Seit Jahren ist es Tradition, dass die Kirchengemeinden Ahrensfelde und Mehrow am 1. Mai eine gemeinsame Fahrradtour veranstalten. Mit sehr abwechselnder Beteiligung sind dabei schon einige interessante Ziele in der Umgebung erkundet worden.
Mitunter haben wir darüber hier berichtet: 2009 2011, 2012, 2015 und 2016.
Einige Touren führten (mit gutem Grund) über Altlandsberg - und auch in diesem Jahr (2017) war die Stadt angepeilt. Im Vorjahr haben sich die Radfahrer vom dortigen Nachtwächter durch einige Altlandsberger Sehenswürdigkeiten führen lassen und einige, die nicht dabei sein konnten, wollten das auch mal erleben. Aber auch von denen, die dabei waren, wünschten sich manche eine Wiederholung, zumal es in jüngster Zeit spektakuläre Meldungen über Schatzfunde gab.
Um Abwechslung zu schaffen, galt es also, die Strecke etwas anders zu wählen, also zum Beispiel nicht wieder über Löhme/Werneuchen zu fahren, sondern mal ein Stück über Altlandsberg hinaus. Plakate, die schon sein Tagen in der Gegend hingen, versprachen Neuenhagen als lohnendes Ziel, weil dort in der „Arche“ ein Maifest angesagt war - da gibt es bestimmt Kultur und was Gutes für den Gaumen.
Treffpunkt war wie stets das Pfarrgrundstück in Ahrensfelde, obwohl die Pfarrerin auswärts war und selbst nicht mitfahren konnte. Als vorübergehende „Hausherrin“ hat sich aber Nelly, die schwedische Praktikantin, die seit einem ¾ Jahr in der Gemeinde lebt, der bunten Truppe angeschlossen.
Zu dieser Truppe gehörten noch weitere neue Gesichter und zwecks Erhöhung der Vielfältigkeit auch ein Wau-Wau, für den eigens ein Anhänger mitgeführt wurde.
Nach den üblichen fotografischen Aufnahmen und einem hoffnungsvollen Blick gen Himmel ging es zunächst entlang der B158 in Richtung Blumberg. Das Wildschwein am Wegesrand hat offenbar in der Nacht zuvor den Kampf gegen ein Auto verloren - unsere Radfahrer haben es definitiv nicht auf dem Gewissen.
In Blumberg gab es am Rande des Lenné-Parks wie im Jahr zuvor eine kurze geschichtliche Einweisung bezüglich des Denkmals für Otto von Arnim, der im Befreiungskrieg von 1813 als erster Deutscher auf heimatlichen Boden gefallen ist - nicht weit von hier, nahe Werneuchen.
Das Denkmal hat ihm hundert Jahre später seine Familie gestiftet - die Arnims, die seinerzeit hier in Blumberg ansässig waren. Weitere hundert Jahre später, 2013, ist das Denkmal, das im letzten Krieg für Schießübungen herhalten musste, wieder hergerichtet und zum Blickfang gemacht worden.
Weitere Blickfänge gab es im Park selbst, wie die gewaltigen, zum Naturdenkmal erklärten Bäume und die Sichtachsen auf den Standort des früheren Schlosses und auf die Kirche.
Am Abend vorher war im RBB der „Landschleicher“ mit den Herren Hermerschmidt und Wünsche im Park unterwegs, die viel über die Geschichte der Parkanlage erzählen konnten.
Mit einem Zwischenstopp am ehemaligen Eiskeller im Park ging es weiter zur Blumberger Dorfkirche, die aber wie erwartet verschlossen war.
An einen Schlüssel ist zwar gedacht worden - es war jedoch leider der falsche ...
Weiter ging es auf staubigem Weg nach Trappen­felde und dann auf dem asphaltierten Radweg nach Altlandsberg.
Aus irgendeinem wichtigen Grund ist da unlängst die Grenze zwischen BAR und MOL aufgemalt worden.
Nun sind wir also in MOL, dem Land der berühmt-berüchtigten wilden Autofahrer - so lange wir auf den Radwegen bleiben (die es hier zum Glück gibt), sind wir aber hoffentlich sicher ...
Kurz vor dem Ortseingang von Altlandsberg gibt es noch eine im hohen Gras versteckte Ruine zu besichtigen:
Den Sockel und ein paar Balken der Bockwindmühle, die hier mal gestanden hat. Eine vom Heimatverein aufgestellte Tafel gibt Auskunft über die Geschichte dieser Mühle. Ohne diese Tafel am Wegesrand wären wir bestimmt vorbei gefahren.
Da wir uns später noch auf dem Gutshof und auf dem Schlossgelände umschauen werden, geht es jetzt erst mal geradeaus über die Bernauer Straße 'rüber, wo auf einer Baustelle ein ausgegrabener Keller neugierig macht.
Vor kurzem war noch die gesamte Fläche mit Fundament- und Mauerresten übersät. Die sind fein säuberlich ausgegraben, erfasst, vermessen und fotografiert worden, bevor sie abgetragen wurden, um Baufreiheit zu schaffen.
Hinter der Stadtmauer, kurz vor dem Armenhaus, dort wo zwei bunt bemalte Radfahrer bei Wind und Wetter miteinander plaudern, fand sich ein prima Platz für das obligatorische Picknick.
Langsam knurrte der Magen!
So sind die frommen Radler: Zu arm für's Armenhaus, aber stets auf Etikette bedacht: Der vorgefundene Tisch wurde erst einmal mit einer weißen Tischdecke bedeckt, bevor alle ihre Satteltaschen leerten und Salat, Bouletten, Grünzeug, Obst usw. zwecks Verzehr auf dem Tisch auftürmten.
Nach vollbrachter Sättigung zückte Jörg-Arno ein Instrument, das spätestens seit „Manche mögen's heiß“ bekannt ist: eine Ukulele. (Eine Art Gitarre, die nicht ganz so lange brennt.)
Der Storch, der zwischen seinem Nest auf dem Strausberger Torturm und der gegenüber liegenden Wiese pendelte, um Frösche ranzuschaffen, ließ sich auch dadurch nicht stören.
Durch das Scheunenviertel und über Bruchmühle ging es dann weiter nach Neuenhagen, wo wegen Bauarbeiten ein ordentlicher Umweg zur „Arche“ zurückzulegen war.
Die Feldsteinmauer gegenüber der alten Schule war gerade lang genug, um alle Fahrräder gesittet platzieren zu können. Auf dem gut gefüllten Schulhof war ordentlich was los.
Im Schatten der alt-ehrwürdigen Kirche buhlten jede Menge richtiger und halber Parteien um die Gunst der Wähler - irgendwann steht ja bestimmt mal wieder eine Wahl an.
Die Radfahrer waren nun aber zunächst vor die Wahl gestellt, ob sie Bratwurst ober Kuchen nehmen - für das volle kulinarische Programm war leider keine Zeit mehr.
Die Bühne auf der gesperrten Straße hinter dem Anger wurde gerade für den nächsten Auftritt umgebaut - da sind wir wohl nicht zur richtigen Zeit angerückt.
Aber Spaß hat die kurze Pause trotzdem gemacht.
Mit dem Altlandsberger Nachtwächter war „gegen drei“ ausgemacht - als die Radler auf dem Gutshof erschienen, war es halb vier. Aber glücklicherweise ist der brave Mann durch ein gutes Bier aus dem Brauhaus und zwei nette, zugereiste Damen am Nachhausegehen gehindert worden.
Er hat uns sogar noch Zeit für einen Schluck des an diesem Tag frisch angestochenen Maibocks gelassen, bevor er mit uns auf seine Tour durch die Stadtgeschichte gegangen ist.
Der Domänenhof ist kaum wiederzuerkennen - erst seit ein paar Tagen ist er komplett gepflastert und schön anzusehen.
Die Fragen der Besucher drehten sich fast ausschließlich um den spektakulären Münzfund Ende vergangenen Jahres. Hier, wo der Nachtwächter steht, wurde ein Gefäß mit fast 8000 Münzen aus dem 15. Jahrhundert gefunden.
An einer Stelle, an der in den letzten Jahrhunderten wiederholt gebuddelt wurde, um Rohre zu verlegen, ist bei den Pflasterarbeiten im November 2016 der Schatz gefunden worden. Der Baggerfahrer sollte an der Stelle nur noch ein paar Zentimeter Erdreich wegnehmen, damit es keine Delle gibt. Da kam plötzlich ein zerbrochener Krug mit unzähligen Münzen, darunter auch ein paar goldene Dukaten, zum Vorschein. Vom Architekturbüro Dreßler, das unlängst einen Vortrag darüber gehalten hat, wurde schnell, aber gründlich alles gesichert - und die Öffentlichkeit erst Wochen später informiert, um private Schatzsucher von der zwischenzeitlich gut bewachten Fundstelle fernzuhalten.
Dass ein Schatz nicht liegen bleiben kann, wo er war, ist klar. Aber warum schüttet man ausgegrabene Fundamente, Keller usw. nach der Erfassung wieder zu?
Die Antwort gab es nebenan: Im abgebrannten Schlossflügel hatte man den ausgegrabenen Keller sogar mit einer Aussichts­plattform versehen. Bald war er randvoll mit Müll ...
Auf dem kurzen Weg zur Schlosskirche trifft man derzeit auf verschiedene Stellen, an denen Bodenfunde sichtbar und mit Zäunen gesichert sind. Es ist ganz gezielt gegraben worden, unter anderem, um die Grundrisse des früheren Schlosses zu ermitteln und um zu sehen, wie der Schlosshof gepflastert war. Hier wurde nicht nach Schätzen gegraben!
Wobei für die Historiker manch unscheinbarer Rest einer Ziegelmauer einen Schatz darstellt. Direkt an der Schlosskirche, die ja einst das Ende eines Schlossflügels darstellte, hat man solch einen Mauerrest freigelegt, der die Grenze zwischen Schlosshof und Schlossterrasse bildete.
Von diesem unscheinbaren Mäuerchen erhofft man sich Auskunft darüber, ob es da einen Niveau-Unterschied gab und wie dieser ggf. ausgeglichen wurde. Es gibt ja leider nur eine einzige Zeichnung des 1757 abgebrannten Schlosses.
In der wundervoll restaurierten Schlosskirche, in der man gerade die segmentweise hochfahrbare Bühne bewundern konnte, erzählte der Nachtwächter alias Horst Hildenbrand, wie diese Kirche die Jahre überstanden hat.
Nachdem Anfang der 1970er Jahre die Gottesdienste dort eingestellt wurden, war das Innere der Kirche schnell geplündert und nur die zwischenzeitliche Nutzung durch eine Glaserwerkstatt hat sie vor dem völligen Verfall bewahrt.
Vor knapp zehn Jahren kaufte die Stadt die Kirche zurück und hat sie in der Folgezeit aufwändig und so detailgetreu wie möglich rekonstruiert. 2015 wurde sie wieder eingeweiht, allerdings nicht als Kirche, sondern als Veranstaltungsort.
Auf der Empore bekamen die wissbegierigen Radler erklärt, was es mit den Kritzeleien an der Wand auf sich hat ...
Das war wie immer eine tolle Führung, die der Nachtwächter da gemacht hat. Selbst wenn man schon x-mal dabei war, macht das immer wieder Spaß und bringt neue Erkenntnisse. Erfreulicherweise gibt es in der Stadt stets etwas Neues oder Wiederhergestelltes zu bestaunen. Den frisch gepflasterten Domänenhof haben wir ja schon gesehen - jetzt geht es bald den umstehenden Stallungen "an den Kragen", die zu einem Hotel umgebaut werden sollen!
Außerdem soll ja alsbald jenseits der freigelegten und auf Tafeln detailliert beschriebenen Terrassenfundamente der Schlosspark um den erhaltenen Kreuzteich wieder erstehen.
Dass sich der Aufwand, den die Stadt und ihre Förderer betreiben, tatsächlich lohnt, kann man an dem eindrucks­vollen und gut angenommenen Brau- und Brennhaus erkennen, zu dem es uns jetzt noch zieht.
Das Foyer mit dem riesigen Kaminofen, die tolle Gaststätte, der Kuppelsaal für Familienfeiern, die originellen Bilder an den Wänden, die festliche Ausstattung des großen Saales und nicht zuletzt das wunderbare, hier vor Ort gebraute Bier sind einige der Gründe, immer mal wieder reinzuschauen.
Da gibt es jetzt übrigens auch ein Nachtwächterbier!
Mit dem großen eisernen Kamin und einer Bedienungsanleitung von Jules Verne kann man vermutlich zum Mond reisen, aber nach Mehrow oder Ahrensfelde kommt man damit leider nicht. Wenn man mit dem Rad gekommen ist, dann muss man so auch wieder zurück.
Wenn einem schon längst die Beine wehtun und der ausgelaugte Körper eigentlich nach weiteren Maiböcken verlangt, kostet es Überwindung, sich auf den Heimweg zu begeben. Aber das gibt sich spätestens auf dem schönen Radweg nach Trappenfelde, zumal sich das Wetter weit freundlicher gezeigt hat, als es angesagt war.
Hoffen wir mal, dass die Radtour am 1. Mai 2018 wieder so schön und erlebnisreich wird!