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... Schon so manch fesselnden Ort, so manch interessantes Gelände lernten wir auf unseren Streifzügen durch die Mark kennen und immer wieder fanden wir Neues, Wissens- und Bemerkenswertes. So auch in dem landschaftlich und historisch gleich reich bedachten Landstrich, in den uns unsere Fahrzeuge tragen, wenn wir von der Schwelle der Reichshauptstadt hinauflenken in den Nordosten Brandenburgs, in das Gelände der Neumark.
So vielversprechend uns der Ausflug geschildert wurde, so wenig ermutigend gestaltete sich der Anfang. Durch die endlose Greifswalder-Strasse geraten wir auf die, jeder Beschreibung spottende Königschaussee, an deren Ende, da wo sie in die anschliessende Berlinerstrasse übergeht, das alte Dorf Weissensee mit seinem am gleichnamigen See errichteten Schlosse liegt. Letzteres ist ein großer, zweiflügliger Kasernenbau und wurde mit dem grossen „Schlosspark“ Mitte der achtziger Jahre zu einem Vergnügungslokal grösseren Stils umgewandelt. |
Weiterhin in der Berliner Strasse finden wir noch die mit ihrem Garten an den See stossende „Seeterrasse“ und ihr gegenüber auf einem Hügel die von einem kleinen Friedhof umgebene Dorfkirche, ein Feld- und Backsteinbau im gotischen Stil aus dem 14. Jahrhundert. | ||
Für den Verkehr nach Norden war Weissensee einst eine sehr benutzte Durchgangsstation, die 1806 von den durchmarschierenden Franzosen mehrfach gründlich ausgeplündert wurde. Als das geflüchtete Herrscherpaar 1809 von Königsberg zurückkehrte, wurde ihnen hier der erste Empfang bereitet.
Im rechten Winkel biegen wir bei der Kirche auf die sonnenbestrahlte, landschaftlich wenig anziehende und durch die ausströmenden Dünste der umgebenden Rieselfelder *) geradezu unpassierbar gemachte Chaussee nach Falkenberg ein, einem schon Mitte des 14. Jahrhunderts der Stadt Berlin gehörigen Gute, das 1791 an die Majorin von Humboldt überging. Das Interessanteste in dem Dorfe ist die alte Kirche mit der Mumiengruft. Im Erdgeschoss errichtet, birgt das Erbbegräbnis die Leichen des Elternpaares der berühmten Gebrüder Wilhelm und Alexander von Humboldt. |
Bis nach Ahrensfelde begleiten uns noch die Wohlgerüche der Rieselfelder, dann wenden wir uns trotz des recht hügligen Terrains, mit erleichtertem Aufatmen dem ehemaligen, schon im 13. Jahrhundert genannten Städtchen der Bischöfe von Brandenburg, dem jetzigen Dorfe Blumberg zu, das mit seinem stattlichen Schlosse der Grafen Arnim, mit dem umliegenden, schönen, nach Anfrage beim Gärtner zugänglichen Parke, sowie vor allem mit seiner alten, gotischen Kirche eine Sehenswürdigkeit ist. Letztere, ein restaurierter Granitquaderbau, birgt zahlreiche Erinnerungen an frühere Gutsherren, unter anderen Trauerfahnen des 1636 verstorbenen Kanzlers von Löben und seines Sohnes, Portraits und Marmorgrabsteine der Herren von Canitz, Canstein, Goldbeck und anderer mehr. |
Durch das kleine am Haus-See, gegnüber der Domaine Löhme gelegene Dorf Seefeld, gelangen wir nach flotter Fahrt nach dem freundlichen Städtchen Werneuchen **), das durch seinen, als märkischen Dichter vielgenannten Pfarrer F. W. A. Schmidt, allgemeiner als Schmidt von Werneuchen bekannt, im Anfange des Jahrhunderts von sich Reden machte. Seinem einfachen Grabhügel mit dem gusseisernen Kreuze, an der Südwestecke der neuen hübschen Kirche statten wir um so lieber einen Besuch ab, weil Schmidt von Werneuchen, als geborener Märker, in seinen Dichtungen in nie zu bekittelnder Echtheit die märkische Natur beschrieb und den Ton schlichter Gemütlichkeit traf. ...
Hinter Werneuchen beginnt ein prächtiges Gebiet für den Wanderfahrer; hier in grünem Walde, unter duftenden Kiefern und schattenspendenden Buchen, am Birken bestandenen Ufer leuchtender Seen führt uns die Mark ihre Reize vor, die sich freilich nicht aufdrängen, sondern gesucht sein wollen. ... |
*) Es empfiehlt sich, den ersten Teil des Ausflugs bis Ahrensfelde, Blumberg oder Werneuchen mit der Bahn zurückzulegen. [Anm.: Die Rieselfelder wurden um 1884 errichtet, sh. https://de.wikipedia.org/wiki/Falkenberger_Rieselfelder]
**) Werneuchen ist z. Z. Endstation der Berlin - Wriezener Eisenbahn.
[Anm.: Am 1. Mai 1898 ging der ... Abschnitt von Lichtenberg-Friedrichsfelde nach Werneuchen in Betrieb, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Berlin-Wriezen] |
Ein herzlicher Dank an Olaf Manthey (Blumberg), der dieses Buch im Internet gefunden hat! |