Am Sonntag, den 26. Oktober sind in Brandenburg Kommunalwahlen. Unseren Bürgern fällt dabei die Aufgabe zu, unter anderem die Gemeindevertretung der an jenem Tage entstehenden Großgemeinde Ahrensfelde-Blumberg zu wählen. Wille der Landesregierung ist es, die bisher bestehenden Ämter nahe der Berliner Stadtgrenze durch Großgemeinden zu ersetzen. Und so soll aus den bisherigen Gemeinden des Amtes Ahrensfelde-Blumberg eine Großgemeinde gleichen Namens entstehen, trotz des Widerspruchs der betroffenen Gemeindevertretungen und Bürgermeister sowie der bisherigen Amtsverwaltung.

Mehrow spielt dabei insofern eine Nebenrolle, da wir zu einem gesetzten Stichtag weniger als 500 Einwohner hatten und deshalb bereits vor einem Jahr von der Landesregierung veranlaßt wurden, entweder freiwillig mit einer der Nachbargemeinden zu fusionieren oder zwangs-fusioniert zu werden - über die zur Wahl stehenden Fusionsmöglichkeiten haben wir hier damals öffentlich nachgedacht. Im Januar vergangenen Jahres stand dann die Entscheidung an und die Mehrzahl der Mehrower hat sich durch ihre Teilnahme am Bürgerentscheid dafür entschieden, einer Zwangsvereinigung zuvor zu kommen und die übergroße Mehrheit davon hat sich für eine "freiwillige" Fusion mit Ahrensfelde ausgesprochen. Als Judas-Lohn wurden uns dafür ein paar Silberlinge versprochen, sowie die Möglichkeit, sich mit der künftigen "Mutter" (oder "Schwester", oder "Braut"? ) in einem Fusionsvertrag auf das weitere Vorgehen zu einigen.

Letzteres hat man auch getan und in einem von beiden Seiten abgesegneten Vertrag festgelegt, daß Mehrow einen Teil der Gemeindevertreter stellt, einen Ortsbürgermeister bekommt und noch ein paar Jahre über Investitionen im Ort mitentscheiden kann. Außerdem sollen bestimmte, im künftigen gemeinsamen Gemeindegebiet dann doppelt vorkommende Einrichtungen, wie die Freiwillige Feuerwehr und die Bibliothek, Bestandsschutz genießen. Auch steht im Fusionsvertrag festgeschrieben, daß bei uns künftig nicht nur "Ahrensfelde" oder "Ahrensfelde, Ortsteil Mehrow" am Ortseingangsschild steht, sondern "Mehrow, Gemeinde Ahrensfelde", womit man sicher leben kann. Man hat sich also in Mehrow und in Ahrensfelde redlich gemüht, das Beste aus der Situation zu machen und den Mehrowern unter den gegebenen Umständen ein größtmögliches Maß an Identität und Souveränität zu sichern.

Da unser "Untergang" als eigenständige Gemeinde eh besiegelt und auf den 26. Oktober diesen Jahres terminiert war, hat uns der Streit um Amt kontra Großgemeinde nicht so berührt, wie unsere Nachbargemeinden, die nun allem Anschein nach gegen die Landesregierung unterliegen werden. Ein diesbezüglicher Rechtsstreit läuft wohl noch und man hatte lange Zeit die Hoffnung, daß die anstehende Kommunalwahl ausgesetzt wird, bis dieser Rechtsstreit entschieden ist und fest steht, was zu wählen ist: wie bisher für jeden Ort eine Gemeindevertetung oder eine gemeinsame Gemeindevertretung für die vom Lnad gewünschte Großgemeinde. Das Innenministerium sieht aber offenbar keine Veranlassung, eine richterliche Entscheidung abzuwarten und hat angewiesen, daß am 26. Oktober eine gemeinsame Gemeindevertretung für die an diesem Tage entstehende Großgemeinde Ahrensfelde-Blumberg zu wählen ist.

Kurz nach dem Erscheinen des Juli-Amtsblattes mußte deshalb am 16. Juli 2003 eine Sonderausgabe des Amtsblattes nachgeschoben werden, die ausschließlich die Öffentliche Bekanntmachung des Wahlleiters vom 10. Juli 2003 zur "Wahl der Gemeindevertretung der Gemeinde Ahrensfelde-Blumberg am 26. Oktober 2003" enthält - statt im üblichen Rosa wohl nicht ganz unabsichtlich wie eine Todesanzeige grau hinterlegt. Bei der Lektüre gab es für uns Mehrower aber noch keine Veranlassung, stutzig zu werden, steht doch dort zur künftigen Gemeindestruktur nur unter Punkt II.1 (Wahlgebiet):

Wahlgebiet ist für die Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Ahrensfelde-Blumberg das am Tage der Kommunalwahlen entstandene Gebiet der bisherigen Gemeinden Ahrensfelde, Blumberg, Eiche, Lindenberg und Mehrow.

Wenn man keinen Argwohn hegt (und man soll doch schließlich nicht gegnüber den Landesherren argwöhnisch sein!), kann man da heraus lesen, daß wir gleichberechtigt mit unseren Nachbargemeinden in die künftige Großgemeinde eingehen. Aber weit gefehlt!

Im Amtsblatt für August (5.8.2003) taucht dann in einer ergänzenden öffentlichen Bekanntmachung des Wahlleiters über die "Wahl zu den Ortsbeiräten der Ortsteile Ahrensfelde, Blumberg, Eiche und Lindenberg" unser Ort gar nicht mehr auf. Statt dessen heißt es dort:

1. Wahlgebiet ist für die Wahl zum Ortsbeirat
- des Ortsteils Ahrensfelde das Gebiet der bisherigen Gemeinden Ahrensfelde und Mehrow
- des Ortsteils Blumberg das Gebiet der bisherigen Gemeinde Blumberg
- des Ortsteils Eiche das Gebiet der bisherigen Gemeinde Eiche und
- des Ortsteils Lindenberg das Gebiet der bisherigen Gemeinde Lindenberg

Nun ist die Katze also aus dem Sack: Die künftige Großgemeinde wird vier Ortsteile haben und einer davon ist Ahrensfelde und der schließt das Gebiet der bisherigen Gemeinde Mehrow mit ein! Nichts mehr mit Ortsteil Mehrow oder gar "Mehrow, Gemeinde Ahrensfelde" oder halt ersatzweise "Mehrow, Gemeinde Ahrensfelde-Blumberg". Nichts dergleichen. Einfach futsch. Mehrow gibt's dann nicht mehr!

Da haben wir uns schön angeschmiert, als wir uns Schönbohms Fusionswünschen gebeugt haben. Hätten wir uns damals trotzig gezeigt, hätten wir zwar keine Silberlinge bekommen, wären aber vermutlich als gleichberechtigter Ortsteil in die Großgemeinde eingegangen. es ist halt wie im richtigen Leben: Wenn man den kleinen Finger zeigt ...

Wer nun aber vor diesem Hintergrund auf der Gemeindevertretersitzung am 4. September einen kollektiven Aufschrei der Gemeindevertreter erwartet hat, der hat weit gefehlt. Nicht einmal, jene, die sich sonst über die Presse zu Wort melden, hielten in diesem Fall einen Leserbrief für angebracht. Lediglich Herr Dr. Jakobs ist aufgeschreckt und hat sich in seiner Funktion als stellvertretender Bürgermeister aufgemacht, mit Verweis auf voran gegangene Vereinbarungen in dieser Sache Klarheit zu schaffen. Dem eigenen Bekunden nach hat er zumindest erreicht, daß die ganze Geschichte nochmal zur Prüfung und Stellungnahme nach Potsdam gegangen ist.

Ob's was bringt, ist fraglich, aber dieses Engagement ist schon mal löblich. Schließlich geht es nicht nur darum, die Wirksamkei unseres Fussionsvertrages mit Ahrensfelde zu sichern, sondern auch und vor allem den Mehrowern wenigsten etwas Identität zu sichern. Womit soll man sich denn künftig hier identifizieren, wenn Mehrow nicht einmal mehr auf den Landkarten verzeichnet ist und man auf der Fahrt von Ahrensfelde in Richtung Hönow nach dem Passieren von Eiche wieder auf ein Ortseingangsschild "Ahrensfelde" (statt "Mehrow") trifft? Hat man in Potsdam bei allen Sparzwängen völlig aus den Augen verloren, wie wichtig es ist, daß sich die Brandenburger auch mit ihren Heimatorten identifizieren?

Warum faßt man nicht im Sinne optimaler Kostengestaltung gleich alle Orte von der Prignitz bis zum Spreewald zu einer Großgemeinde "Schönbohmhausen" zusammen - nach der angestebten Fusion mit Berlin kann man sich dann vielleicht mit Herrn Wowereit auf "Wowebohm" als Namen für den dann entstehenden Koloss einigen...


Spätere Anmerkung:
Jörg Schönbohm (CDU) war seinerzeit Innenminister des Landes Brandenburg und Klaus Wowereit (SPD) Regierender Bürgermeister in Berlin.