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Bei unseren Recherchen im Niederbarnimer Kreisblatt sind wir auf sehr interessante Artikel aus der Zeit des ersten Weltkrieges gestoßen, die deutlich machen, welche Not sich hier im eigenen Land schon bald nach Kriegsbeginn eingestellt hat. (siehe Niederbarnimer Kreisblatt von 1914, 1915, 1916, 1917, 1918) Nachdem schon vieles in der Presse darauf hindeutete, daß bald ein (seinerzeit offenbar von nicht wenigen herbei gewünschter) Krieg ausbricht, wurde am 1. August 1914 in einer Extra-Ausgabe des Niederbarnimer Kreisblattes, offiziell der Kriegszustand erklärt: |
Bekanntmachung. Durch allerhöchste Verordnung ist für Berlin und die Provinz Brandenburg der Kriegszustand erklärt. Die vollziehende Gewalt geht hierdurch auf mich über. ... a) Die Zivilverwaltungs- und Gemeindebehörden bleiben in ihren Funktionen, haben aber meinen Anordnungen und Aufträgen Folge zu leisten. b) Haussuchungen und Verhaftungen können von den dazu berechtigten Behörden und Beamten zu jeder Zeit vorgenommen werden. c) Alle Fremden, welche über den Zweck ihres Aufenthaltes sich nicht gehörig ausweisen können, haben im Falle der Aufforderung durch die Ortspolizeibehörde den in Kriegszustand erklärten Bezirk binnen 24 Stunden zu verlassen. d) Der Verkauf von Waffen, Pulver und Sprengmitteln an Zivilpersonen ist verboten ... e) Wegen der Verpflichtung der Gemeinden zum Ersatz des bei öffentlichen Aufkäufen verursachten Schadens verweise ich auf das Gesetz vom 11. März 1850 (Gesetzsamml. S. 199) Berlin. Der Oberbefehlshaber in den Marken (L.S.) ... |
In den ersten Tagen und Wochen überschlug sich die Zeitung mit Erfolgsmeldungen und selbst im Anzeigenteil machte sich die Stimmung breit, daß der angezettelte Krieg ein einfaches Unterfangen sei und der heimischen Bevölkerung nur die Rolle des bewundernden Zuschauers zufallen würde. So gab es z. B. in Röthers Buchhandlung in Bernau Land- und Postkarten von den Kriegsschauplätzen zum Schnäppchen-Preis: |
Karten vom europäischen Kriegsschauplatz á 75 und 25 Pfg. sind zu haben in L. Röther's Buchhandlung |
Kriegs-Postkarten in großer Auswahl á 5 und 10 Pfg. empfiehlt L. Röther's Buchhdlg. |
Es dauerte aber nicht lange, da tauchten unter 'Kreis-Nachrichten' die ersten Verlustlisten auf, die von Tag zu Tag länger wurden und am 22. September 1914 fand sich darin schon mit 'Wehrmann Reinhold Stöwe aus Ahrensfelde' der erste Tote aus unserem jetzigen Gemeindegebiet. Am 26. November 1914 wird dann der schwer verletzte 'Füsilier Erich Hermann aus Mehrow' als erster Mehrower Verlust gemeldet: |
Auszug aus der deutschen Verlustliste Lehr-Infanterie-Regiment, Potsdam Boguschowka am 10., 13. und 15., Brzeznica am 16., Slowiki Nowa vom 12. bis 20., Bruzuza am 23., Jendrzejow am 28., und Rogozek am 25., 28. 10. und 2., 3., 11.14. Lehr-Maschinengewehr-Kompagnie: Füsilier Erich Hermann aus Mehrow, schwer verwundet |
Ab Februar 1915 sind dann plötzlich in der Zeitung keine Verlustlisten mehr zu finden - wahrscheinlich wurden die zu lang und damit langsam geeignet, die anfängliche Kriegsbegeisterung vieler zu dämpfen. Aus welchen Gründen auch immer: Ab Juni 1916 gibt es wieder Verlustlisten, nunmehr aber ohne Nennung der Kriegsschauplätze und ein halbes Jahr später fallen dann auch noch die Angaben bzgl. der Einheiten weg, was zumindest optisch zu einer Verkürzung der Listen führt. Wir haben uns mal die Mühe gemacht, die Verlustlisten nach Soldaten aus unserem Gemeindegebiet zu durchforsten und die Namen zusammen zu tragen. Schon allein aus der Tatsache, dass die Verlustlisten offenbar auf sporadischen Angaben der einzelnen Einheiten beruhten, nur auszugweise wiedergegeben wurden und für mehr als ein Jahr völlig fehlten, kann die so entstandene Liste keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie kann aber sehr wohl dazu dienen, die Erinnerung daran wach zu halten, welches Leid auch dieser Krieg im eigenen Land hinterlassen hat. Da hier nicht nur die Toten, sondern auch die Verletzten, Gefangenen und Vermißten enthalten sind, wird deutlich, dass das Leid viel mehr Familien betroffen hat, als sich aus den mancherorts noch vohandenen Gedenktafeln für die Opfer des Krieges erahnen läßt. Neben chronologischen Austellungen (nach dem Datum der Bekanntmachung) für die Ortsteile der jetzigen Großgemeinde (Ahrensfelde, Blumberg, Eiche, Lindenberg, Mehrow) sowie das angrenzende Hönow haben wir noch eine nach Namen sortierte Verlustliste für alle genannten Gemeinden aufgestellt. Darin sind ein paar Unstimmigkeiten derart enthalten, dass Soldaten, die bereits als gefallen gemeldet wurden, später wieder als verletzt oder vermißt auftauchen. Ob das auf Namensgleicheit der Betroffenen oder auf Falschmeldungen der Einheiten zurück zu führen ist, läßt sich schwer herausfinden, zumal anfangs die Herkunftsorte und später die Geburtsorte der Soldaten angegeben wurden. Die Listen sollten den Chronisten und anderen interessierten Bürgern der genannten Gemeinden als Anreiz dienen, anhand vorhandener Aufzeichnungen, Ehrentafeln, Standesamt- und Kirchenbucheintragungen sowie sonstiger Quellen eine möglichst vollständige Liste der Kriegsopfer zu erstellen und der Nachwelt zur steten Erinnerung an das Kriegsleid zu erhalten. Darüber, wieviele Opfer unsere Soldaten in den überfallenen Ländern hinterlassen haben, wird sich leider wohl nie eine Liste erstellen lassen ... |
Als Ergänzung zu den genannten Listen, die übrigens anfangs noch mit 'Auszug aus der deutschen Verlustliste' und später nur noch mit 'Auszug aus der Verlustliste' überschrieben waren, haben wir hier noch einige Todesanzeigen aus dem Niederbarnimer Kreisblatt, die ein paar Einzelschicksale beleuchten: |
Lindenberg. Den Heldentod fürs Vaterland starb auf dem Kriegsschauplatz im Westen der Land-wirtssohn Georg Steeger von hier. Er diente bei der 11. Kompagnie des Infanterie-Regiments Nr. 8. |
Infolge eines Kopfschusses starb am 21. August mein treuer Arbeiter Friedrich Anders der seit 12 Jahren, von seinem 14. bis 26. Lebensjahre, bei mir tätig war, den Heldentod fürs Vaterland. Seine Treue und sein hingebender Fleiß sichern ihm ein bleibendes Gedenken. Lindenberg b. Bln., den 24. August 1915 Friedrich Gahtow, Besitzer. |
Allzu früh und fern von seinen Lieben starb den Heldentod fürs Vaterland durch Bauchschuß am 12. August ... Rudolf Salzmann (Res.-Jäger-Batl. 3, 4. Komp.) im Alter von 30 Jahren. Dies zeigt tiefbetrübt an Im Namen aller Hinterbliebenen: Familie Wilhelm Salzmann Lindenberg, den 27. August 1915 ... |
... Den Heldentod fürs Vaterland starb am 10. September 1916 nach 25 monatigen harten, schweren Kämpfen ... Fritz Koch (Sanitäts-Unteroffizier im Garde-Füsilier-Regt.), Ritter des Eisernen Kreuzes, im 26. Lebensjahr. ... Lindenberg, im September 1916 |
Nachruf. Den Heldentod fürs Vaterland starb in treuer Pflichterfüllung vor dem Feinde am 10. September 1916 an den Folgen seiner schweren Verwundung unser lieber Turnbruder und frühere Turnwart Fritz Koch, San.-Unteroffizier im Garde-Füsilier-Regiment, Inhaber des Eisernen Kreuzes II. Kl., im Alter von 25 Jahren. Wir verlieren in dem Dahingeschiedenen einen unserer besten Turner und werden ihm stets ein treues Andenken bewahren. Deutscher Turn-Verein "Jahn" Lindenberg. |
Am 28. August 1916 starb den Heldentod fürs Vaterland mein lieber Mann, mein guter Vater, Sohn, Bruder, Schwager und Onkel, der Gefreite Gustav Unterlauf im Alter von 29 Jahren. Im Namen der trauernden Hinterbliebenen Hedwig Unterlauf Eiche, den 17. Oktober 1916 |
Sein junges blühendes Leben verlor für sein geliebtes Vaterland nach 32 Monaten harter schwerer Kämpfe am 31. März, morgens 8 Uhr durch Kopf- und Brustschuß unser einziger, herzlieber, hoffnungsvoller Sohn und Bruder, der Oberjäger Wilhelm Flöricke, 2. Maschinen-Gewehr-Komp., Gardeschützen-Bataillon, Ritter des Eisernen Kreuzes, im blühenden Alter von 24 Jahren.
In tiefem Schmerz Blumberg, im April 1917 ... |
Den Heldentod fürs Vaterland starb am 23. April d.Js. mein langjähriger, treuer, fleißiger Arbeiter, der Landsturmmann August Ziesing (2. Komp. Landwehr-Infanterie-Rgt. 20). In Ehre werde ich stets seiner gedenken. Lindenberg, den 1. Mai 1917 August Heinicke, Landwirt Ruhe sanft in fremder Erde. |
Den Heldentod fürs Vaterland starb infolge schwerer Verwundung am 5. August 1917 in einem Feldlazarett mein lieber, unvergeßlicher Sohn, der Schütze Georg Kolberg (Masch.-Gew.-Komp. in einem Inf.-Regt.) Die tieftrauernde alleinstehende Mutter Auguste Kolberg. Lindenberg, im August 1917 |
Am 27. November 11 1/2 Uhr vormittags starb für sein Vaterland unser inniggeliebter Sohn, guter Bruder, Schwager, Onkel, Neffe und Vetter, der Kriegsfreiwillige Dragoner Fritz Adler im 1. Garde-Dragoner-Regt. im Alter von 23 Jahren. Nach einem Jahr treuer Pflichterfüllung an der Front geriet er in russische Gefangenschaft. Nach 22 Monaten in Sibirien wurde er ausgetauscht und starb nun im Elternhause. Dies zeigen in tiefstem Schmerz an Familie Friedrich Adler und alle Verwandte. Blumberg, den 29. November 1917 ... |
Den Heldentod für sein Vaterland starb am 10. April 1918 in schweren Kämpfen im Westen unser lieber Turnbruder
Gustav Rücker
Grenadier in einem Inf.-Regt. Der Verein wird sein Andenken stets bewahren. Deutscher Turnverein Jahn, Lindenberg. |
Heute nachmittag 2 Uhr starb nach seiner Rückkehr aus dem Felde ins Elternhaus nach 14 tägigem Krankenlager unser lieber einziger Sohn und Bruder, der Landwirt Georg Grün im Alter von 26 Jahren, tiefbetrauert von den Seinen. Das zeigen schmerzerfüllt an Bauerngutsbesitzer August Grün. Bertha Grün, geb. Hecht. Elsbeth Grün. Blumberg, am 1. Januar 1919 Die Beerdigung findet am Sonnabend, den 4. d. Mts., nachmittags 3 Uhr vom Trauerhause aus statt. |
Den Heldentod fürs Vaterland starben die Kameraden Rudolf Uelfert. Robert Rahn. Reinhold Müller. Karl Baumgarten. Karl Müller. Paul Ludwig. Adolf Keller. Wilhelm Müller. Johann Daleske. Ernst Brederstädt. Willy Voss. Vermißt wird der Kamerad Willy Juert. Das Andenken dieser Kameraden wird von uns stets in Ehren gehalten werden. Kriegerverein Blumberg |