Heimat und Welt 50/1938 (17.2.1938) und 1/1939 (7.1.1939) |
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O. Meyer - Erkner Das Dorf Hönow Seine kurzgefaßte Geschichte |
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An einer uralten Ausfallstraße nach dem Osten, auf dem Wege nach Strausberg, nur 20 Kilometer vom Zentrum Berlins entfernt, liegt unmittelbar an der Peripherie der Großgemeinde das alte Dorf Hönow zum Kreis Niederbarnim gehörig. Vom Bahnhof Mahlsdorf bringt uns ein einstündiger Marsch in nordöstlicher Richtung in das alte Zisterzienserdorf. In nur 30 Minuten führt uns heute die H-Linie vom Bahnhof Lichtenberg mitten in das Herz dieses so freundlich gepflegten märkischen Dörfchens, das als Barnimsches Bauerndorf bis zum Kriegsende in seltsamer Abgeschiedenheit und Unberührtheit seine Tage voll schwerer Arbeit verlebte. Trefflich hat es Hönow verstanden, bis dahin seine Eigenart zu bewahren. Eine Kette von kleinen Seen mit dem Rötsee [!] und dem Haussee, an dem das Dorf liegt, zieht sich in einer Rinne nordwärts hin und gibt dem Landschaftsbild eine belebende Note. Langhin erstreckt sich die von schattenden Linden besäumte Dorfstraße. In der Mitte des Dorfes auf dem höher gelegenen Blocksberge die granitene Wehr- und Trutzkirche mit den vermauerten Schießschartenfenstern und dem schweren massigen Turm, umgeben von einem selten schön gepflegten Friedhof, auf dem schon seit Jahrhunderten die alten Bauerngeschlechter nach getaner Arbeit die Ruhe suchen, so Geschlechter um Geschlechter, und so schon 700 Jahre lang. Das Kirchlein, ein Wehrbau, ist aus behauenen Feldsteinen errichtet und stammt aus dem 14. Jahrhundert. Der Turm, nach märkischer Bauweise von gleicher Breite wie das Langschiff, ist mit letzterem durch einen großen gotischen Bogen verbunden. Der viereckige Chor läuft in eine halbrunde Apsis aus und ist mit achtteiligen Kreuzbögen überwölbt, während das Langhaus mit zwei Kreuzgewölben überdeckt ist. Die ehemals schmalen gotischen Fenster sind vergrößert und mit Klinkern eingefaßt. An der Südseite fällt ein rundbogiges Portal aus Feldsteinquadern auf. An Altertümern birgt die Kirche zwei messingne Altarleuchter und eine Turmglocke von 1473. Eine früher in der Nähe der Kirche befindliche Anhöhe, der Blocksberg, ist nicht mehr vorhanden. Wir haben es hier vielleicht mit einer alten Götzendienststelle aus alter Zeit zu tun, die Wall und Graben und eine kugelige Erhöhung in der Mitte aufwies. Der Blocksberg wurde 1862 abgetragen, und zwar so tief, daß der Haussee die alte Liegestelle überflutet. Der Name des Dorfes, von den Eingeborenen Höne ausgesprochen, gestattet vielseitige Deutungen. Früher in alten Dokumenten auch Honow, Heinow, Hünow geschrieben, ist er in Zusammenhang mit Hagenow gebracht worden und es ist nicht mit Sicherheit festzustellen, ob er mit Hanehof (Hagenhof) zusammenhängt oder von Hönungen, Heinungen (Grenzfurchen) abzuleiten oder auf einen slawischen Personennamen Hon oder deutschen nicht gedeuteten Personennamen Honi zurückzuführen ist. Das Dorf Hönow ist wahrscheinlich eine alte Siedlung, die in der Zeit der Kolonisation um das Jahr 1225 von deutschen Bauern zu einem deutschen Bauerndorf umgewandelt wurde. Alle Versuche der Namensdeutung sind bisher mißlungen. Wahrscheinlich zwischen 1267 und 1279 schenken die Markgrafen Otto der Lange und Otto II. Gefälle in Hönow dem Kloster zu Zinna, deren Mönche wahrscheinlich auch die gutsherrlichen Rechte, Gericht und Kirchenpatronat ausgeübt haben. Ueber die wechselvolle Geschichte des Ortes gibt dann das Landbuch (1375) weitere Auskunft. Danach hatte Hönow die beträchtliche Anzahl von 118 Hufen, von denen der Pfarrer sechs und die Kirche eine nutzt. Am Orte waren zwei Krüger. Pacht und Zins hatten die Mönche vom Kloster Zinna zu gleichen Teilen mit einem Berliner Bürger. Den Bedeertrag genossen der Probst von dem Berlin und Hinrich aus Buden mitsamt dem (Einkommen aus dem) Wagendienst, was sie (beide) von denen v. Grillenbergh erstanden, die ihrerseits Bede und Wagendienst vom Ritter Hermann v. Kieptzig erkauften, dessen Vater Albert (beides schon) vor den Zeiten des (falschen) Waldemar (vor 1348) vom Herrn Markgrafen als Lehen innehatte. Und Jordan von Nyersdorp ist damit (bereits) vom Kaiser (Ludwig dem Bayer) belehnt. Nach ihrer Niederlage von Bernau am 24. April 1432 zogen die Hussiten, noch etwa 8000 Köpfe stark, nach Fürstenwalde ab und verwüsteten alle Ortschaften auf ihrem Wege, darunter auch Hönow. Das wehrlose Dorf ging in Flammen auf und war allen Greueln eines wilden Feindes ausgesetzt. Im Jahre 1456 sehen wir die Mönche von Zinna in Alleinbesitz des Dorfes. Zu den Lasten der Bewohner gehörte der Burgdienst (Bau- und Burgfuhren), den Hönow von alters her zur alten Burg Alt-Landsberg zu leisten hatte und erst 1824 ablösen konnte. Mit dem Jahre 1540 ging durch die Kirchenreformation wieder eine Veränderung im Besitzstande vor. Bei der hierbei erfolgten Auflösung der Klöster fiel auch unser Dorf an den Kurfürsten von Brandenburg als Obereigentümer zurück, der es dem kurfürstlichen Amte Rüdersdorf unterstellte. Von dieser Zeit an wird es von hier verwaltet. Der 30jährige Krieg (1618-1648) machte das Dorf wüst und öde. Die Felder sind mit wildem Holz bewachsen. Die Bewohner sind entflohen. Der damalige Pfarrer hielt sich im benachbarten Ahrensfelde auf. Von den damaligen Familien kehren nur 3 in die Heimat zurück, Döberitz, Hörnicke, Bugge. Als die Kaiserlichen 1633 Berlin zu brandschatzen suchten, verhandelten im Dorfe Berliner Magistratsmitglieder mit dem Feinde und bemühten sich, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Und ihr Gebet ward erhört, indem der Feind sich mit großer Flucht davongemacht und Gott sie dergestalt mit Blindheit geschlagen, daß sie die Bäume für eine Menge schwedischer Reiter angesehen .. Das Schwerinsche Hausbuch berichtet nun, wie 1640 der Kurfürst Wilhelm nach Absterben des Lehnschulzen Urban Möller das Lehngericht dem Kammergerichtsrat Andreas Wernicke übertrug. Der neue Ortsherr bemühte sich, ein und das andere Bauerngut wieder instand zu setzen, was ihm auch gelang. Diesen hochgebrachten Teil des Dorfes überließ ihm auch der Kurfürst. Als er bald darauf starb, hat es der Große Kurfürst dem Aufseher Daniel von Knieckeforten am 18.6.1651 auf 10 Jahre verpachtet, der dann verschiedene Grundstücke erb- und eigentümlich an sich brachte. Alles nebst Inventar wurde am 23.2.1653 an Johann Friedrich v. Burgsdorf zu Müllrose für 5800 Taler verkauft. Der veräußerte es am 8.9.1655 an den Oberpräsidenten Freiherr v. Schwerin für 3768 Taler. Der Kurfürst schenkte ihm auch den Rest des Dorfes in Anerkennung der großen Verdienste, die er ihm geleistet, durch Urkunde vom 18.2.1656. Damit ist das ganze Dorf an die Herrschaft zu Altlandsberg gekommen. Schwerin starb 1679. Ihm folgte in der Herrschaft sein ältester Sohn Otto II. Nach dessen Tode am 8.5.1705 erbte die Herrschaft dessen ältester Sohn Friedrich Wilhelm. Auf ausdrückliches Verlangen des damaligen Königs Friedrich I., der für Altlandsberg als Ort seiner Kindheit und Erziehung besondere Vorliebe hegte, verkaufte der Reichsgraf dem Monarchen am 9.9.1708 die gesamte Herrschaft mit allem Zubehör und allen Dörfern, die somit preußische Domäne wurden. Seit dieser Zeit untersteht Hönow wieder der Krone und damit dem Amte Altlandsberg. In den Unglücksjahren 1806/7 fegen über unser Dorf Stürme der Not und des Elends. Ueber Hönow schwingt französische Einquartierung die Geißel. Ab 1.12.1806 waren die französischen Truppen über 4 Wochen in unserer Gegend. Die Effekten und sämmtliches Hausgeräth sind theils genommen, theils muthwillig ruiniert und zerschlagen. Diesseits Berlin bis an Hönow heran befindet sich ein Lager von 30000 französischer Infanterie, welche zum Biwakfeuer sämmtliche Zäune im Dorfe abgerissen und verbrannt haben. Die Truppen ließen nur Jammer und Elend zurück. Der größte Teil der Einwohner floh nach Altlandsberg. Und noch am 15.4.1819 bittet die Gemeinde um Stundung der Zahlung der Erbstandsgelder. Unsere Kräfte sind vom Kriege noch ganz erschöpft, die Zeit der Erholung ist noch zu kurz. Der Franzosenkirchhof, die äußerste Ecke der Herrendike, hält die Erinnerung wach an die Zeit der Franzosenbesetzung. Auf ihm sollen nach mündlicher Ueberlieferung 410 Franzosen aus den französischen Lagern beerdigt sein. Auch die Berliner Märzunruhen 1848 werfen ihre Schatten in unser ländliches Dorf. Um dem aus Berlin erwarteten Ausmarsch der Aufständler entgegenzutreten, wurde hier wie in vielen Orten der Umgegend eine Bürgerwehr gegründet, die mit Gewehren, Piken, Heugabeln und sonstigen Verteidigungsmitteln täglich übte. Für Alarmierungszwecke schenkte Graf von Arnim - Blumberg eine Alarmtrommel, deren Überreste sich auf dem Boden des alten Gemeindevorsteherhauses befinden. Im April 1876 brach im Dorfe eine Thyphusepidemie aus, bei der 11 Personen erkrankten und 5 verstarben. Die Seuche brachte eine furchtbare Aufregung in das stille Dörfchen. Das ganze Dorf wurde desinfiziert. |
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Quelle: "Heimat und Welt / Blätter zur Pflege des Heimatgedankens", Beilage zum Niederbarnimer Kreisblatt Fundort: Staatsbibliothek zu Berlin - PK, Zeitungsabteilung im Westhafenspeicher, Signatur Ztg 1262 MR |