Neben Gottesdiensten und Konzerten bieten auch die Dorffeste in Lindenberg eine gute Gelegenheit, sich einmal die wunderschöne alte Dorfkirche anzusehen, die wie unsere Dorfkirche aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt, also schon ordentlich was "auf dem Buckel" hat. Von außen ist es ein imposanter, aber ziemlich schmuckloser Feldsteinbau - mal abgesehen von backsteinernen Fassadenelementen im oberen Turmteil. Im Innern wird man jedoch von einem unerwartet reichen Kirchenschmuck überrascht.

Das erste Staunen setzt ein, wenn man durch die Turmtür den Vorraum betritt und dort die mit Ornamenten umrahmte Tür und die kunstvoll bemalte Decke sieht. In der Kirche angekommen richtet sich der Blick unwillkürlich an die Decke, denn ein so kunstvolles Netzrippengewölbe wie hier findet man in unserer Gegend selten.


Ein paar Schritte weiter lohnt sich schon der Blick zurück auf die Empore und die hinter der Brüstung hervor ragende Orgel, die erst vor wenigen Jahren wieder instand gesetzt wurde und jetzt bei Gottesdiensten und Konzerten die Besucher mit ihrem Klang erfreut.

Ein ganz besonderes Schmuckstück der Kirche ist der Altar aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, der über dem Altarbild sogar sein genaues Alter verrät:



Gott zu Ehren unter dem Szepter Friedrichs des III. Churfürsten zu Brandenburg ist dieser Altar aufgerichtet worden. Anno 1694.

Aber schauen wir doch erstmal, was der Herr Pfarrer auf einem Zettel an der Tür über seine Kirche zu berichten hat:

  • In der ersten Hälfte des 13. Jhd. von Mönchen erbaut
  • Schiff mit eingezogenem Chor und Apsis, querrechteckiger Westturm in der Breite des Schiffes
  • 15. Jhd. Erhöhung des Turmes und Einbringung von reichen Netzgewölben
  • spätgotischer Sakristeianbau an der Nordseite
  • Restaurierung 1860/64, 1911 und 1983/89
  • Apsismalerei mit Darstellung Christi als Weltenrichter, Anfang 15. Jhd.
  • Altaraufsatz mit säulengerahmten Abendmahlsbild 1694
  • Kanzel Barockstil, als Fuß Petrusfigur, am Korb Christi und die Evangelisten, 1702
  • Westempore mit bemalten Brüstungsfeldern 17. Jhd.
  • Kirchengestühl - 17. Jhd.
  • Schnitzfiguren: Maria, Maria Magdalena und Bischof, 2. Hälfte 5. Jhd., Anna Selbdritt - Anfang 16. Jhd.
  • kniender Taufengel um 1700, Taufschüssel aus Messing 16. Jhd.
  • Altarkruzifix 16. Jhd., Leuchterpaar aus Zinn 1818
  • Kelch und Oblatendose aus Silber 1807
  • drei mittelalterliche Glocken 14. bis 16. Jhd.

  • So schöne Malerei und Ausstattung, wie man sie hier vorfindet, hätte man von außen nicht erwartet. Aber es ist nichts überladen und die großen Fenster setzen alles in das richtige Licht, auch wenn es draußen etwas trübe ist. Dadurch fühlt sich der Besucher gleich willkommen geheißen und nimmt gern für ein paar Minuten Platz, um sich alles in Ruhe anzuschauen. Noch schöner muss es sein, wenn dazu die Orgel spielt. Vielleicht sollte man mal ein Orgelkonzert in der Kirche besuchen? Am ersten September-Wochenende (2008) ist wieder eins.

    Die Kanzel fällt einem natürlich auch sofort ins Auge. Schon deshalb, weil sie mit ihren hellen Farben und den in unverblichenen Farben und mit reichlich Gold verzierten Figuren aussieht, als wäre sie erst vor kurzem dort hingestellt worden.


    Markus

    Christus

    Lukas

    Johannes


    Mathäus
    Am Kanzelkorb sind neben Jesus die vier Evangelisten zu sehen - die Verfasser des "Neuen Testaments", d.h. jenes Teils der Bibel, der vom Leben Christ erzählt. Kirchen-Profis erkennen diese eventuell am Aussehen und den Gegenständen in der Hand, aber für den Normal-Christen sind als Hilfestellung die Namen darunter geschrieben. Einer der vier Evangelisten (Mathäus) scheint ein wenig Foto-scheu zu sein, denn er versteckt sich in der Ecke zwischen Kanzel und Wand. Die andern drei (Markus, Lukas und Johannes) sind da mehr dem Volk zugewandt.

    Getragen wird die Kanzel von Petrus, den man unschwer am Schlüssel in der Hand erkennen kann, und der als erster, noch von Christus eingesetzter Papst auch im wahren Leben eine ziemliche Last zu tragen hatte (und momentan viele Schelte wegen des Wetters einstecken muss). Man könnte auch lästern:
    "Der Petrus unter der Kanzel steht für die Gemeinde - er hat (im wahrsten Sinne des Wortes) schon machen Pfarrer ertragen."

    "Und wenn er nicht vom Wurm gefressen wird, dann tut er es noch lange ..." würde dann wieder der Restaurator sagen, der sicher reichlich zu tun hatte, um dem lieben Petrus und den fünf Herren über ihm nebst Rahmen und Verzierung nach 300 Jahren wieder solchen Glanz zu verleihen.

    Pfarrer Wenzel, der bei seinen Führungen auch nicht mit Späßen spart, wird folgenden Katholiken-Witz entschuldigen, der dem Schreiber gerade in den Sinn kommt:
    "Warum ist noch nie ein Papst an Herzinfarkt gestorben?" -
    "Weil ein Papst erst nach dem Tod seinen Chef kennen lernt!"

    Petrus

    Pinselfertigkeit war sicher auch erforderlich, um den beiden Engeln am Bogen zwischen Kirchenschiff und Chor ihre Ausstrahlung wiederzugeben.
    Der Spruch in den Bändern unter den Engeln setzt sich (vom Altar aus gesehen) von links nach rechts fort:
    "Selig sind, die Gottes Wort hören und bewahren."
    Und die Instrumente in ihren Händen sind der Gemeinde Ansporn, hier auch immer wieder schöne Konzerte erklingen zu lassen.

    Ein dritter Engel in der Kirche hat mehr zu tun, als die beiden an der Decke. Rechts neben dem Altar steht ein Engel mit einer Taufschale in der Hand - die allerdings entweder schon geklaut der vorsorglich in Sicherheit gebracht wurde.

    Früher hing er wohl mal von der Decke herab - aber entweder hat ihm das keinen Spaß mehr gemacht, oder irgendjemand kam darauf, dass auch ein Engel auf beiden Beinen stehen sollte. Jedenfalls tut er nun schon lange Zeit stehend seinen Dienst. So schlimm kann das nicht sein, bei den paar Taufen, die heutzutage anstehen...
    Zumindest lacht der Engel ganz vergnügt - wenn man ihn denn von der richtige (rechten) Seite anschaut. Der Bildhauer hat hier eine Meisterleistung verbracht:
    Von verschiedenen Seiten betrachtet, hat der Engel einen ganz verschiedenen Gesichtsausdruck - von der einen Seite sehr ernst und traurig, von der anderen Seite hingegen sehr freundlich und lustig.
    Das macht den Engel richtig sympathisch - es ist halt gut, wenn sich auch ein Engel Bodenhaftung bewahrt.

    Besuchen Sie doch einfach mal die Lindenberger Dorfkirche. Sie werden überrascht sein und viel Interessantes entdecken. Legen Sie den Besuch am besten so, dass Pfarrer Wenzel Sie durch die Kirche und in den Turm führen kann. Er wird ihnen dann auch verraten, warum es auf dem Turm nicht wie anderswo so viele Tauben gibt.
    Er hat unlängst bei einer Führung gestanden:
    "Ich habe sie alle getauft und konfirmiert - seitdem kommen sie nicht mehr."