Vor zweihundert Jahren, im Frühjahr 1813 begannen die Befreiungskriege, in deren Folge Napoleons Truppen aus Deutschland und den Nachbarländern vertrieben wurden und die seit der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt (1806) währende französische Besetzung ihr Ende fand.
Der 17. März 1813 gilt als Beginn der Befreiungskriege, denn an diesem Tag wurde in einer Breslauer Zeitung der Aufruf des Königs Friedrich Wilhelm III. „An Mein Volk“ abgedruckt, in dem er zur Befreiung des Vaterlandes aufrief.
Das „Kreuzberg-Museum“ (kreuzbergmuseum.de) hatte aus diesem Anlass am 17. März 2013 zu einer Veranstaltung auf den Kreuzberg eingeladen, wo ein von Schinkel geschaffenes Nationaldenkmal an die Befreiungskriege erinnert.
Bild rechts:
Das von Karl Friedrich Schinkel entworfene und 1821 eingeweihte Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg.
Der Schauspieler Klaus Kowatsch trug dort die Proklamation „An Mein Volk.“ vor – nicht als König kostümiert, aber mit einer gewandten Rhetorik, die nur ein guter Schauspieler zu bieten hat und die vermutlich im krassen Gegensatz zu dem stand, was Friedrich Wilhelm III. von sich gegeben hätte.
Wie man den anschließenden Ausführungen des mit einem sehr profunden Wissen über die damaligen Verhältnisse und Vorgänge ausgestatteten Herrn Kowatsch entnehmen konnte, hat der als sehr zögerlich geltende und zunächst mit den Franzosen paktierende (aber vorsichtshalber im Exil sitzende) König nur unter Benutzung verstümmelter Sätze und mit sparsamer Wortwahl kommuniziert. Die Proklamation, die ein Ministerialbeamter und nicht er selbst verfasst hat, wurde seinerzeit auch nicht vom König vorgetragen, sondern nur über die Presse „An Mein Volk“ gerichtet.
Im Windschatten des Denkmals, aber immer noch bei lausiger Kälte und eisigem Wind hat Herr Kowatsch davon berichtet, wie der König von den Intellektuellen seiner Zeit gedrängt wurde, das Bündnis mit Napoleon zu kündigen und die Besatzer zu vertreiben, die trotz der vielen auf sie zurückzuführenden Fortschritte in Politik und Wirtschaft beim Volk unbeliebt und allen Nationalgesinnten im Wege waren.
Bild rechts: Auf den rückseitigen Treppen des Denkmals. Im Hintergrund die Neubauten auf dem Gelände der ehemaligen Schultheiß-Brauerei.
Auf einem anschließenden Spaziergang durch den ver­schneiten Viktoriapark wurde an den Statuen von Kleist und Uhland Halt gemacht und Herr Kowatsch gab Kostproben der Gedichte dieser und anderer national gesinnter Dichter, die das damalige Franzosenbild beleuchteten.
Da waren ziemlich herbe Ausführungen dabei, die man z. B. von Kleist, der bis heute hohes Ansehen genießt, nicht erwartet hätte.
Auch bei diesen Stopps gab es wieder viele interessante Hintergrundinformationen, durch die der Nachmittag zu einer unterhaltsamen Geschichtsstunde wurde.
Schade nur, dass es so kalt war und die gespitzten Ohren abzufrieren drohten. Solche Kälte, wie derzeit Mitte März herrscht, war nicht vorher­sehbar. Wenn jedoch die Sonne mal durch die Wolken blinzelte, war es richtig schön, hier im Park zu sein.

Nach der einstündigen Tour durch den Park bot sich die zumindest zu dieser Jahreszeit einmalige Gelegenheit, einen Blick in den Sockel des Denkmals zu werfen.
Unter den Veranstaltung-Teilnehmern war Herr Körner, der früher im Bezirksamt für Denkmale zuständig war und jetzt ehrenamtlich Führungen durch das als Magazin genutzte Sockelgeschoss anbietet – aber nur im Sommer, denn im Winter sind die Räume von Fledermäusen bevölkert, die dort ihren Winterschlaf halten.
Nun wurde mal eine Ausnahme gemacht und den noch verbliebenen Besuchern die Möglichkeit geboten, still und ohne Blitzlicht eine Runde durch das Magazin zu drehen und einen Blick auf die dort gelagerten Schätze zu werfen.
Dazu gehört das etwa 50 m lange Fries, das sich an der „Münze“ am Molkenmarkt befand, Abgüsse und Formen der (einst von Napoleon nach Paris entführten) Quadriga des Brandenburger Tores und die Gips-Originale jener Krieger, die ein paar Meter höher das Denkmal zieren.
Alles gut verwahrt und offenbar auch von den Fledermäusen gemieden, die übrigens beim Rundgang gar nicht zu sehen waren.
Die regulären Führungen, zu denen man sich beim Bezirksamt anmelden muss, dauern wohl eineinhalb Stunden und beinhalten ausführliche Erklärungen zu Allem, was in diesem Magazin gelagert wird - und da gibt es bestimmt viel zu erzählen.
Der kurze Rundgang hat schon Lust darauf gemacht.

In diesem Jahr wird es sicher noch einige Anlässe geben, sich mit der „Franzosenzeit“ zu befassen – die Daten und Orte, an denen mit Gedenkveranstaltungen zu rechnen ist, finden sich ringsum am Schinkel-Denkmal (wenn auch nicht ganz chronologisch):
Groß Beeren
den 23. August 1813
Katzbach
den 26. August 1813
Groß Goerschen
den 2. Mai 1813
Culm
den 30. August 1813
Dennewitz
den 6. September 1813
Leipzig
den 18. October 1813
Wartenburg
den 3. October 1813
La Rothiere
den 1. Februar 1814
Paris
den 30. Maerz 1814
Bar Suraube
den 27. Februar 1814
Laon
den 9. Maerz 1814
Belle Alliance
den 18. Iuni 1815

Und was hat das hier auf mehrow.de zu suchen? Abgesehen davon, dass es ein Dank des Verfassers an die Veranstalter der „Proklamation auf dem Kreuzberg“ sein soll, finden sich ja auch in der Geschichte unseres Ortes und der näheren Umgebung Hinweise auf die Zeit der Besetzung durch Napoleons Truppen und es ist längst noch nicht alles erforscht. Hiermit soll angeregt werden, sich mal mit dieser Zeit zu beschäftigen und vielleicht noch unbekannte Details zu unserer Region zu sammeln.
Ein bisschen was findet sich schon auf unserer Webseite:
Der Artikel „Der Franzosenkirchhof“ befasst sich mit dem Wäldchen zwischen Mehrow und Hönow, in dem 1806 französiche Truppen lagerten und wo einige in dieser Zeit gestorbene Soldaten beerdigt sein sollen.
Im Beitrag „Die Kosaken vor Berlin“ geht es um eine spektakuläre Attacke der 1813 bei Werneuchen lagernden Russen auf die französische Besatzung in Berlin. Darin wird auch Otto von Arnim erwähnt, der ganz in der Nähe als vermeintlich erster Deutscher im Befreiungskrieg gefallen ist und dem einhundert Jahre später im Blumberger Lenné-Park ein Denkmal gesetzt wurde. Wir haben im September/Oktober 2010 über die Renovierung und Wiedereinweihung des Arnim-Denkmals berichtet.
Über die französische Besatzung unseres Nachbarortes Hönow berichtet der frühere Lehrer und Chronist des Ortes, Oswald Meyer, in seinem Aufsatz „Hönow unter dem Eindruck der Kriegsereignisse“ und in seiner kurzgefassten Geschichte des Dorfes Hönow.
Auch in Max Rehbergs „Der Heimatkreis in vergangenen Kriegszeiten“ findet sich ein Abschnitt über die französische Besatzung in unserer Gegend.
Und einige interessante Details über die Besatzungszeit finden sich natürlich auch in alten Amtsblättern , wie z.B. in dem von uns durchgeblätterten Amtsblatt der Kurmärkischen Regierung von 1811 1812 1813 1814
(Im Amtsblatt 14/1813 ist auch die o.g. Proklamation "An Mein Volk" zu finden.)
Was uns an interessanter Literatur über die Befreiungskriege untergekommen ist, findet sich hier:
  • "Vor fünfzig Jahren" von Friedrich Adami, 1863
  • "Beiträge zur Geschichte des Jahres 1813" von Karl Ludwig von Prittwitz, 1843
  • "Geschichte der deutschen Freiheitskriege" von H. L. Beitzke, 1854
  • "Geschichte der deutschen Befreiungskriege" von Fr. Förster, 1857