Beiträge aus der Zeitung für Nieder-Barnim von 1891 (32. Jg.),
gefunden im „Zentrum für Berlin-Studien“ der Zentral- und Landesbibliothek Berlin auf Mikrofilm.
[Nr. 1-139 (1.1.-6.9.), 188-201 (1.12.-29.12.)]


Oranienburg, Donnerstag, den 8. Januar 1891 (Nr. 5), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Köpenick. Mit dem neuen Jahr ist das Gesellschaftshaus der Spindler'schen Fabrik in Benutzung genommen worden. Dasselbe enthält zunächst einen großen Saal, welcher mehr als 2000 Personen fassen dürfte. In diesen mündet eine Anzahl kleinerer Räume für abgeschlossene Zirkel. Endlich hat das Erdgeschoß auch eine mit allen Neuerungen ausgestattete große Küche. Zweck des Gesellschaftshauses ist, den Arbeitern und Beamten der Spindler'schen Fabrik, welche nicht Gelegenheit haben, in ihrer Wohnung zu Mittag zu speisen, einen billigen, nahr- und schmack­haften Mittagstisch zu bieten und ihnen Gelegenheit für gesellige Zusammenkünfte zu geben. Der Oekonom des Gesellschaftshauses erhält ein festes Gehalt, während das geschäftliche Risiko vom Erbauer, dem Kommerzienrat W. Spindler, getragen wird.


Oranienburg, Sonnabend, den 10. Januar 1891 (Nr. 6), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Kaulsdorf. Einen recht trüben Jahresschluß hatte der Gastwirt Ziegler hierselbst, indem seine beiden Pferde am Silvesterabend infolge eines durch die Explosion der Stalllaterne entstandenen Feuers im Stalle erstickt sind.


Oranienburg, Sonnabend, den 24. Januar 1891 (Nr. 14), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Weißensee. Die Zigeunerbande Petermann ist im hiesigen Orte ansässig geworden. Wie mitgeteilt wird, hat der so berühmt gewordene Zigeunerhauptmann, welcher mit seiner Bande seit etwa einem Jahr sich in den Vororten von Berlin aufhält, in der Schönstraße hierselbst ein Grundstück gegen Barzahlung gekauft und andere Mitglieder seiner Truppe haben hier einen Laden gemietet und in demselben eine ganz flott gehende Pferdeschererei errichtet.


Oranienburg, Sonntag, den 25. Januar 1891 (Nr. 15), Allgemeinde Rundschau

(Berliner Chronik.) In der Angelegenheit betreffend die Errichtung elektrischer Bahnen in den Straßen Berlins hat der Magistrat einen prinzipiell recht wichtigen Beschluß in seiner jüngsten Sitzung gefaßt. Danach will der Magistrat keinerlei Straßenbahnen mehr konzessionieren. welche entweder auf Pfeilern ec. stehen (Hochbahnen) oder zu ihrem Betriebe, wenn auch im Straßen­niveau, Ständer oder dergl. am Damm oder am Bürgerstein bedürfen. Die letztgedachten Leitungen sind, wie die Vorgänge aus den Vereinigten Staaten lehren, oft sogar lebensgefährlich für Tiere und Menschen, zumal wenn sie durch einen Unfall (z. B. Anfahren eines Wagens) beschädigt worden.


Oranienburg, Sonntag, den 1. Februar 1891 (Nr. 19), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Biesdorf. Einen erbitterten Kampf auf Leben und Tod hatte der Förster Seeger in einer der letzten Nächte mit einem Wilddiebe zu bestehen, welcher auf der Biesdorf-Friedrichsfelder Grenze auf Anstand sich befand und von Herrn Seeger überrascht wurde. Die Gewandtheit und zähe Körperkraft des S. siegte aber schließlich über den verwegenen Wilderer, welcher auf den Förster bereits angelegt hatte. Der zur Haft gebrachte Frevler ist der 49jährige, wegen Wilddieberei schon mehrmals vorbestrafte Zimmermann Adolf Brachmann aus Köpenick.


Oranienburg, Sonnabend, den 7. Februar 1891 (Nr. 22), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Köpenick. Dem Neubau der hiesigen Langen-Brücke über die Dahme schließt sich der Neubau der Damm-Brücke an; ersterer kostet 317000 M., letzterer 260000 M.


Oranienburg, Dienstag, den 17. Februar 1891 (Nr. 28), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Kaulsdorf. Dem Gendarm Reich gelang es am 10. d. Mts., wiederum zwei Berliner Vogelfänger dingfest zu machen und ihnen die zu ihrem unsauberen Handwerk benutzen Gerätschaften fortzunehmen, sowie dem Lockvogel, einem niedlichen Zeisig, die Freiheit wiederzugeben. Die Festgenommenen wurden vorläufig entlassen und die Anzeige der Königlichen Amts-Anwaltschaft zur weiteren Veranlassung übersandt.


Oranienburg, Dienstag, den 24. Februar 1891 (Nr. 32), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Oranienburg. Im Brandenburgischen Provinziallandtag berichtete am Sonnabend Abg. von Bethmann-Holweg namens der vorberatenden Kommission über die Vorlage betr. die Teilung des Kreises Niederbarnim. Diese Vorlage hat bekanntlich bereits am 22. Januar den Kreistag des Kreises Niederbarnim beschäftigt und derselbe hat sich einstimmig gegen die Teilung in einen Nord- und Ostkreis ausgesprochen. ...


Oranienburg, Donnerstag, den 26. Februar 1891 (Nr. 33), Allgemeine Rundschau

Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1890 hatte der preußische Staat an diesem Tage 29 957 302 ortsansässige Einwohner ... Stadtkreis Berlin 1 579 244, Brandenburg 2 542 401 ...
Im Regierungsbezirk Potsdam ist die Einwohnerzahl seit 1885 von 1 226 120 auf 1 404 960 ... gestiegen, also um 14 %. Eine höhere Bevölkerungszunahme hat in Preußen nur der Stadtkreis Berlin mit 20% aufzuweisen.


Oranienburg, Dienstag, den 3. März 1891 (Nr. 36), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Köpenick. Wie stark der Andrang zum Lehrerberufe in unserer Provinz ist, davon zeigt die vor einigen Tagen am Schullehrer-Seminar stattgehabte Aufnahmeprüfung. Es hatten sich 102 junge Leute im Alter von 17-20 Jahren gemeldet. Von ihnen konnte nur 42 das Zeugnis der Reife für die Aufnahme in ein Seminar erteilt werden.


Oranienburg, Donnerstag, den 5. März 1891 (Nr. 37), Allgemeine Rundschau

(Berliner Chronik.) Die Einführung des 20 Minuten-Verkehrs auf der Stadtringbahn wird, wie eine Lokalkorrespondenz aus angeblich zuverlässiger Quelle erfahren haben will, erst mit dem 1. Oktober d. J. und bis auf weiteres auch nur für bestimmte Strecken stattfinden. Da bei dem sich stetig steigernden Güterverkehr auf dem Nord- und Südring eine größere Anzahl Züge gegenwärtig nicht kursieren kann, der Bau des dritten und vierten Gleises aber infolge ungünstiger Witterungsverhältnisse sehr im Rückstand geblieben ist, wird zum obengenannten Termin der 20-Minuten-Verkehr nur auf der Strecke Stralau - Rummelsburg - Gesundbrunnen eröffnet werden. Von ersterer Station an bis nahe dem Bahnhof Gesundbrunnen sind die neuen Gleise schon gelegt und zum Teil auch schon in Betrieb genommen.


Oranienburg, Donnerstag, den 5. März 1891 (Nr. 37), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Am 3. März früh ist auf der Bahnstrecke bei Buch ein Eisenbahnbeamter gräßlich verstümmelt tot aufgefunden worden. Demselben sind beide Beine und Arme abgefahren worden. Jedenfalls ist der Mann, dessen Persönlichkeit noch nicht hat festgestellt werden können, bei der Fahrt eines Nachtzuges verunglückt.

Köpenick. Am Montag ist die hiesige katholische Schule durch die Polizeiverwaltung geschlossen worden, weil der „Germ.“ zufolge der Lehrer dem am 23. Februar ergangenen Auftrag der Polizei nicht entsprochen hatte, binnen acht Tagen geeignetere Klassenzimmer für die Schule zu beschaffen.


Oranienburg, Sonnabend, den 7. März 1891 (Nr. 38), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Ueber den Unglücksfall, welcher sich auf der Bahnstrecke bei Buch zugetragen hat, wird nachträglich bekannt, daß der Verunglückte als der Bremser Lück aus Eberswalde rekognosziert worden ist, welcher den um 11 Uhr abends hier durchpassierenden Güterzug bedient hat. Der Verunglückte hinterläßt Frau und 4 unversorgte Kinder.


Oranienburg, Sonntag, den 8. März 1891 (Nr. 39), Allgemeine Rundschau

(Berliner Chronik.) Der Ausschuß der Stadtverordneten-Versammlung für die Magistratsvorlage, betr. die Errichtung einer Heimstätte in Malchow für Genesende beiderlei Geschlechts, welche in städtischen Krankenhäusern an Tuberkulose behandelt wurden, hat Donnerstag unter Vorsitz des Stadtverordneten-Vorstehers Dr. Stryck auf Antrag des Stadtv. Virchow beschlossen, sich mit dem Entwurfe einverstanden zu erklären ...


Oranienburg, Sonntag, den 22. März 1891 (Nr. 47), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Blumberg. Die Schlägerei, welche am 1. März v. J. bei der Reichstags-Stichwahl hierselbst stattfand und bei welcher einige Sozialdemokraten arg mißhandelt waren, bildete die Unterlage einer Anklage wegen Beleidigung des Landrats Scharnweber, welcher den Dreher Joachim Georg Schrader am Freitag vor die dritte Strafkammer des Berliner Landgerichts I. führte. Die Beteiligten waren am 14. März ins Büreau des Landratsamtes zur Vernehmung beschieden worden und dabei soll der Angeklagte nach der Bekundung des Sekretärs geäußert haben: „Der Blumberger Ueberfall ist vorher geplant worden und zwar mit landrätlicher Genehmigung.“ ... Der Angeklagte bestritt die Aeußerung in der angegebenen Form und behauptete, daß er seine Bemerkung nur auf die Thatsache gemacht habe, daß in Blumberg eine Sicherheitspolizei gebildet worden sei und daß auf Anordnung des Landrats Leute aus dem Kriegerverein, welche eine weiße Binde um den Arm trugen, zur Aufrechterhaltung der Ordnung angetreten seien. Der Staatsanwalt beantragte 6 Wochen Gefängnis. Der Gerichtshof sah den Inhalt der Anklage durch die Verhandlung als erwiesen an, erkannte jedoch auf Freisprechung ...


Oranienburg, Dienstag, den 24. März 1891 (Nr. 48), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Rüdersdorf. Die Berginspektion des Rüdersdorfer Kalkberge hat mit Genehmigung des Ministers eine erhebliche Summe in den Etat pro 1891/1892 eingestellt zum Ankauf von Ländereien und zur Errichtung von Arbeiter-Wohngebäuden auf denselben um hierdurch seßhafte Arbeiter heranzuziehen.


Oranienburg, Donnerstag, den 9. April 1891 (Nr. 55), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Weißensee. Ein Riesenbär, Garibaldi mit Namen, ist durch Pulver und Blei vom Leben zum Tode gebracht worden. Besagter 'Garibaldi' war ein wertvolles Schaustück der zur Zeit in dem genannten Vorort und zwar vor dem Schloß Sternecker weilenden Wander-Menagerie von Charles Kron. Das von Kron aufgezogene Tier nahm mit der Zeit solche Riesendimensionen an, daß es für den Besitzer unbequem wurde und dieser sich entschließen mußte, sich des Bären durch Verkauf oder Tötung zu entäußern. Da der Kurs für Bären auf dem Tiermarkt augenblicklich ein sehr flauer ist, so wurde das Todesurteil über Meister Braun gesprochen und vorgestern 'vor Freunden und Liebhabern gegen Entree' durch einen Berliner Nimrod vollstreckt. Derselbe feuerte auf den in dem Gitterkäfig ahnungslos sitzenden Bären aus einer Büchse, die Kugel drang dem Bähren ins Gehirn und veranlaßte den sofortigen Tod. Wie eine Lokalkorrespondenz mitteilt, soll der Inhaber einer bekannten Restauration ersten Ranges Unter den Linden das erlegte Tier zur kochkünstlerischen Verarbeitung erworben haben.


Oranienburg, Sonnabend, den 11. April 1891 (Nr. 56), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Weißensee. Der bekannte bisherige Zigeunerhauptmann Petermann, dessen Thaten und Fahrten im vergangenen Sommer viel von sich reden machten, hat seinen Posten als Führer der „Pferdezigeuner“ niedergelegt und ist Weißenseer Bürger geworden. Sein Nachfolger in der Hauptmannschaft der Zigeunertruppe ist ein gewisser Bartusch, der bereits die Führung der „Pferdezigeuner“ übernommen hat.


Oranienburg, Sonntag, den 12. April 1891 (Nr. 57), Allgemeine Rundschau

(Berliner Chronik.) Der Polizeipräsident hat versuchsweise angeordnet, daß die Erlaubnis zum Befahren der Bürgersteige ec. mit Kinderwagen künftighin für alle Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahre ohne ärztliche oder amtsärztliche Bescheinigung auf mündlichen Antrag von den Vorständen der hiesigen Polizeireviere erteilt werden soll. ...


Oranienburg, Sonntag, den 12. April 1891 (Nr. 57), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Oranienburg. Nächsten Mittwoch Abend 8 Uhr findet im Brederek'schen Saale eine Vorführung und Erklärung des echten Edison'schen Phonographen statt. ...


Oranienburg, Donnerstag, den 30. April 1891 (Nr. 66), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Am Sonntag Nachmittag gegen 5 Uhr wurden in östlicher Richtung unserer Stadt starke Rauchwolken wahrgenommen. Dieselben rührten von einem Schadenfeuer im Dorfe Weesow her, woselbst eine dem Bauerngutsbesitzer Liesegang gehörige Scheune und ein Stall niedergebrannt ist. Ein bei dem p. Liesegang bediensteter Knecht soll wegen mutmaßlicher Brandstiftung verhaftet worden sein.


Oranienburg, Sonnabend, den 2. Mai 1891 (Nr. 67), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Das Hussitenfest wird hier in üblicher Weise am Montag, 4. Mai, gefeiert werden.


Oranienburg, Donnerstag, den 7. Mai 1891 (Nr. 70), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Das diesjährige Hussitenfest wurde am vergangenen Montag vom schönsten Wetter begünstigt, wieder in hergebrachter Weise gefeiert. Bei der Prozession nach und von der St. Georgen-Kapelle und bei dem Gottesdienste fand diesmal eine ausnahmsweise starke Beteiligung statt. Auch das Publikum nahm an der Feier regen Anteil und war der Weg bis zur Kapelle an beiden Seiten dicht mit Menschen gefüllt. - Nachmittags fanden wieder die beliebten Waldpartien statt und und zwar ebenfalls unter reger Beteiligung.

Marzahn. Ueber ein seltenes Jagdergebnis wird folgendes berichtet: Beim Treiben auf Rehbock am 1. d. Mts. erschienen plötzlich zwei Füchse. Dieselben wurden vom Banquier Herrn J. und seinem Jäger gestreckt. Der von dem ersteren erlegte Fuchs hatte einen frisch gefangenen alten Hasen im Rachen. ...


Oranienburg, Donnerstag, den 9. Juni 1891 (Nr. 89), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Hoppegarten. Ein Betrug beim Totalisator ist hier am Freitag mit Erfolg versucht worden. Drei Leute, die an den Wetten sich beteiligten, haben mit Blut die Ziffer auf den Karten zu ihrem Gunsten verändert; die Täuschung gelang und es wurde ihnen auf die gefälschten Billets eine Gewinnsumme von 1200 M. ausgehändigt. Als der Schwindel entdeckt wurde, war es nicht mehr möglich, der Thäter habhaft zu werden.


Oranienburg, Sonntag, den 14. Juni 1891 (Nr. 91), Allgemeine Rundschau

(Berliner Chronik.) Die große Berliner Pferdebahn-Gesellschaft stellt demnächst eine neue Art von Sommerwagen in den Betrieb ein. Der erste dieser Wagen, der am Freitag Mittag zur Ueberlieferung durch das nördliche Berlin gefahren wurde, erregte wegen seiner Einrichtung Aufsehen. Der Wagen ist vollständig offen und nur von einem auf schlanken Pfeilern ruhenden Dache überspannt. Quer durch den Wagen ziehen sich vier einseitige und hinten und vorn je eine zweiseitige Bank. Jede Bank ist nur von dem Trittbrette aus zu erreichen, welches auf beiden Seiten des Wagens, wie bei der Eisenbahn, von einem Ende zum andern entlangführt. Die Ausstattung des Wagens ist geschmackvoll und zweckentsprechend.


Oranienburg, Dienstag, den 14. Juli 1891 (Nr. 108), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Kaulsdorf. Ein schweres Bauunglück führte den Bauunternehmer Friedrich Hermann Schäfer aus Berlin unter der Anklage der fahrlässigen Tötung vor die erste Strafkammer am Landgericht II. Der Angeklagte hatte es übernommen, auf dem Terrain einer neuen Ziegelei bei Kaulsdorf 85000 Kubikmeter Sand auszuschachten, um das Thonlager freizulegen. Zu diesem Zwecke wurde eine schmalspurige Eisenbahn angelegt. Das Geleise führte über einen Hügel von beträchtlicher Höhe, und um den Transport der Sandmassen zu erleichtern, wurde ein Einschnitt in den Kamm des Hügels gemacht. ... Bei dieser Arbeit war am 24. Oktober zu nahe an die Schienenschwellen herangegraben worden. Eine Lowry kippte um und brachte den ganze Zug zum Entgleisen. Bis auf einen vermochten sämtliche Arbeiter bei Seite zu springen und sich dadurch vor den stürzenden Erdmassen, Schwellen, Schienen und Wagen zu schützen. ...


Oranienburg, Donnerstag, den 16. Juli 1891 (Nr. 109), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Alt-Landsberg. Eine Krankheit, das sogenannte rote Feuer, grassiert zur Zeit äußerst stark unter den Schweinen in der ganzen Umgegend. Aus einem Dorfe der Strausberger Gegend sollen in den letzten Tagen 16 gefallene Borstentiere vom Abdecker geholt sein.


Oranienburg, Dienstag, den 21. Juli 1891 (Nr. 112), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Weißensee. Große Wassersnot herrschte während des starken Gewitterregens am Freitag Nach­mittag in Berlin da, wo die Leder- und die Friedrichstraße zusammen kommen, Der unaufhörliche Regen ließ solche Mengen Wasser an der hier tiefliegenden Stelle zusammenfließen, daß in den Kellern und auf der Straße das Wasser drei Fuß hoch stand. Von der Papierfabrik des Herrn Flinsch, die sich dort befindet, wurde gegen vier Uhr die Berliner Feuerwehr erbeten. Da auch Menschenleben gefährdet waren, wurde sofort mit der großen Dampfspritze ausgerückt. Letztere hatte, der „Post“ zufolge, bis lange nach Mitternacht zu pumpen, um das Wasser zu entfernen.


Oranienburg, Sonnabend, den 25. Juli 1891 (Nr. 114), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Blumberg. Eines störrigen Ochsengespannes wegen haben sich in dem Dorfe Blumberg bei Berlin zwei Menschen nacheinander das Leben genommen. Rittergut Blumberg besitzt unter anderen ein Paar Zugochsen, die höchst störrig sind und ihrem Kutscher viel Aergernis bereiten. Nachdem sich vor einiger Zeit der Führer dieses Gespannes, weil er, wie eine Berliner Lokalkorrespondenz berichtet, nicht im Stande war, die Ochsen zu leiten, ertränkt hatte, hängte sich vorgestern Mittag der Nachfolger des Selbstmörders, der siebzig Jahre alte Arbeiter Lampe, im Stall auf.


Oranienburg, Sonntag, den 2. August 1891 (Nr. 119), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Friedrichshagen. Eine originelle Lotterie wurde im Sommer des Jahres 1810 veranstaltet. Den Spielgewinn bildete das nicht weit von Friedrichshagen belegene Rittergut Dahlwitz. Als Reklame für diese Lotterie waren Stahlstiche ausgegeben worden, auf denen das Herrenhaus des Rittergutes mit seiner Umgebung abgebildet war. Darunter stand folgendes: „Dahlwitz, zwei Meilen von Berlin, als Hauptgewinn der großen vereinigen Güterlotterie, ist deshalb hier in Kupfer gestochen, um dem spiellustigen Publikum von dieser ganz reellen Ausspielung soviel als möglich Ueberzeugung zu geben.“ In Klammern standen daneben die Worte: „Von einem so schönen Gute sich zu trennen, können nur die Folgen eines so unglücklichen Krieges gebieten.“

Ruhleben. Der Auswandererbahnhof bei Ruhleben soll zum 15. August seiner Bestimmung übergeben werden. Er besteht aus drei großen Wellblechbaracken. Die ganze Bahnhofsanlage wird mit einem hohen Bretterzaun umgeben.


Oranienburg, Dienstag, den 4. August 1891 (Nr. 120), Allgemeine Rundschau

(Berliner Chronik.) Die Berliner Radfahrer haben beim Polizeipräsidium eine Erweiterung ihrer Befugnisse zum Gebrauch des Zweirads für dreizehn Straßen erbeten. ...


Oranienburg, Dienstag, den 4. August 1891 (Nr. 120), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Wannsee. Die Zigeunertruppe Petermann aus Weißensee führt ein Kind mit sich, welches allem Anscheine nach geraubt ist. Das Kind ist am Sonntag noch in Beelitzhof bei Wannsee gesehen worden, war etwa 3 Jahre alt und hatte glattes, blondes Haar. ...


Oranienburg, Sonnabed, den 8. August 1891 (Nr. 122), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Köpenick. Die Zigeunerbanden, die sich in der Umgegend Berlins umhertreiben, werden immer dreister. Jetzt haben sie sich auch in den Waldungen der Oberspree eingenistet, von wo aus sie auf die Dörfer gehen, um sich Brot zu verschaffen.

Pankow. Daß eine ganz eigenartige Industrie hierselbst blüht, eine Industrie, welche etwa 350 Arbeiterinnen beschäftigt, dürfte noch wenig bekannt sein. Es ist dies die Fabrikation sogenannter Haussegen, deren Erzeugnisse nach fast allen Ländern der Welt ausgeführt werden. ...


Oranienburg, Dienstag, den 11. August 1891 (Nr. 124), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Dahlwitz. In unserem Orte wird jetzt an einer Leichenhalle gebaut, welche der Besitzer des hiesigen Gutes, Herr von Treskow, der hiesigen Gemeinde schenkt. Die Leichenhalle wird ähnlich wie die in Neuenhagen aussehen.


Oranienburg, Dienstag, den 25. August 1891 (Nr. 132), Allgemeine Rundschau

Der Gesetzentwurf betr. die Bekämpfung des Mißbrauchs geistiger Getränke wird demnächst dem Bundesrat zugehen und diese Körperschaft sofort beschäftigen.

(Berliner Chronik.) Die kürzlich auch von uns wiedergegebene Meldung eines Berichterstatters [siehe unten], daß die neue städtische Irrenanstalt in Lichtenberg schon in etwa vier Wochen werde in Betrieb genommen werden können, wird jetzt von berufener Seite dahin berichtig, daß die Anstalt nicht vor Ende 1892 zum Betriebe fertig gestellt sein werde.


Oranienburg, Dienstag, den 25. August 1891 (Nr. 132), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Marzahn. Bei dem am Sonntag voriger Woche hierselbst stattgefundenen Bauern-Rennen ereignete sich ein beklagenswerter Unglücksfall. Ein junger Mann aus Hoppegarten stürzte, als er fast das Ziel erreicht, mit seinem Pferde gegen eine Fahnenstange. Dabei kam er so unglücklich zu Falle, daß das Pferd über ihn hinwegging und ihm mit dem Hufe in das Auge trat. Die hierbei erlittene Verletzung ist eine so schwere, daß sofort ein Arzt hinzugerufen und ein Notverband angelegt werden mußte.

Lichtenberg. Die neue städtische Irrenanstalt hierselbst ist soweit vollendet, daß sie in etwa 4 Wochen in Betrieb genommen werden kann. Schon jetzt hat es sich freilich herausgestellt, daß mit der neuen, für 1200 Personen bestimmten Anstalt dem Bedürfnis bei weitem noch nicht genügt ist. Das Haus wird schon bei seiner Eröffnung nahezu ganz besetzt sein, ein starkes Kontingent stellen allein diejenigen Irren, die jetzt auf städtische Kosten unter oft recht mißlichen und ungünstigen Verhältnissen in Familien oder mit erheblichen Geldaufwand in Privatanstalten untergebracht sind. Auch die Biesdorfer Anstalt für Epileptische wird kaum auf längere Dauer den Raumanforderungen genügen.


Oranienburg, Donnerstag, den 27. August 1891 (Nr. 133), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Malchow. Wie eine Lokalkorrespondenz berichtet, ist auf dem städtischen Rieselgute Malchow eine Typhusepidemie ausgebrochen, die vorläufig auf das Grundstück der Schneidermeisters Föls beschränkt ist. ... Nach weiteren Untersuchungen fand sich auf dem Grundstücke des Föls eine sehr erhebliche Dungmenge in nächster Nähe des Brunnens aufgestapelt und es scheint eine Verjauchung des letzteren dadurch sehr möglich. Der Kreisphysikus Dr. Philipp ist mit der Untersuchung des Brunnenwassers beschäftigt, hat den Brunnen selbst schließen und die Reinigung des Hofes vornehmen lassen.


Oranienburg, Sonntag, den 6. September 1891 (Nr. 139), Allgemeine Rundschau

(Berliner Chronik.) Das Projekt einer Gürtelbahn um Berlin, welche die kleinen Städte der Kreise Teltow und Niederbarnim verbinden und sämtliche von Berlin ausstrahlenden Eisenbahnlinien in einer Entfernung von etwa 5 Meilen von der Hauptstadt durchschneiden soll, gewinnt greifbare Gestalt. Es sind jetzt, wie die „Deutsche Verkehrszeitung“ mitzuteilen weiß, sämtliche Pläne zu einer normalspurigen Industriebahn von Königs-Wusterhausen über Schenkendorf, Gallun und Motzen nach Töpchin (im Teltower Kreise) ausgearbeitet und bereits dem Ministerium vorgelegt worden. Diese neue normalspurige Bahn entspricht einem Teile der geplanten neuen Ringbahn. ...


Oranienburg, Dienstag, den 8. Dezember 1891 (Nr. 192), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Bernau. Am vergangenen Donnerstag wurde der letzte Veteran der Freiheitskriege aus dem Kreise Niederbarnim, Herr C. F. Lorenz hierselbst, mit kriegerischen Ehren zur letzten Ruhe bestattet. Mit ihm ist wieder einer dahin von den wenigen Kämpfern, die noch übrig sind aus jener denkwürdigen Zeit, da unser Volk für seinen König und sein Vaterland wie ein Mann aufstand, das Joch des fremden Eroberers abschüttelte. Der Verstorbene ist 1799 geboren und hat schon als 16jähriger Jüngling an dem Kriege des Jahres 1815 teilgenommen. Trotz der großen Strapazen, die er so in der Jugend durchgemacht, hat er ein sehr hohes Alter erreicht und bis an sein Ende körperliche und geistige Frische bewahrt. Vor zehn Jahren war es Herrn Lorenz noch vergönnt gewesen, mit seiner ihm inzwischen in den Tod vorausgegangenen Gattin das seltene Fest der goldenen Hochzeit zu feiern.

Weißensee. Auf dem jüdischen Friedhofe hierselbst hat sich am Grabe seiner Mutter Mittwoch Abend ein noch junger Mann namens James F., bisher in der Chausseestraße 51 wohnhaft, erschossen. Bei dem Toten fand man einen an seinen Bruder gerichteten Brief vor, in dem er den Selbstmord damit motiviert, daß er an einer unheilbaren Krankheit leide.


Oranienburg, Donnerstag, den 10. Dezember 1891 (Nr. 193), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Malchow. Von ruchloser Hand wurden in der Nacht zum Montag 24 junge Obstbäume, welche erst kürzlich auf der Chaussee zwischen Weißensee und dem städtischem Rieselgute Malchow angepflanzt waren, teils durchbrochen, teils durchschnitten. Leider ist es trotz sofort aufge­nommener Recherchen noch nicht gelungen, die schändlichen Uebelthäter zu ermitteln.


Oranienburg, Sonnabend, den 12. Dezember 1891 (Nr. 194), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Oranienburg. Eine öffentliche Kreistagssitzung ... findet am Montag, 14. Dezember, ... statt. Zur Beratung und Beschlußfassung kommen u.a. die Teilung der Amtsbezirke Pankow und Stralau und die Erbauung einer Kreischaussee von der Berlin - Rummelsburg - Köpenicker Chaussee und der Anschlußchaussee an die Brücke über die Spree bei Oberschöneweide über Karlshorst und Friedrichsfelde bis zur Chaussee Berlin - Alt-Landsberg in der Nähe von Marzahn.

Strausberg. In Alt-Landsberg ist am 7. Dezember die Auflassung der für den Bahnbau von Bahnhof Strausberg nach Herzfelde angekauften Ländereien erfolgt. Im ganzen sind für den Ankauf 45000 M. verausgabt worden.


Oranienburg, Donnerstag, den 24. Dezember 1891 (Nr. 201), Lokal- und Provinzial-Nachrichten

Seefeld. Am Sonntag Abend ist die Scheune des Predigers hierselbst total niedergebrannt. Zur Hülfeleistung waren Spritzen aus Alt-Landsberg, Krummensee, Werneuchen, Löhme, Weesow und Blumberg herbeigeeilt. Die Scheune ist an drei hiesige Einwohner, von denen nur einer versichert hatte, verpachtet.


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