der Zug aus Werneuchen kommend in Richtung Berlin.

Ja, hier ist der Grenzstein! Der Granitstein mit seinen rund 50 x 50 x 50 cm über der Erde und dem Pyramiden-„Dach“ zeigt wohl die Landesgrenze an, denn genau gegenüber steht ja unser Ortseingangsschild! Und da war auch früher das Kontrollhaus der „Russki's“ zu frühen DDR-Zeiten… Aber eigentlich war die Ahrensfelder Gemarkung (siehe unsere Flur-Karte von 1846) drüben noch lange nicht zu Ende, sie reichte ungefähr bis an die Linie der Havemannstraße. [F] Insofern wäre das da drüben „unser“ Parkplatz, ist heute aber fast leer.

Ich entschließe mich jetzt entlang „unserer“ Gemarkungsgrenze einmal auf fremdem Territorium zu laufen bis ich wieder den Bereich des Ortsteiles Ahrensfelde erreiche. In der Tat ist es hier, wo früher die Mohrrüben der LPG wuchsen (stoppeln gehen und einmieten), doch gefühlt anders als bei uns. Kalter Zigarettenrauch kommt mir in die Nase (Frau mit Hund) und die Mitmenschen eilen zur S-Bahn. Ja, die Volksbank ist noch da und die Fußgängerbrücke zur S-Bahn steht auch gut in sandgelber Farbe. Das gehört ja auch alles zu uns, vor allem zu unseren berufstätigen Mitbürgern, die an Werktagen zu früher Stunde hier zur Arbeit fahren. So auch der gelegentliche Einkauf bei den kleinen Händlern unter den Arkaden, die haben jetzt am Morgen schon ihre Auslagen draußen auf dem Gehweg. Der Bürgersteig besteht aus fast unkaputtbaren Betonplatten.

Da ich nach Süden laufe, scheint mir die Sonne direkt ins Gesicht, links der Lidl und rechts das „Mauritius“ im Havemann-Center. Die Plattenbauten aus der DDR-Zeit sind zum Teil „rück-gebaut“ auf weniger Geschosse und das sieht ansprechend aus. Menschen mit Kopfhörern und somit in fremde Welten entrückt kommen mir entgegen und ich verliere meinen Bleistift, zum Glück habe ich immer dreie mit, falls 'was passiert (Kugelschreiber geht bei Kälte gar nicht!). Inzwischen liegt rechts das Gesundheits-Center und hier links eine Perlenkette von kleinen Anbietern von Tanzschule bis Sonnenstudio.

An der Schorfheidestraße geht es über die Ampel und manch einer wird gerade hier in der Straßenbahn sitzend denken „noch eine Station und Du bist zu Hause in Ahrensfelde“. Was mich dann wundert, ist, dass dann beim ALDI viele Autos mit BAR-Kennzeichen stehen und ich sogar eine gute Bekannte grüßen kann. Dabei sind meine Gedanken jetzt beim „Corney Island“ (früher „Am Kornfeld“), genau hier auf der Ecke stand es, wo die Ahrensfelder Jugendlichen zur Disco strömten (und wir Eltern gegen 0:00 Uhr sie abholen wollten). Rechts geht die Kemberger Straße ab, da wo man den Kletterturm sieht und wo wir uns die Variante 1 der Ortsumgehung Ahrensfelde wünschen. Inzwischen haben auch die Offiziellen bemerkt, dass die angepeilte „Trogvariante“ zu teuer wird. Das hatten wir ihnen ja schon vor Jahren angezeigt! [F]

Ich strebe nach Eiche hinüber, verpasse aber den kürzeren Pfad zum Grenzweg und lande im Gewirr der Wege bei den Wochenend-Grundstücken weiter rechts, den Eichner Kirchturm fast vor Augen. Gleichwohl lohnt sich der kleine Irrtum, denn hier lässt sich gut wohnen und ich denke gerne an alte und neue Nachbarn in Eiche: Da sind alte Jugendfreunde, da sind Schulkameraden der Kinder (später ging es nach Marzahn durch die Wuhle-Senke in die Gummistiefelschule), da sind liebenswerte Helfer in der Willkommensgruppe für Flüchtlinge und da sind die KITA-Kinder mit denen wir dort in der Kirche Weihnachtslieder (wie jedes Jahr) gesungen haben. Ja, auch meine geehrten Kollegen, die Herren Chronisten Hans & Gunter Meusel will ich nennen. Da drüben haben wir 2015 das Dorffest für alle Ortsteile bei großer Hitze gefeiert. „Guten Morgen“ dem Mann mit Hund, die Sonne scheint fast waagerecht durch die Bäumchen und mich machen die freundlichen Straßennamen nachdenklich: „Straße der Einheit, ... der Jugend, ... der Freundschaft, ... des Friedens“ – das assoziiert doch nicht nur politisches Programm, sondern ehrliche Herzenswünsche.

Am Grenzweg angekommen kann ich mit einem Schritt wieder auf dem Gelände meines Ortsteiles sein, aber will ich das? Hier lohnt sich der Panorama-Blick auf meinen Ortsteil: Ganz links die Ahrensfelder Kirche, dann der Funkmast beim GTHKW, sechs Windkreisel (Lindenberg), der Turm in Elisenau, wieder sieben Windkreisel und ganz rechts der Kirchturm Blumberg. Der Wind kommt jetzt von Süd-West und ich sehe vor mir die Straße Ahrensfelde-Eiche auf der die Autos sicher in Richtung „Kaufland“ fahren. Dahinter die Chaussee Ahrensfelde-Mehrow und quer übers Feld der Trampelpfad nach Ahrensfelde.

Die Chaussierung erfolgte relativ spät, obwohl eine Kabinettsordnung dies schon 1791 festgelegt hatte. Infolgedessen erhielten „wir“ die Verbindung von Ahrensfelde nach Blumberg. Auf ihr ist schon der Pfarrer Wilcke am 19. September 1785 zu seinem Amtsbruder und dem Landrat unterwegs gewesen. (An der heutigen B 158 steht auch ein Meilenstein). Nach Eiche wurde ab 1886 gepflastert/chaussiert und mit „Maut“ ging es nach Mehrow letztendlich erst 1901 per Chaussee. („1900 Die Dorfstraße in Eiche am Ausgang nach Marzahn ist wegen Umpflasterung für einige Zeit für den Wagenverkehr gesperrt“ [Quelle: Ortschronik Ahrensfelde]).

Noch einmal ein Blick rüber nach Ahrensfelde: Jetzt erkennt man die Schornsteine des Gasturbinenkraftwerkes, in der Mitte den Funkmast Richtung Lindenberg sehr gut! Ebenso als Kontrastprogramm: Der Birken-Baumstumpf ist übersät von frischen Pilzen!

„Nach Ahrensfelde 1 km“ kündet das Ortsausgangsschild, aber ich nehme den Trampelpfad zur Helgolandstraße. Hier wohnt das alte Ehepaar B. Jahrzehnte lebten sie in Mehrow, ER hatte als Mühlenschlosser dort gearbeitet und mit seinen goldenen Händen jahrzehntelang die dortige Dorfkirche instand gehalten. Heute lese ich mit Erstaunen, dass im Garten immer noch „Buchsbäume aus 10-jähriger gärtnerischer Pflege“ heranwachsen; ja, das war auch damals in Mehrow der „Vorzeigegarten“ schlechthin. Hier links, nach Ahrensfelde rüber in dem überwuchernden Feuchtgebiet standen früher Fasane … die Birkenfahnen wehen im Wind (… ach ja die Birken mit ihren leichten Ästchen und den vielen Blättern …), Hunde­gebell dringt herüber und weit hinten sieht man die B 158, da wo die Tankstelle ist und das rote Haus (ehemals Familie Otto Knispel aus Konin und Mehrow), weiter rechts immer noch die Blumberger Kirche und der Windpark…

Die Felder sind schon kräftig grün, es war ja auch im Dezember viel zu warm, bis plus 13 Grad C gab es Tage lang. Ab der Saarstraße wirken die hinter mir liegenden Hochhäuser von Marzahn immer kleiner und die Landschaft wird sich öffnen. Hier kreuzt die Mehrower Chaussee und gefühlt „wie immer“ kommen zwei Radfahrer des Wegs. Auch hier ist es „bis Ahrensfelde 1 km“, für mich geht es „An der Wiese“ weiter und fast gibt es hier nur noch Felder – so nahe an unserem Wohnort! Die hier noch befindliche stählerne Autorampe hat die Zeiten überdauert. Zu Zeiten ihrer Nutzung standen dort sicher Autos drauf, die man noch reparieren konnte: Trabi's, Wartburg's, Skoda's und andere – heute kann man nichts mehr wirklich selber machen, dafür darf man satte Preise schon alleine für einen Lampenwechsel zahlen oder: „Versuche mal heute eine Zündkerze zu wechseln!“

Hier gibt es plötzlich Vögel, ja es gibt sie heute zum 1. Mal für mich, die Krähe dort und zwei Meisen und „An der Rehwiese“ höre ich plötzlich vielstimmiges Gezwitscher im Rosen­strauch, bald nach dem echten Tannenbaum (mit Kugeln !). Und in der dicken Tuja-Hecke sitzen bestimmt -zig Sperlinge. Am Ende des Fahrweges dann nur noch LANDSCHAFT mit Blumberg und Seefeld am Horizont.

Vor mir liegt der große Freiraum, der sich hinten in Wald und weiter vorne mit zwei großen Solitär-Birken gliedert, begleitet von dem Sölle, den Gebüsch und Schwarzerlen umrahmen. Ich muss den Feldrain herunterlaufen und sehe erfreut die Gruppe der 13 Rehe, die nach Blumberg davon ziehen. Hier in der „Senke“ sieht man fast NICHTS von unserer gewohnten Zivilisation, dafür viele Maulwurfshügel. [F] von Air Berlin.

„Wie tief ist der Graben, den ich überqueren will?“ Kann ich über ihn und über meinen Schatten springen, der hier 6 m lang ist? Sprung und: „Geht doch“. Da ich in der Senke bin, geht es aufwärts zum Schleifweg. Rechts liegt der Sölle und der Ackerboden ist aufgewühlt von den Rehen? In der Schilffläche liegt eine Plasteplane, ansonsten Ackerbau pur mit Blattpflanzen (kohlähnlich, Raps?). Natürlich gehe ich am Rande und bestaune in Sichtferne mindestens 5 Jäger-Ansitze. Jetzt wärmt mir die Sonne sogar den Rücken. Das Schilf hier ist niedergetreten, ist das der Schlafplatz für die Rehe, von denen ich weit hinten wieder weitere sieben sehe? Ich selber gehe noch lange in den Horizont hinein.

Um 11:00 Uhr erreiche ich den Schleifweg und hier den „Punkt der 4 Kirchtürme“: Ahrensfelde, Blumberg, Eiche und Mehrow. Entlang des Weges sind hier neue Bäumchen gepflanzt, das hat aber die Auto-Reifen-Entsorger nicht beeindruckt. Große Feldsteine und Beton-Brocken sehe ich auch, in der näheren Ferne jetzt den Wald „Rehhahn“. [F] Über mir der Hubschrauber, von der Autobahn kommend und vor mir noch einmal fünf Rehe, die im exakt gleichen Abstand zueinander davonziehen. Von der B 158 höre ich noch keinen Ton (Rückenwind!), obwohl man die Perlenschnur dort entlang huschen sieht.

In der Fahrspur sind Fußspuren, also war unlängst auch jemand vor mir da und entlang der nun beginnenden Baumzeile gehe ich in Richtung der Straße am Walde. Rechts die „Wiese“ ist durchwühlt, als wären Wildschweine (?) hier gewesen. Der Jäger-Ansitz, eben noch frisch errichtet (man sieht es an den neuen Latten) ist vom Winde verweht und umgestürzt. Da sind die entsorgten Betonblöcke, das Autorad und der Findling schon stabiler, auf dem Stein sind deutliche Kratzspuren, als wäre ein Pflug drüber geschrapelt. Hier liegt in der Reihe der Eichen der zweite Betonblock, der Erdwall zieht sich jetzt bis zur B 158 – rechts in der Senke der Wald. Zwischen den Bäumen ein „geodätischer Festpunkt“ mit 1 m hohem Marker und blauer Markierung. Tja, was werden „die Archäologen“ wohl grübeln, die „uns“ nach 500 Jahren hier mal ausgraben?

Soeben habe ich in einer Autolücke die Straßenseite gewechselt und habe rechterhand die Druckerei und links das durchaus grüne Feld, wo das Korn schon dicht und über 10 cm hoch emporwächst. Die Straße am Walde bekam unlängst bis zum letzten Haus (von der Bahnlinie aus) eine neue Schwarzdecke, Gehweg und neue Grassaat an den Rändern. „Im Gemeindegebiet Anleinpflicht für Hunde“, ja das Schild überzeugt immer noch, aber wie man dem nächsten Schild „Privatparkplatz“ über die neue Rigole folgen kann, bleibt offen. Die Flagge, die ich suche, hat sich in einen Weihnachtsmann verändert und weit hinten in der Straßenachse sehe ich schon der Bahnübergang. Von dort kommt auch der Nordic-Walker und der Warn-Ton des Triebwagens, von Blumberg kommend (11:40). Entlang der Frieden­straße stehen die blauen Tonnen wie überall und gerade eben kommt der Entsorgungs-LKW. Jetzt habe ich die Bahnstraße vor mir – wenn auch die Gemarkung Ahrensfeldes sich drüben im Wald weiter ausdehnt (rechts, die Bundespolizei gehört schon zu Blumberg!).

Ach ja, der Wald, das Wort „Dornröschenschlaf“ passt hier nicht, denn er ist eher verwahr­lost und wenig romantisch. Gleichwohl haben in diesem Jahr einige Ahrensfelder dort die Wuhlequelle gesucht und festgestellt, dass es eher ein Quellgebiet sein muss. Aber an einer markanten Stelle könnte man ja einen Findling niederlegen, sodass der Wanderer einen Anhaltspunkt für die Gegend hat. Irgendwo darinnen liegt auch die geheimnisvolle Brunnenruine , „Nonnenbad“ genannt (gehörte früher in das Friedhofsgelände) und ebenso die steinerne Treppe in die Tiefe des Grabens hinein … Das alles werden wir noch etwas näher erforschen, um 2017 anlässlich der IGA, die einen Teil des Ostkirchhofes einbezieht, schöne Geschichten zu haben.

Die Bahnstraße hier am Bahnhof Nord wird rechts von ebenso geheimnisvollen, wild aussehenden Bäumen gesäumt. Da kommt mir eine Dame entgegen, spielt mit dem Kind und fällt dabei hin – der Ball springt davon und meine paar guten Worte helfen hoffentlich auf und weiter. Die Feuerwehr, die ich von Ferne höre, muss jedenfalls hier nicht helfen. 11:51 ist es jetzt laut der Digitaluhr am Bahnhof und ich bin schon auf der Höhe der Clara-Zetkin-Straße, dort wo auf der Siedlungsseite die Lauben stehen. Nun höre ich auch die Kirchenglocken, die jetzt „himmlisch“ funk-gesteuert immer um 12:00 läuten. Nach der Wilhelm-Külz-Straße – ich bin immer noch auf der Bahnstraße – lese ich einen freundlichen Hinweis auf der digitalen Geschwindigkeitsanzeige : „Sie fahren 10“ km/h, ich schaue mich um, kein „Fahr“zeug weit und breit, das muss ich selber sein mit erheblichem Messfehler!

An der Kirschenallee gibt es immer noch den Recycling-Punkt und ich beschließe nun doch, wenigstens ein paar Schritte über die Bahn in Richtung Block A und B / Ulmenallee zu wechseln. Die Gaststätte hat heute zu, erst am 1.1.16 , 11:30 – 16:00 Uhr geht es wieder los, aber das stimmt nun doch nicht so: „Lindenhof seit 1988“, haben wir da nicht schon früher gefeiert? Da hatten wir doch unsere Siedler-Treffen und manche Familienfeier, da traf sich doch die damals noch „illegale“ Gruppe, aus der später die „Freie Wählergemeinschaft Ahrensfelde“ wurde …

Rechterhand liegt das Gelände der alten Gärtnerei immer noch im Schlaf seit 1990. Und auch die verschiedenen Weckrufe aus Ahrensfelde halfen nicht so recht. Der letzte erging an den Eigentümer jetzt ungefähr vor einem Jahr, man möge doch dort „Sozial Wohnen“ ermöglichen, mit Einlaufkurve der Erbbaupächte je nach Einkommen, mit massiven „unkaputtbaren“ Häusern zunächst für Flüchtlinge aber auch für Singels und Mütter mit Kindern – bunt durchmischt und zur Eigeninitiative geeignet. Sicher, wenn Einwohner mehr Geld hätten auch schick usw. , also „entwickelbar“ bis hin zum Wusch unserer Kommune nach einem Schulstandort und nach einer 2. Kita. Dann wäre doch Aufräumen angesagt und moderate Verwertung gesichert – alle hätten etwas davon, aber die Mühlen der Eigentümer mahlen in anderem Tempo seit 25 Jahren …

Meine Gedanken richten sich also nach innen in unseren Ortsteil und so erinnere ich mich gerne der vielen Begegnungen mit Menschen. Natürlich geschieht dies auf ganz verschiedenen Ebenen, aber alle tragen den Glanz des Wohlwollens, ja sogar der Liebe in sich. So hier in dem Siedlergarten: Ich kam gerade vorbei, als der Eigentümer eine romantische italienische „Ruine“ mit antiken Backsteinen und Kalkmörtel errichtete. „Ja, er sei Maurer und er baut dieses Monument aus Liebe zu seiner Frau, die habe sich das schon immer gewünscht, die Abrisssteine geordert und nun sei er dran …“

Worte der Versöhnung und des Wohlwollens erreichten sicher auch die Herzen der beiden jungen russischen Diplomaten, als wir am 8. Mai des 70. Jahrestages der Befreiung am sowjetischen Ehrenmahl gedachten. Da trafen sich Menschen verschiedensten Herkommens und verschiedenster Überzeugungen und alle waren sich einig: Nie wieder Krieg! Daran wird man mehr als arbeiten müssen, wie wir per 31.12.2015 beginnen zu verstehen. Und die „Arbeit“ hatte uns ja längst eingeholt, denn die auch bei uns ankommenden Flüchtlinge brauchten Hilfe. So hatte sich die Willkommensgruppe spontan aus Mitbürgern aller Ortsteile zusammen gefunden und jeder hat nach seinen Möglichkeiten und Begabungen begonnen zu helfen. Auf diese Weise lernt man völlig neu Menschen kennen, die sich in das „Wagnis der Liebe“ hinein begeben und bei aller Problematik der Sachverhalte treu und tapfer weitermachen. Der Impuls der Nachbarschafts-Hilfe verbindet nun die Menschen aus den Ortteilen in neuen Aufgaben: Die Ärztin und den Ingenieur, den Handwerker und den Händler, die Lehrerin und den Rentner, den Chronisten und den Informatiker, die Zahnärztin und die Physiotherapeutin, die Angestellten beim Kreistag und die Politikerin, den Bürgermeister und die Mitarbeiter der Verwaltung, den Bodenständigen und die Weitgereiste, den Unternehmer und den Helfer mit dem KFZ-Hänger, die Frau von nebenan und die Nachbarin vom entfernten Ortsteil … Die Flüchtlingskinder und die Rentner und viele andere liebenswerte Mitmenschen, die sich gegenseitig neu entdecken.

Mit welchen Erinnerungen an 2015 und mit welchen Symbolen gehen wir über die Jahresschwelle? Das war doch schön, als wir im Mai das Pfingstfeuer hatten, das Dorffest auf dem Sportplatz, als bei dem ehemaligen Hof von Erna Briesemeister (Dorfstraße) sich neue Mitbürger ansiedelten mit vollkommen neuen Ideen, als Ahrensfelde Sport trieb und die Vereine sich trafen, als Vernissagen und Kunst im Rathaus uns erfreute, als die Kirchenkonzerte stattfanden und das Eisenbahnfest, als Fußballtore geschossen wurden und Kaffee getrunken wurde und Vieles andere mehr – wie reich sind wir! Dann noch der Adventsmarkt mit dem Flüchtlingstreff im Seniorenbereich, der Danke-Abend für die Ehrenamtlichen in der Feuerwehr und über allem der neue Adventsstern am Turm der Dorfkirche, der allen Stürmen trotzte.

Für 2016 wünscht der Chronist „Alles Gute“ liebe Nachbarn!


Der Beitrag wurde uns freundlicherweise von Paul Plume, Ortschronist in Ahrensfelde, zur Verfügung gestellt.
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