Der 31.12.2006 - Silvester -
von Paul Plume, Ortschronist in Ahrensfelde

Um 9:00 Uhr beginne ich meinen Rundgang durch den Ortsteil Ahrensfelde. Wir haben eine Außentemperatur von +8 Grad Celsius und das nun schon seit Tagen, eigentlich hat es noch gar keine winterlichen Temperaturen in dieser zweiten Jahreshälfte gegeben – im Gegenteil, auch die Fernseh-Wetter-Nachrichten (und natürlich alle Nachbarn und Freunde) reden von dem viel zu warmen Herbst und Winteranfang. So warm konnte ja auch die Hoffnung auf weiße Weihnachten gar nicht dahin schmelzen, denn bis heute stehen die orangefarbenen Kalendula-Blüten im Vorgarten im vollen Flor, die Rosen treiben und andere Frühlingsblüher sind schon wieder da, eigentlich waren sie gar nicht weg!

Von Westen bläst heute ein starker Wind, auch hier sagten die TV-Leute: „Fast Sturmstärke“. Ich sehe das am dramatischen Himmel: Die dicken grauen Wolkenpakete ziehen schnell, vereinzelt fallen ein paar Regentropfen und hier und da ein blaues Himmelsfenster. In der Luft ist ein Rauschen vom Wind in den Baumwipfeln, manchmal anschwellend und irgendwelche Gegenstände auf den Grundstücken klappern vom Wind bewegt.

Von der Straße „Am Ährenfeld“ aus überquere ich die Lindenberger und gehe den „Sonnenwinkel“ entlang, erinnernd, dass wir diese Straßennamen seinerzeit selbst vorschlagen durften. Ein kleiner Vogel auf dem Weißdornbaum pfeift vor sich hin, eine Frau mit Hund, ein Nachbar mit Hund und zwei Jogger sind schon auf den Beinen. Der Wind hat weggeworfene Papierreste in die Straßenhecken geweht und ich bedaure einen Moment diesen unappetitlichen Anblick: „Mensch, Wegwerfer – muss denn das sein? und Mensch – Nachbar: Ist es Dir denn so egal, wie es vor Deiner Türe aussieht?“ (die Grundstücke innen sind doch pico-bello!).

Die Himmelslöcher sind jetzt so türkis, wie es nur in der Winterzeit sein kann und hier erklimmt noch ein hängen gebliebener Luftikus von Weihnachtsmann die Fassade: Hey Alter, die Bescherung ist schon vorbei, alle Werbeblättchen haben schon am 1. Weihnachtstag vergessen, dass die Weihnachtszeit am 6. Januar zu Ende ist, alles geht auf Neujahr zu!!

Vom Sonnenwinkel aus erreicht man mehrfach die Wuhle, gesäumt von dem schönen 40 m breiten Streifen, der einen kleinen Park bildet. Danke, liebe Vorschrift, dass niemand bis an die Wuhle heranbauen durfte! Die Wuhle hat nur noch stellenweise Wasser, das alte Schilf liegt flach und so kann ich mich hinüber begeben und durch die eng stehenden Bäume hindurchzwängen. Einige Meisen schwirren umher und ein Flugzeug brummt am Himmel – das kennen wir schon. Und wenn man das Glück hat, einmal „Oben“ einzufliegen, kann man ja auch sein Häuschen am Boden suchen, ehe man in Tegel wieder da ist.

Jetzt bin ich auf dem Hunde-Weg und gehe in Richtung Bahnstraße. Hier steht auch Wasser im Regenwasser-Rückhaltebecken. Die Container an der Bahnstraße quellen über von Papier und Flaschen – Weihnachten hat sich wieder gelohnt für den Handel, melden die Nachrichten.
Der rauschende Wind in den Wipfeln der Ulmenallee bläst diese Gedanken weg, ich freue mich dann eher des neu hergestellten Straßenbelages von der Lindenberger bis zur Berliner Stadtgrenze einschließlich Wendeschleife und des Überganges zur Parklandschaft westlich unseres Sportplatzes. Da gehe ich zwar nicht entlang, aber in den letzten Tagen war ich öfter mal dort – wieder eine Straße „geschafft“ – Gratulation !

Rückblickend hängen jetzt dicke dunkelgraue Wolkensäcke über der Dofstraße, darüber Zirrus-Wolken von Sonne durchflutet.
Vater, Mutter, Kind warten auf dem Bahnhof Friedhof, der jetzt fast 100 Jahre alt ist, ein Rollladen neben mir geht hoch und der gelbe ODEG-Zug, von Werneuchen kommend wird jetzt um 9:20 Uhr die drei da drüben nach Berlin mitnehmen. An der Barriere warte ich respektvoll auf den nahenden Triebwagen, der Führer winkt mir freundlich zurück und ich denke an Bratkartoffeln, als mir das Raps-Diesel-Abgas der Maschine in die Nase steigt.

100 und mehr kleine Pfützen im Proktorbelag der Bahnstraße hindern mich nicht, hier einzubiegen. Die Rubbelpiste wird eher die Autofahrer ärgern, aber eine Straße mit nur einseitigen Anliegern mit Bitumen-Decke zu versehen (und einseitigem Gehweg) kommt die Anlieger eben sehr teuer, Wollen und Können hängt eben viel vom Geld ab!

Jetzt scheint zum ersten Mal die Sonne und ich blicke den schlanken Mäander der Bahnstraße entlang. An der Fliederstraße scheint mir die tief stehende Sonne direkt ins Gesicht, sie wird es nicht wesentlich höher als die Baumwipfel bringen, viel mehr ist noch nicht drin bis zum Mittag, denn schließlich liegt ja die Wintersonnenwende erst wenige Tage zurück.
Das Wegezeichen weiß-gelb-weiß senkrecht gilt der Bahnstraße, vorbei an dem mit Grafitti beschmierten Garagentor also weiter. Vom Friedhof über die Schienen schackert eine Elster warnend und vorbeifliegend. Die eindrucksvolle Zaunanlage über zwei Grundstücksbreiten spricht für eigene Sicherheit, was man von dem alten Maschendrahtzaun, der die Ecke zur Kirschenallee abgrenzt, gerade nicht so sagen kann. Auch die hiesigen Container quellen über. Das sieht aber die Joggerin in Orange nicht, sie sieht wohl keinen (und Jogger pusten auch nur immer vollkommen mit sich selbst beschäftigt so vor sich hin) ! Dafür grüßen die beiden Damen freundlich, die heruntergefallene Äste zur Seite räumen: „Guten Morgen und nachher: Gutes Neues Jahr.“

Das Schild „Das Abkippen von Müll, Baumverschnitt und Gartenabfall ist verboten“ am illegalen Bahnschienenübertritt zum Friedhof an der Wilhelm-Külz-Straße erinnert, dass noch nicht alle Mitmenschen die öffentliche Ordnung verinnerlicht haben. Und dort, wo keiner hinguckt, liegt eben auch immer etwas.
Selbst hier höre ich (bei Westwind) die Warnanlage der Bahnschranken Lindenberger Straße, gleich wird wohl der „ODEG“ kommen. Und wieder einmal fallen kleine Regentröpfchen, ein Schwarm kleiner Vögel huscht in der Krone des Straßenbaumes hin und her. Ich sehe auch Windbruch in den Baumkronen und denke an die PKW-s , die hier seit Jahren und auch heute korrekt angeordnet auf der Schieneseite der Bahnstraße zu ihrer Achse senkrecht parken.
Eine ganze Reihe neuer Häuser ist hier entstanden, auch in der zweiten Reihe. Und das sieht doch interessant aus, wenn man seine Fassade vom Erdgeschoss beginnend in kräftigem Rot, folgend hellerem Rot und oben Orange gestaltet. Erst jetzt rollt der ODEG in Richtung Werneuchen an mir vorbei, kaum einen Brummton hinterlassend – damit kann man leben !

Die Asternstraße hat auf ihrer Ostseite eine tiefe Regenwasser-Rinne, so wie wir das bis zur Wende von allen Straßen kannten, auch Möbelreste im Buschwerk sind mir unangenehm vertraut. Nur eben die vom Sturm herunter gebrochenen Äste sind „neu“ – ich räume sie weg, macht ja keine Arbeit, und es gibt eventuell einen Unfall weniger!?

Hier, wo Nachbars Fleiß einige Gehweg-Meter angelegt hat, erinnere ich mich gerne auch der schönen Garten-Feiern bei Nachbars im Rahmen unseres Siedler-Vereins: „War immer sehr nett bei Euch…“

Die Clara-Zetkin-Straße ist schon fertig. Das Regenwasser läuft in die Rigolen ab, das ist eine Variante, die teure RW-Abflussrohre und RW-Rückhaltungen spart.

Ich biege links in den Wald ab in die verlängerte Friedenstraße. Wieder scheint die Sonne. Der Schaukasten der Gemeinde OT Ahrensfelde enthält die Mitteilung und „Einladung zum Weihnachtsbaum-Verbrennen in der Ulmenallee am 13. Januar 07 um 18:00 Uhr – für Speis und Trank ist gesorgt“. Da werden sie wieder alle mit ihrem nun verschlissenen Weihnachts-baum auf dem Autodach oder einfach am Fuße hinter sich hergezogen dorthin pilgern und sich auf das Feuer freuen. Einige Hundert Menschen stehen dann im Kreis um das Feuer mit Kindern und Nachbarn, hinter „Speis“ könnte sich eine Erbsensuppe, natürlich Bockwürste und eventuell Gegrilltes und hinter „Trank“ vor allem Bier und Glühwein, für die Kinder und Abstinenzler(innen) Cola und Brause verstecken. Jedenfalls ist es immer nett, ein paar Viertel Stunden zusammen zu stehen, ein paar freundliche Worte zu tauschen und dann im Dunkeln wieder ins Haus zurückzukehren.
Der Abschnitt Friedenstraße im Wald blieb unbefestigt, nur Proktor bildet die Fahrbahn. Und im Wald liegt viel Moderholz. Hier auch eine der letzten Ahrensfelder Einzel-Baustellen in der Ginsterstraße – sind wir (fast) „fertig“ mit Bauen? und was kommt dann?
In der Straße am Walde sehe ich in Richtung B158 das Sackgassenschild und die geschlossene Schranke, die nur noch die Notdienste öffnen können. Ein Flugzeug Airbus mit der typischen Heckspitze (die mein Freund konstruiert hat), zieht hoch oben nach Tegel. Eindrucksvolle Bäume rechts und links, davon einige Eichen, deren braun-trockenes Laub noch nicht abgefallen ist. Der aufgeblasene Weihnachtsmann im Baum, ist er vergessen? Gehört er doch schon wieder für 11 Monate zu unseren Erinnerungen wie auch hier die Flagge des US-Bundesstaates Iowa die Eigentümer an Urlaub oder liebe Menschen erinnert?

Wenn man einen langen Hals macht, bemerkt man, dass die Hallen von Schwörer-Haus hinter der Mauer immer noch einen guten Eindruck machen – wünschen wir es der Firma, dass es voran geht im Jahr 2007.

Wenn jetzt einmal nicht der Wind rauscht, so ist es ganz still! Nachdenklichkeit stellt sich angesichts der vielen neuen Einfamilienhäuser ein: Wie viel Hoffnungen haben die Familien in ihr neues Heim gesetzt, wie viel tatkräftiger Neubeginn am Standort Ahrensfelde, wie viel neue interessante Menschen sind zu uns gezogen, „was kommt dann?“: Doch sicher ein neues Zusammenwachsen der Bewohner, eine beginnende Identifikation bis hin zur Übernahme von Verantwortung für den Ort und die Nachbarn. Wer jetzt noch „nachkommt“, etwa in der Schwörer-Haus-Siedlung an der Veilchenstraße oder eine der letzten vier Parzellen im „Kleinen Ahrensfelder Dreieck“ übernimmt, findet ja schon jede Menge Struktur und Üblichkeit vor, die ihm dann mit der Begrüßungsmappe des Bürgermeisters freundlich erklärt wird. Aber Abschiede gibt es auch: Ganz langsam verschwinden die typischen Siedlergärten. Nur noch wenige, meistens ältere Mitbürger, pflegen die alte Gartenkultur mit Radieschen, Kohl und Erdbeeren, Baum-Obst und Beeren. Von Kartoffeln kaum noch zu reden! Vielleicht noch das wieder entdeckte Topinambur, welches die Pferde und Kaninchen lieben und der Mensch nach einiger Bearbeitungs-Mühe auch verzehren kann. Immerhin begleitet es ja den Sommer mit wunderschönen kleinen Sonnenblumen auf den über zwei Meter hohen Stengeln. So tauschen wir zweimal im Frühjahr noch Stauden vom Siedlerverein aus – das fördert die Nachbarschaft, wenn man sagen kann: Das habe ich von … geschenkt bekommen.

Dass man sich im Übrigen von der großen Landwirtschaft abgrenzt und damit Ahrensfelde sich vom Status des Dorfes zur Vorstadt-Siedlung entwickelt, wird an dem strikten Verhau am Süd-Ende der Clara-Zetkin-Straße klar: Trennung von Siedlung und grünem weitem Feld. Nur der jetzt dramatische Himmel über Mehrow und der freie Wind verbinden beides. Dort drüben schnurren leise die Autos, die Sonne scheint waagerecht ins Auge, ein wenig schon Wärme spendend und die Häuser von Marzahn nach rechts rüber bilden den Rahmen.
Der Puhl scheint trocken zu sein, die Joggerin mit den langen schwarzen Haaren, die rhythmisch im Laufschritt wippen, wird es nicht einmal bemerkt haben. Aus der Ferne jetzt ein Feuerwehr-Ton und im Vorbeischreiten ein zögernder Gruß – verlieren wir einander ? Das Feld liegt im Gegenlicht sattgrün.
Also, hier ist doch noch ein Gärtner: Im Glashaus steht Salat zur frischen Ernte, im Beet desgleichen, Bambus-Sympole und zwei Aufstecker lugen über den Zaun. Jetzt, um 10:20 ist wieder der Signalton des ODEG-Zuges zu hören. Ich bewundere noch die eindrucksvolle Tiefgarage und biege nach Westen in die Schwörer-Haus-Siedlung ein. Hier geht es nur langsam weiter. Der Wind entfaltet sich auf der Höhe ganz ordentlich. Wieder ein Jogger, wieder eine Frau mit ihrem Hund und: Ein Ehepaar mit Kinderwagen, Hurra ! Nicht dass man etwas gegen Jogger oder Leute mit Hunden sagen sollte, aber Familien mit Kindern, das bereitet doch allemal noch mehr Freude !
Na ja, an der Ecke Rudolf-Breitscheid-Straße / Ecke Wilhelm-Külz-Straße ist es dann wieder (nur) eine Frau mit Hund und ein Jogger! Und hier steht noch und wieder das Boot im Garten, was ich schon am Silvester 2005 bestaunte, die blaue Laube ist wohl auch ein Exot geworden, der überquellende Briefkasten lässt Winterruhe vermuten.

Sylke und Peter grüßen mich lachend aus ihrem warmen Zimmer und Sylke kommt sogar schnell auf die Straße gesprungen, mich als Mutter zweier Kinder tröstend: Ja, es gibt noch Kinder, „…das müssen Sie mal an Schultagen frühmorgens sehen, wenn die alle hier entlang laufen…“ Das stimmt eigentlich, mindestens kann man ihre Hinterlassenschaften in Form von Bonbon-Papier und allerlei anderen weggeworfenen Resten an ihrer „Trasse“ sehen. Oder sind es gar nicht „die Kinder“, sondern eben alle anderen Schlumpelchen auch?
Wünschen wir uns voneinander guten Bürgersinn, der verhindert, dass alles zugemüllt wird!
Und die in dieser Ecke aufgezogene deutsche Flagge kann ja nichts anderes signalisieren: Ein Land guter Ordnung und Lebensart bei aller gebotenen Toleranz!

Toleranz gegen Auto-Raser? Doch gar nicht in unseren Siedlungsstraßen! So erinnern wir die Schnellfahrer gerne an ihre eigene Sicherheit mit Aufpflasterungen und verkehrsberuhigenden Maßnahmen, sozusagen gleich eingebaut in die neuen Straßen. Und was muss denn noch gemacht werden, wenn schon fast alle Häuschen gebaut sind? Doch noch die Nebenstraßen, noch die Bahnstraße und Block D.

Eine Rakete steigt in den hellblauen Winterhimmel auf und verglitzert…

Nun gehe ich entlang der Kirschenallee direkt auf die Sonne zu in Richtung der Kreuzung Mehrower Straße. Links, also östlich das Feld ist immer noch nicht bebaut, der „B-Plan Nr. 1“ ist noch nicht umgesetzt. Und wieder die Frage: Was kommt dann danach?
Dass es eigentlich nie „Ruhe“ geben wird, zeigen ja die immer noch offenen Probleme der Ortsumfahrung nach der Ahrensfelder Vorzugs-Variante 1, die es so schwer ist durchzusetzen. Das zeigt aber auch das große neue Problem: Wo können unsere Kinder zur Schule gehen und mit vertretbarem Aufwand den Weg dorthin nehmen? Dass die so fusionsbegeisterten Berliner Politiker uns hier gar nicht entgegen kommen, dass der Landkreis uns offensichtlich „vergessen“ hat ja, dass der Minister sich den Vorschlag, ein Modellprojekt länderübergreifend aufzubauen, gar nicht zu eigen macht (vielleicht, weil es nicht seine Idee war), das versteht keiner hier. Ertragen müssen es die Kinder und die jungen Familien.

Von diesen Gedanken lenkt mich auch nicht der längere Plausch mit einem ehemaligen Kollegen von der ELPRO ab, eben was man so im reifen Alter zu berichten weiß…

Das letzte Stück der Kirschenallee, also die Sackgasse, ist noch kleinteilig gepflastert. Nur wenige Autos fahren heute hier. So kann ich an der Ecke Mehrower in Ruhe die alte Inschrift studieren: Drei Hufeisen zeigen den „Wagen-Bau und Hufbeschlag von Karl Schmöcker, Schmiedemeister“ an. Stimmt, hier habe ich auch zu DDR-Zeiten mal etwas vom Schmiedemeister Frädrich arbeiten lassen. Amboß und Feuer, die mir aus meiner Lehrzeit wohl bekannt waren bewundernd.

Die KfZ-Werkstatt Hackbarth gibt es noch und so manches Mal wurde hier den Trabis und Wartburgs der Familie und anderer Nachbarn weiter geholfen.

Dass hier noch Kaninchen gehalten werden, wusste ich gar nicht: In 12 Boxen mümmeln sie vor sich hin. Gegenüber stehen die großen LKW`s der Fäkalien-Abfuhr fast in der zweiten Reihe, denn viele Haushalte sind ja schon an das Entsorgungsnetz angeschlossen und eben hat der Abwasser-Zweckverband eine deutliche Erhöhung der Abfuhrkosten bekannt gegeben.

Die Zeit geht auch über das alte Haus Nummer 9 hinweg, das ist wohl nicht mehr zu retten. Hier hatte doch der selbst genannte Kunstmaler gelebt und sich noch um die alte Frau gekümmert, besser wurde dadurch nichts. Vor einiger Zeit ist er irgendwohin gezogen und sorgt wohl mit seinen Petitionen weiter für Unruhe in den Büros ….

Der Bus kommt gerade aus Mehrow und von dieser Ecke nach Eiche hin kann man die Blumberger und Eicher Kirche sehen, Ahrensfelde im Rücken. Einige Schritte hoch ist der Wiesenweg hinüber zur Jauert`schen Siedlung (Block D) verbarrikadiert. Erster Schutt sammelt sich an. Ich gehe bedächtig auf die Hochhäuser zu, die Sonne steht jetzt links. Der starke Wind trägt mir die Böller und Geräusche von Autos zu, ich stemme mich ihm entgegen. Vermessungspflöcke in der Wiese deuten auf die Sturheit der Behörden hin: Hier soll also die Variante 2 der Ortsumfahrung, die ja dann eine zweite –Durchfahrung ist, gebaut werden. Noch werfen die Maulwürfe hier wunderbare Blumenerde auf, noch sieht von hier unser Ahrensfelde „wie ein Dorf“ aus, schon beginnen wir „letzte Fotos“ von diesem Zustand zu machen, wie ja auch alle Häuser der Dorfstraße jetzt mindestens von mir fotografiert worden sind. Heute ist Sonntag, aber die Ahrensfelder Glocken werden erst zu 18:00 Uhr und zur Mitternacht läuten – das sollte uns bleiben: Kirche als Dorfmitte, für manchen auch wieder: Denkmitte ?

„An der Wuhle“ steht Wasser in der Wuhle. Es fließt wohl vom Seitengraben aus dem „Busch“ zu. Die Siedlung schützt mich vor dem Wind und ich wende mich der Bergstraße zu.
Und wieder „Frau mit Hund“ – das ist heute so typisch!!

Einige Meter „gehe ich fremd“ in die Plattensiedlung hinein. Und eigentlich doch nicht, denn das war ja hier Ahrensfelder Gemarkung, hier hatten wir ja Felder und haben zu DDR-Zeiten Mohrrüben für die Kinder gestoppelt. Damals sind ja die Leute auch nur unter der Zusage hergezogen, dass sie „Berliner Ausweise“ mit den damit verbundenen Privilegien bekämen, was dann wieder Ärger mit dem 4-Mächte-Status gegeben haben soll. Wir verlegten dann unsere Schule in dieses Terrain und haben dafür heute den Ärger!
In der Hohenwalder Straße hat der Rückbau erste Folgen: Kleine Gärten, fest eingezäunt stehen auf ehemaligem Bauland – die Natur kommt zurück.

Und was werden die oberschlauen Planer der Variante zwei mit der Straßenbahn machen, was mit den anliegenden neuen Einfamilien-Häusern? Heute zieht ja noch die gelbe M8 ihre ruhige End-Schleife…
Die Schule Ecke Eichhorster/Rosenbecker ist auch schon weg – keine Kinder mehr, hätten sie doch ein Test-Projekt mit uns Brandenburgern gestartet!
Jetzt aber rüber nach Ahrensfelde : Bei „NORMA“ ist der Weg, von knallrot- befruchteten Berberitzen-Sträuchern gesäumt. „Holzofenbackstube“ im mobilen Wagen – Tatütata auf der Dorfstraße, der Vietnamese sortiert seine Blumen und hat selbstverständlich offen, leicht werden sie es nicht haben, diese immer fleißigen und freundlichen Mitbürger. Nur der anonyme Zigarretten-Schwarz-Händler steht heute nicht rum.

Die PKW`s kommen heute mal flott durch die Dorfstraße, Feiertag und damit auch mal Familienausflug mit der S-Bahn nach Berlin: Die Familie mit ihren zwei wach blickenden Kindern grüßt freundlich zurück! Auf dem Parkplatz von REWE noch ein junger Mann, sicher zu seiner Freundin eilend, denn sein Rasierwasser geht ihm voraus und folgt ihm nach – mann-o-mann! Und etwas ganz anderes: Das Kirchturm-Kreuz ist deutliche schief!!

Für meinen Rundgang ein letztes Mal heute: Der ODEG nach Werneuchen surrt um 11:38 vorbei. Bloß gut, dass wir der NOVA die Fußgänger-Brücke zum „Kleinen Dreieck“ abgefordert haben, auch anderes haben sie ja nur noch widerwillig erledigt: Das Beräumen der letzten Ecke des Dreiecks in der Nähe des Erdpfuhls von Schutt. Tagelang mussten sie noch mal die abgekippten Massen klappern und haben Berge von Bauschutt abfahren müssen, nun fehlt noch die Einsaat, ehe alles verwildert und dann soll es gut sein. Die Ahrensfelder sollten auch ihren eigenen Müll aus dem Graben entfernen.

Hier begrüßt mich die Flagge mit dem Brandenburger Adler, ein Symbol für Bürgersinn? Wird es soweit reichen, dass sich die Bürger ihr „Hinterland“ zur Bahn hin selber sauber halten. Den kleinen Eichenhain beräumen und sauber halten, ja den ganzen Streifen zur Bahn nicht als Hinterhof verwildern lassen?

Über den Bahnkörper hinweg sieht man ein neues Haus, Rohbau noch, ganz dicht an den Schienen. Ein extrem tiefer Kanal zur „ersten Reihe“ in Richtung Ulmenallee zeigt die Bodenstruktur: Unter allem an dieser Stelle: Schwemmsand. Und einige Schritte weiter: Die erste Silber-Distel zwischen den neu gepflanzten Bäumchen – mal sehen, wie viele es in drei Jahren sind!!

Ein alter hölzerner Eckmast stützt sich auf seine drei Beine, letztes Relikt der bahnbegleiten-den Telegraphen-Stangen.

Drei aufgeblasene Weihnachtsmänner, drei Mal keine Zäune, drei verschiedene Grassorten, ich bin in meiner Ecke angekommen, das Auto der von fern her angereisten Gäste ist schon da – das gastfreundliche Ahrensfelde ist wohl einen Besuch wert!

Chronist Paul Plume


Der Beitrag wurde uns freundlicherweise von Paul Plume, Ortschronist in Ahrensfelde, zur Verfügung gestellt.
Weitere Jahresrückblicke von Herrn Plume finden Sie hier:
2000 / 2001 / 2002 / 2003 / 2004 / 2005 / 2006 / 2007 / 2008 / 2009 / 2010 / 2011 / 2012