Als die Ortschronisten im Frühjahr 2010 mit dem Bürgermeister, Herrn Gehrke, zusammen saßen, um über künftige Aktivitäten nachzudenken, wurde die Idee geboren, mal einen "Chronistentag" zu veranstalten, an dem die Ortschronisten dem interessierten Publikum ihre Dörfer vorstellen. Recht schnell musste dafür ein Termin und ein Thema gefunden werden, damit die Veranstaltung langfristig angekündigt werden kann.

Als Termin kam eigentlich nur der Herbst in Frage - denn wer setzt sich schon im Sommer in einen Vortrag, wenn er statt­dessen auch am Strand liegen kann?

Das Thema wurde erstmal nur grob abgesteckt - die Chronisten einigten sich darauf, über die Situation in den einzelnen Dörfer vor etwa 100 Jahre zu berichten und neben einem Vortrag zum Thema auch ein paar kleine Episoden aus dieser Zeit bereit zu halten. Zwei Blöcke sollte das ergeben - und davor, dazwischen und danach sollte genug Zeit für Diskussionen sein.

Über den Sommer haben die Herren gegrübelt, was man denn an einem solchen Tag zeigen und erzählen könnte. Bei einem Treffen im September wurden dann schnell Nägel mit Köpfen gemacht und das Programm verabschiedet:



14.00 Uhr:   Eröffnung und Rundgang durch die Ausstellung
14.30 - 15.30 Uhr:   „Aus den Orten“ - Vorträge der Ortschronisten
  • Paul Plume (Ahrensfelde): Mit der Bahn zum Ostkirchhof in Ahrensfelde.
  • Roland Lemke (Blumberg): Blumberg, das verschwundene Schloss.
  • Hans Meusel (Eiche): Ein 200-Seelen-Dorf wird zu einem Ort mit 5 Ortsteilen.
  • Dr. Uwe Rudorf (Lindenberg): Lindenbergs finanzielle Situation in den 20er Jahren.
  • Benedikt Eckelt (Mehrow): Mehrower Kindermilch am Berliner Ku'damm.
15.30 - 16.30 Uhr:   Kaffee- und Gesprächspause
16.30 - 17.30 Uhr:   Kleinstgeschichten aus den Orten
  • Kriminalfälle, Unfälle, dumme Zufälle, ganz außergewöhnliche Fälle u.s.w. -
    Auf alle Fälle Interessantes und Amüsantes aus der Zeit vor 100 Jahren.
17.30 - 18.00 Uhr:   Zeit für Diskussion mit den Ortschronisten

Im Amtsblatt, in den Schaukästen und hier auf der Webseite wurde zu der Veranstaltung eingeladen, in Mehrow sogar zusätzlich mit Flugblättern, da dort noch zwei andere Veranstaltungen anzukündigen waren: Die Vorführung des Robert-Stock-Films und die Historische Kinderrunde.
Die MOZ hat wunschgemäß in der "Wo? Hin!"-Beilage auf die Veranstaltung hingewiesen und aus der sehr kurzen Pressemitteilung einen richtigen Artikel für die Lokal-Ausgabe "Barnim Echo" gemacht (DANKE!).

Als der Mehrower Chronist dann am 6. November mittags beim Rathaus vorfuhr, befiel ihn in Anbetracht eines riesigen Containers mit einer Satellitenschüssel drauf die Befürchtung, dass es hier jemand etwas weit getrieben und auch das Fernsehen eingeladen hat ...
Aber nein, das war kein Übertragungswagen, sondern das "Mammo-Mobil" - eine mobile Mammographie-Station, also eher was zum Durchleuchten als zum Be- oder Erleuchten. Aufatmen war angesagt ...

Es war noch gar nicht alles aufgebaut, da füllte sich schon der Saal. Im Laufe des Nachmittags wurde es immer wieder erforderlich, Stühle heran zu schaffen, da stets neue Besucher kamen, aber niemand verschwand.

Das war genau so erfreulich wie der Umstand, dass während der Vorträge niemand eingeschlafen ist - zumindest war kein Schnarchen zu hören.
Im Gegenteil, der Herr aus Altlandsberg in der ersten Reihe, der vor den Vorträgen noch (erfolglos) mit dem Schlaf kämpfte, war später hell wach und erwies sich als ein sehr aufmerksamer Zuhörer.

Im ersten Teil der Veranstaltung ging es wie gesagt darum, kurz die fünf Dörfer vorzustellen, oder besser gesagt, einen bestimmten Zeitraum der Ortgeschichte kurz zu beleuchten. Für alle fünf Chronisten zusammen war dafür eine Stunde geplant - ein gewagtes Unternehmen, denn sicher hätte da jeder für sich eine Stunde erzählen können. Aber die Chronisten haben sich redlich bemüht und sind halbwegs in dem gesteckten Rahmen geblieben - schließlich sollte keinem die Pause genommen werden.

Denn hier bot sich den Besuchern die heutzutage fast einmalige Gelegenheit, ordentlichen Kaffee und in fast unendlicher Vielfalt ganz leckeren selbstgebackenen Kuchen für jeweils "nen Fuffzjer" zu erwerben. Die Frauen des Bürgervereins Eiche, denen diese Leckereien zu verdanken waren, haben sich wie immer ins Zeug gelegt und ihr Bestes gegeben, was mit restlos leer gegessenen Blechen honoriert wurde.

Manche haben alternativ oder zusätzlich zum Kuchengenuss auch noch was für die Gesundheit getan und vor der Tür "frische Luft" geschnappt. Dabei sind offenbar gleich den Landkreis überschreitende Freundschaften geschlossen worden.

Nicht "Kowalski trifft Schmidt" oder "Bauer trifft Kultur", sondern BAR trifft MOL ...

Wie von den Organisatoren erhofft, gab es jede Menge anregender Gespräche der Besucher mit den Chronisten und untereinander. Und auch die kleine Ausstellung von Bildern und andern Dokumenten aus den fünf Ortsteilen fand Interessenten.


Viele Besucher sind auch der Einladung gefolgt, sich in der Pause die Bilderausstellung im ersten Stock des Rathauses anzusehen. Frau Dr. Ute Licht, Ärztin und Hobby-Malerin, zeigt dort seit Anfang Oktober und noch bis Ende März 2011 Bilder und Collagen aus verschiedensten Materialien - bis hin zu rostigen Fundstücken.
Die Künstlerin war selbst da und erklärte gern den Interessierten die verschiedenen von ihr angewandten Techniken, und erzählte auch, was sie zu einzelnen Bildern inspiriert hat. Wer es an diesem Tag versäumt hat, sich die Bilder anzusehen, kann das gern noch in den nächsten Wochen während der Öffnungszeiten des Rathauses nachholen - dann gibt es aber vermutlich keinen Sekt.

Für den zweiten Teil des Nachmittags hatten die Ortschronisten in alten Zeitungen und Dokumenten geblättert und ein paar kleine, überwiegend amüsante Episoden heraus gesucht. Die sollten nun in loser Folge vorgetragen werden.

Der Vortritt wurde aber einem Ehrengast gewährt, der sich überraschend zu dem hiesigen Chronisten-Team gesellt hatte: Der Nachtwächter von Altlandsberg, alias Horst Hildenbrand. Er führt allmonatlich Einheimische und Gäste durch seine Stadt - im Nachtwächtergewand und mit einer Hellebarde in der Hand. Und so ist er auch in Ahrensfelde erschienen, um uns unter die Arme zu greifen - einen eigenen Nachtwächter können wir uns ja nicht leisten.
Er konnte erzählen, wie nach Auffassung einiger Altlandsberger Schüler, die sich in einer Projektwoche Gedanken darüber gemacht haben, der Storch auf den Storchenturm am Strausberger Tor gekommen ist.



Während wie schon in der Pause in einer Endlosschleife alte Bilder aus den Ortsteilen über die Leinwand flimmerten, erzählten die Ortschronisten anschließend, was ihnen bei dem Zeitungs- und Aktenstudium in die Finger geraten ist: Von Feuerwehrmännern, denen der Spiritus mit Kümmel nicht bekam, von noblen Alimente-Prellern, von einem Lehrer, der drei Generationen unterrichtet hat, von der Frau, die beim Pferderennen Feuer und Flamme war usw. Und auch von Manövern zwischen Mehrow und Altlandsberg.

Das sah nach einer geheimen Absprache aus, aber es war wirklich keine:
Kaum hatte der Mehrower Ortschronist mit einem Bericht über ein Manöver von 1894 geendet, bei dem der Feind aus Altlandsberg kam, da erhebt sich in der ersten Reihe Herr Professor Dr. Hartmut Niedrich, der Vorsitzende des Altlandsberger Heimatvereins. Und statt sich für den Angriff auf unser Dorf feierlich zu entschuldigen, schiebt er noch eins nach: Er greift das gerade frisch aus dem Druck gekommene, von ihm verfasste Heftchen mit dem Titel
Kurzgeschichten zu Begebenheiten und Besonderheiten aus der geschichtsträchtigen Vergangenheit der Stadt Altlandsberg
und trägt den dort auf Seite 60 abgedruckten Bericht über eine "Stippvisite des Königs, als bei Altlandsberg 1843 die Verteidigung Berlins geprobt wurde" vor.

Aber auch damals, 50 Jahre vor unserem Beitrag, ist der aus Altlandsberg in Richtung Berlin rückende Feind nicht weit gekommen. Bei Mehrow und Eiche war Schluss!
Und König Friedrich Wilhelm IV und der Zar Nikolaus von Russland waren Zeuge!
Allein diese Schilderung ist es wert, sich das beim Heimatverein erhältliche Heftchen für 'nen knappen Fünfer zuzulegen - aber da sind noch über 60 weitere Geschichten, die allesamt unheimlich interessant und sehr unterhaltsam geschrieben sind.

Zum Schluss gab's vom Nachtwächter noch ein Gedicht, vom Publikum ein freundliches Nicken und Klatschen, vom Bürgermeister ein Dankeschön und für die Presse ein Foto:

Die Ortschronisten und ihr Ehrengast, v.l.n.r: Dr. Uwe Rudorf (Lindenberg), Roland Lemke (Blumberg), Hans Meusel (Eiche), Horst Hildenbrand (Altlandsberg), Paul Plume (Ahrensfelde), Benedikt Eckelt (Mehrow)

Dank gesagt sei an dieser Stelle nicht nur den Ortschronisten und den Altlandsberger Kollegen, die sich eingemischt haben, sondern auch den fleißigen Helfern im Stillen, allen voran Daniela Müller aus der Gemeindeverwaltung, die den Nachmittag maßgeblich vorbereitet hat, und Steffi Domes, die bei der Durchführung fleißig und umsichtig half.
Ganz besonderer Dank haben auch die Damen vom Bürgerverein Eiche verdient, die mit ihrem leckeren Kaffee und Kuchen dafür gesorgt haben, dass niemand heimlich nach Hause verschwinden musste, um dort gemütlich Kaffee zu trinken.
Ein Dankeschön gilt natürlich auch unserem Bürgermeister, der nicht nur bereitwillig "sein" Haus zur Verfügung gestellt hat, sondern auch stets die Ortschronisten zu solchen Aktivitäten motiviert. Und ganz besonderen Dank haben die Gäste verdient, die zahlreich gekommen waren und so großes Interesse gezeigt haben. Bis zum nächsten Mal!