Am letzten Freitag jeden Monats führt der Altlandsberger Nachtwächter Geschichtsinteressierte durch seine Stadt, außer im Winter. Am 29. September war Schluss für dieses Jahr - das war ein triftiger Grund, sich wieder einmal der Nachtwächterführung anzuschließen.
Um 20 Uhr war Treffpunkt an der Touristeninformation auf dem Domänenhof. Der Nachtwächter hatte sich dieses Mal Unterstützung mitgebracht: seine Gehilfin, Lia Prinz.
Seit ihr Bruder Robin, den wir auch mal auf einer Tour begleitet haben, zum Studium nach Süddeutschland gegangen ist, ist sie die Einzige, die Nachtwächter Horst vertreten könnte. Das will geübt sein, würde aber bestimmt schon ganz gut klappen, wie ihre Vorstellung der Stadt Altlandsberg mittels eines Gedichtes gezeigt hat.
Und noch eine zweite nette Dame wurde den neugierigen Teilnehmern des Nachtwächterrundganges vorgestellt:
Die frisch gekürte 1. Altlandsberger Bierkönigin Wioletta, die ein Jahr lang Reklame für das köstliche Altlandsberger Bier und die zugehörige Brauerei machen wird.
Nachtwächter müsste man sein: Die bösen Jungs verstecken sich vor ihm und dafür umschwirren ihn die netten Mädchen. Dafür schlendert man auch gern mal nachts durch die Stadt.
Seit dem großen Münzfund Ende vorigen Jahres, wollen natürlich alle Besucher wissen, wo man denn hier solche Schätze finden kann.
Die Stelle auf dem Domänen­hof, an der die Urne mit etwa 8000 Münzen gefunden wurde, ist zwischenzeitlich markiert - und ringsum alles gepflastert, damit da niemand anfängt zu buddeln.
Mehr dazu am 8.11.2017.
Am 8. November um 19 Uhr werden die Herren Dressler und Pytlik vom Archäologiebüro ABD im Gutshaus (Krummensee Str. 1) „Erkenntnisse über drei Jahre Ausgrabungen auf dem Schlossareal und der Meierei“ vorstellen. (Eintritt: 3,00 €, Anmeldung unter 033438 64572 oder kontakt@heimatverein-altlandsberg.de)
Überall auf dem ehemaligen Schlossgelände wird gebuddelt: Dort nach den Grundmauern des Schlosses, da nach dem Pflaster des Schlosshofes und hier nach den Resten der Orangerie, die man nun auch wieder aufbauen will.
Schade nur, dass solche Löcher immer schnell mit Müll gefüllt werden, wie der einst zugängliche Schlosskeller ...
Zwischen all diesen Löchern in der Erde ragt die ehemalige Schlosskirche in die Höhe. Der einzige Teil des Schlosses, der beim Brand 1757 übrig geblieben ist und wieder aufgebaut wurde. Ein Handwerksbetrieb, der während der DDR-Zeit seine Werkstatt in der Kirche hatte, hat den Verfall des schon längst geplünderten Gebäudes verhindert.
In den letzten Jahren wurde das Gebäude aufwändig saniert und mit moderner Veranstaltungstechnik ausgestattet. Jetzt finden dort regelmäßig Konzerte und Kinoveranstaltungen statt - und vor allem wird dort geheiratet.
Letzteres so häufig, dass das Altlandsberger Standesamt schon personell aufgestockt werden musste.
Die Teilnehmer des Nachtwächterrundgangs waren gespannt, dort einen Blick reinzuwerfen und natürlich rein zufällig hatte der Nachtwächter den Schlüssel dabei.
Die Besucher waren aber gehalten, sich vom grauen Teppich des „Trauzimmers“ fernzuhalten, denn am nächsten Tag sollte dort schon wieder eine Trauung stattfinden. Und die Braut sollte ihre Schleppe nicht über einen dreckigen Teppich ziehen müssen.
Viel konnte der Nachtwächter über den Um- und Ausbau der Kirche berichten, vor allem über die Spenden­aktionen, z.B. für den Kronleuchter und das Läutewerk im Turm.
Auf das Geschaffene können die Altlandsberger stolz sein!
Auf der Empore gibt es etwas Besonderes zu bestaunen: eine Graffiti-Wand, die bald 200 Jahre alte Kritzeleien zeigt.
Hier stand früher die Orgel und in der Lücke zwischen Orgel und Wand war der Blasebalg. Da trampelten Jungs auf langen Bohlen, um die Orgel mit so viel Luft zu versorgen, dass der Organist ordentlich in die Tasten hauen konnte.
Und während der Predigt, wenn der Organist schlief und deshalb seine Orgel kein Luft brauchte, überkam die Jungs Langeweile und der Drang zum Blödsinn-Machen.
Dazu gehörten schon damals, vor fast zweihundert Jahren, Kritzeleien an der Wand. Namen und Jahreszahlen (die ältesten von 1828) geben gute Details der Stadtgeschichte ab. Angeblich sind alle Jungs, die sich da verewigt haben, später achtbare Bürger geworden.
Den Abschluss des Rund­gangs bildete ein Besuch des Brau- und Brennhauses. Da gibt es sehr viel zu bestaunen, zum Beispiel das Bild mit Altlandsberger Promis aus verschiedenen Epochen.
Ein tolles Bild von Rainer Ehrt.
Als Letztes gab es noch einen Blick in den Saal des B&B, wo schon für ein großes Familien­treffen eingedeckt war.
Für den nächsten Tag hatten sich 80 „von Schwerins“ angekündigt - Nachkommen des früheren Schlossherrn.
Nun bleibt zu hoffen, dass wir den Nachtwächter im nächsten Frühjahr wieder gut gelaunt und bei bester Gesundheit antreffen und er uns auf seinen Rundgängen erneut interessante Neuigkeiten zeigen kann. Bis dann (oder bis zum Mehrower Plätzchenmarkt am 2. Advent)!