Wenn man (z.B. vom Soldatenfriedhof in Sissonne kommend) die A26 nördlich von Reims in Richtung Paris überquert, trifft man unweigerlich an fast jeder Straßenkreuzung auf Weg weiser, die auf den „Chemin des Dames“ verweisen.
Dieser Kammweg bildete im ersten Weltkrieg über lange Zeit die Grenzlinie zwischen deutschen und alliierten Truppen und war heftig umkämpft. Zigtausende Soldaten haben hier in einem zer­mürbenden Stellungskrieg ihr Leben verloren und entsprechend groß ist die Anzahl der Kriegsgräber beidseits dieses Kammweges, auf dem die Departement-Straße D18 verläuft, die als „Chemin des Dames“ gekennzeichnet ist..
Bei der Fahrt auf dieser Straße fragt man sich, was es denn hier zu erkämpfen gab - abgesehen von der herrlichen Landschaft, die man aber auch (wie heute die Touristen) friedlich hätte erobern können. Aber der Kammweg, den einst die Damen der Jagdgesellschaften für Kutschfahrten nutzten, während ihre Gatten auf den Hängen und im Tal dem Wild nachjagten, hat mit seinen grandiosen Ausblicken weit über das Land schon immer eine große strategische Bedeutung gehabt.
Einen solchen grandiosen Blick über das Land südlich des „Chemin des Dames“ hat man z.B. vom „Plateau California“ am östlichen Ende des Kammweges. Dort kann man sein Auto abstellen und von einem mit Landkarten und Schautafeln bestückten Aussichtspunkt eines der größten Schlachtfelder des ersten Weltkrieges übersehen. Wenn man die endlosen Wiesen, Felder und Wälder sieht, fallen einem eigentlich nur Worte wie Frieden, Ruhe usw. ein ...
Die Tafel zur französischen Offensive von 1917 besagt, dass auf französischer Seite in diesem Frontabschnitt von 40 km Länge 1.200.000 Soldaten zusammengezogen wurden.
Das sind 30 Soldaten je Meter Front! Ein Irrsinn ...
Die Kämpfe des Ersten Weltkrieges waren aber längst nicht die ersten und einzigen, die hier ausgefochten wurden.
Einhundert Jahre vorher hat hier Napoleon vom Kammweg hinunter aufs Schlachtfeld geschaut, wo seine Truppen gegen Preußen und Russen kämpften (und letztmalig siegten).
Ihm hat man an dieser Stelle ein Denkmal gesetzt.
Ende Mai hat hier alles eine satte Farben: grünes Getreide und leuchtend gelber Raps, dazwischen Laubwälder, in denen die Bäume gerade frisches Laub ansetzen.
Dann gabelt sich die Straße gen Westen in D18 / D18 CD.
Wir nehmen letztere, die uns am x-ten französischen Kriegerdenkmal vorbei zur Drachenhöhle führt, die einst direkt unter der Front lag und von beiden Kriegsparteien als Unterschlupf genutzt wurde.
Wir haben's schon erzählt.
Eigentlich ist die Höhle ganz gut besucht, aber es kommen offenbar selten Deutsche und so war auch dieses Mal wieder keine deutsche Führung zu haben. Da konnte man sich nur wiederholt an dem Ausblick erfreuen, den am von der Terrasse aus hat. Von der Höhle aus kommt man geradwegs nach Cerny, wo wir vor zwei Jahren schon mal waren.
Hier, wo man erbittert um eine einsam an einer Kreuzung stehende Zuckerfabrik gekämpft hat, steht jetzt eine Kapelle mit zwei Friedhöfen.
Auf dem deutschen Soldaten­friedhof haben wir 2011 einen Ahrensfelder besucht.
Von hier führt eine Straße ins Tal, die dort auf beiden Seiten von riesigen Friedhöfen gesäumt wird:
auf der einen Seite von einem deutschen und einem französichen WK1 - Friedhof und auf der anderen Seite einem französischen Friedhof, auf dem sowohl WK1-, als auch WK2-Gefallene liegen.
Wir wenden uns erst mal dem deutschen Friedhof zu, wo wir nach dem Grab von
Willy Maskiewitz
aus Ahrensfelde, der als Zwanzigjähriger im letzten Kriegsjahr in dieser Gegend gefallen ist.
GR 24/1897: Willy Erich Reinhold Maszkiewitz, geboren am 28. August 1897 zu Ahrensfelde
Willy Maskiewitz, geb. 28.8.[1897] in Ahrensfelde,
gefallen (gemeldet am 24. September 1918)
  • Name: Maskiewitz, Willy [Erich Reinhold]
  • Dienstgrad: Kanonier
  • Geburtsdatum/-ort: [lt. Geburtsregister 24/1897: am 28. August 1897 zu Ahrensfelde]
  • Todesdatum/-ort: 24.07.1918 in ???
  • Grab: Kriegsgräberstätte in Soupir, Block 1, Grab 204
  • Am Eingang findet sich eine Stele, die verrät, dass allein auf diesem Friedhof 11.079 deutsche Gefallene des ersten Weltkrieges liegen.
    Knapp 6000 davon liegen in einem als Hochbeet ange­legten Gemeinschaftsgrab.
    Im Namenbuch des Friedhofs finden wir schnell die schon bekannte Grablage und einen Friedhofsplan, auf dem sich leicht ermitteln läßt, wo das Grab zu finden ist.
    Ganz vorn, in der ersten Reihe, dicht am Hauptweg findet sich der Grabstein mit den Nummern 1/204-205, der die Gräber von Willy Maskiewitz und einem am gleichen Tag (24.7.1918) gefallenen Kameraden, Paul Hallert, markiert.
    Beide waren Kanoniere, nähere Angaben zu Ihrer Einheit haben wir leider nicht.
    Nur durch eine lockere Baumreihe getrennt, schließt sich der französische Soldatenfriedhof „Soupir 1“ an den deutschen an. Mit seinen schlanken, sandfarbenen Kreuzen ist er sofort erkennbar. Je zwei Kreuze stehen Rücken an Rücken.
    Die Namen sind nicht wie bei den deutschen Granitsteinen eingemeißelt, sondern auf Tafeln an den Kreuzen befestigt.
    So wie auf den deutschen Soldatenfriedhöfen die Gräber der jüdischen Soldaten statt des Kreuzes einen Grabstein mit dem Davidstern aufweisen, sind auf den französischen Friedhöfen die Gräber der arabischen und asiatischen Soldaten mit Grabsteinen statt -kreuzen versehen.
    Erstere (auf dem Bild rechts) sehen orientalisch aus und sind mit arabischen Schriftzeichen versehen. Letztere (auf dem Bild links) sind dagegen ganz schmucklos.
    Wie bereits erwähnt ist der nächste französische Friedhof schon auf der anderen Straßenseite zu finden: „Soupir 2“. Auf der einen Hälfte liegen Gefallene des ersten Weltkrieges, auf der anderen Hälfte solche des zweiten Weltkrieges.
    1940 war diese Gegend erneut Kriegsschauplatz ...
    Aber das sind noch lange nicht alle Kriegsgräber im Gemeindegebiet von Soupir. An der Kirche des damals völlig zerstörten 300-Seelen-Dorfes, die im Gegensatz zum Schloss wieder aufgebaut wurde, und nun hinter „Soupir 1“ stets zu sehen ist, finden sich weitere Kriegsgräber.
    Bei diesen Gräbern auf dem umfriedeten Kirchhof (weiter unten rechts) handelt es sich um solche von Soldaten aus den Commonwealth-Staaten, die im ersten Weltkrieg auf Seiten der Franzosen gekämpft haben. Auf solche Kriegsgräber, mitten auf Kirchhöfen oder kommunalen Friedhöfen trifft man (nicht nur) in Frankreich öfters.
    Fährt man von Soupir auf der D88 in Richtung Westen, findet man am dort, wo die Straße auf die nach Soissons führende D925 trifft, einen weiteren Friedhof - den für italienische Gefallene des ersten Weltkrieges. Etwa 40.000 Italiener haben ab Anfang 1918 auf der Seite der Franzosen gekämpft und bei der Eroberung des „Chemin des Dames“ im Herbst 1918 große Verluste erlitten. Die gefallenen Italiener wurden u.a. auf diesem Friedhof an der Straßenkreuzung beigesetzt.
    Obwohl der italienische Soldatenfriedhof von der Anlage her mit den deutschen und französischen Soldatenfriedhöfen vergleichbar ist, weist er doch ein paar Eigentümlichkeiten auf, die ihn irgendwie außergewöhnlich machen: Da ist der kleine Sockel unter den Kreuzen, die Postierung der Kreuze auf Betonstreifen, der Wechsel von Rasen und Schotter usw.
    So verschieden die hier gesehenen Friedhöfe auch sind - sie haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind alle tadellos gepflegt und alle sehen aus, als wär der Rasenmäher noch vor einer halben Stunde im Einsatz gewesen. Und das bei einer Größe der Anlagen, die jedes Fußballfeld in den Schatten stellt.
    Möge diese Fürsorge weitere hundert Jahre anhalten!

    Nachtrag vom Mai 2014:
    Wie sich nunmehr herausgestellt hat, liegt auf diesem Friedhof auch ein Soldat aus Lindenberg (jetzt wie Mehrow ein Ortsteil von Ahrensfelde):
    Sergt. Ernst Kordus, geb. 9.5.1890, gest. 28.5.1918 (Block 1, Grab 1478)

    Nachtrag vom Juni 2019:
    Vermutlich liegt auf diesem Friedhof auch der
    Reservist Karl Friedrich Bolle aus Lindenberg, geb. 8.12.1887, gest. 30.10.1914, der in Kämpfen bei Ostel gefallen ist. (Block 3, Grab 344)