Beiträge aus der Zeitung für Nieder-Barnim von 1877 (18. Jg.),
gefunden im „Zentrum für Berlin-Studien“ der Zentral- und Landesbibliothek Berlin auf Mikrofilm.
[No. 1-153 (2.1.-29.1.1877), Lücken im Zeitraum April-Juni: Nr. 38, 43, 46, 48-50, 52, 55-64]


Oranienburg, Sonnabend, den 13. Januar 1877 (Nr. 6)

Bericht
über den Ausfall der Wahlen im Kreise Nieder-Barnim, soweit derselbe bis zum Schlusse des Blattes gemeldet war. Es sind abgegeben für [Auswahl]:
 Mendel (liberal) St. Paul (konservativ) Finn (sozial.)

in Rummelsburg 132 8 96
in Rüdersdorf (Kalkberge) 131 112 10
in Bernau 284 153 238
in Friedrichsberg und Lichtenberg 320 76 439
in Lindenberg 68 23 1
in Neuenhagen 4 71 -
in Hönow 2 74 1
in Alt-Landsberg (Stadt) 74 194 -
in Alt-Landsberg (Amt) 39 37 -
in Mahlsdorf 17 48 36
in Kaulsdorf 5 23 11
in Ahrensfelde 1 69 -
in Dahlwitz - 62 -
in Friedrichsfelde 155 73 179
in Hellersdorf - 24 -

in Summa 3645 3834 2438
Nach diesem Ergebniß muß eine engere Wahl zwischen Mendel und St. Paul stattfinden.

Telegraphische Depesche.
Berlin, 12. Jan. 10 Uhr 45 min. Vorm.
Wahlresultat aus dem Nieder-Barnimer Kreise.
Bisher bekannt liberal 3933, konservativ 3701, sozial 2453


Oranienburg, Dienstag, den 16. Januar 1877 (Nr. 7), Amtliches

Bei der am 10. d. Mts. vorgenommenen Wahl zum Deutschen Reichstage im Wahlkreise Nieder-Barnim hat sich eine absolute Stimmenmehrheit nicht herausgestellt, und es muß deshalb ... eine engere Wahl stattfinden. Auf die engere Wahl kommen nur diejenigen beiden Kandidaten, welche de meisten Stimmen erhalten haben.
Diese Kandidaten sind:
  • der Korvettenkapitän z. D. v. St. Paul zu Berlin
  • und der praktische Arzt Dr. Mendel zu Pankow.
Der Termin für die engere Wahl ist von dem Herrn Wahlkommissarius auf Donnerstag, den 25. Januar d. Js. festgesetzt. ...


Oranienburg, Donnerstag, den 25. Januar 1877 (Nr. 11), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Bernau. Am Dienstag früh 7 Uhr ertönte hier die Feuerglocke. Wir hören, daß in Zepernick die Gebäude einer Kossäthen-Wirtschaft niedergebrannt sind.

Falkenberg. Der Inspektor Jungck zu Falkenberg ist zum Stellvertreter des Standesbeamten daselbst ernannt worden.


Oranienburg, Sonnabend, den 27. Januar 1877 (Nr. 12), Rundschau. (Berlin)

Die Ostbahn hat wegen der Rinderpest jeden Viehtransport eingestellt.


Oranienburg, Dienstag, den 30. Januar 1877 (Nr. 13)

Telegramm.
Berlin, 29. Januar, Nachmittags. Kandidat der liberalen Partei, Dr. Mendel, ist heute offiziell als Reichstags-Abgeordneter proklamiert. Die für ihn abgegebene Stimmenzahl beträgt 8258, v. St. Paul zählt 6610.


Oranienburg, Dienstag, den 30. Januar 1877 (Nr. 13), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee wird nun auch bald in das Telegraphennetz aufgenommen sein, nachdem vom Dorf und der Gutsgemeinde ein Beitrag von etwa 900 Mark zur ersten Errichtung einer Telegraphenstation beizutragen beschlossen ist.


Oranienburg, Dienstag, den 30. Januar 1877 (Nr. 13)

Wahlergebniß
im Kreise Nieder-Barnim vom 25. Januar, soweit es uns bis jetzt bekannt geworden ist [Auswahl].
Dr. Mendel   St. Paul
Ahrensfelde 8 58
Alt-Landsberg, Stadt 62 229
Alt-Landsberg, Amt 50 49
Bernau 641 170
Biesdorf 38 65
Blumberg 37 88
Dahlwitz 1 66
Falkenberg 2 56
Hellersdorf - 24
Hohen-Schönhausen 46 79
Hönow 1 83
Kaulsdorf 81 21
Lichtenberg-Friedrichsberg 618 86
Lindenberg 66 33
Mahlsdorf 49 57
Malchow 21 79
Marzahn 51 44
Mehrow 7 50
Neuenhagen 6 91
Weißensee 123 100

Summa: 7086 5403



Oranienburg, Sonnabend, den 3. Februar 1877 (Nr. 15), Rundschau. (Berlin)

Den Wittwen von Volksschullehrern wird gegenwärtig eine Pension von nur 150 M. jährlich gezahlt. Es liegt auf der Hand, daß die Aermsten bei dieser kümmerlichen Einnahme den größten Bedrängnissen ausgesetzt sind. ... Wie wir aus guter Quelle erfahren, werden die Pensionen der Lehrerwittwen auf das Doppelte ihres jetzigen Betrages erhöht werden. ...


Oranienburg, Dienstag, den 6. Februar 1877 (Nr. 16), Rundschau. (Berlin)

Die Frage wegen Trennung der Provinz Preußen in zwei Provinzen ist jetzt reichlich in Erwägung gezogen worden und wird demnächst im Staatsministerium zur Berathung kommen.


Oranienburg, Dienstag, den 13. Februar 1877 (Nr. 19), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Aus Hellersdorf wird dem „Berl. Tgbl.“ geschrieben: Nach einer uns von befreundeter Hand zugegangenen schriftlichen Mittheilung war der Knecht Müller vom Rittergut Hellersdorf am Sonnabend nach Berlin gekommen, um bestellte Kartoffeln abzuliefern. Am Abend desselben Tages fuhr er mit den einkassierten Geldern wieder der Heimath zu. Auf der Alt-Landsberger Chaussee, kurz vor dem Feldwege, der von der Chaussee nach Hellersdorf führt, sprangen plötzlich zwei Kerls aus dem Chausseegraben auf, und während einer derselben dem Pferde in die Zügel fiel und das Gefährt zum Stehen brachte, schlug der andere den Knecht mit einem harten Instrument so heftig auf den Kopf, daß der Geschlagene beinahe vom Wagen gestürzt wäre; dennoch ermannte er sich und führte seine Vertheidigung mit möglichster Energie; es wäre ihm auch vielleicht gelungen, seinen Angreifer zu bewältigen; da aber sprang der zweite Kerl hinzu und diesem Doppelangriff war der Ueberfallene nicht gewachsen. Der Knecht wurde durch wuchtige Hiebe mit schweren Instrumenten auf den Kopf betäubt, darnach vom Wagen gerissen und in den Chausseegraben gezerrt, wonach die Pferde mit dem Wagen auf den von ihnen gekannten Feldweg einbogen und in der Richtung nach dem Gute durchgingen. Inzwischen machten sich die Räuber daran, die Kleider des scheinbar Leblosen zu durchsuchen; sie fanden bei ihm jedoch nur ein Portemonnaie mit etwa 9 Mark Inhalt; sie nahmen das Täschchen an sich und entfernten sich eiligst damit, den Gemißhandelten im Graben hülflos liegen lassend. Die Frau des Knechtes hatte sich wegen des langen Ausbleibens ihres Mannes schon geängstigt; als sie nun die Pferde mit dem leeren Wagen ins Dorf getrabt kommen sah, erhob sie ein Jammergeschrei und brachte dadurch Alles auf dem Gute in Bewegung. Nach langem Suchen fanden die vom Gutsherrn ausgesandten Knechte den Mißhandelten völlig regungslos, das Gesicht mit Blut förmlich übergossen, im Graben liegend. Er wurde vorsichtig auf den mitgebrachten Wagen gehoben und nach Gut Hellersdorf gefahren, von wo aus auch sofort nach einem Arzt gesandt wurde. Beim Entkleiden des Unglücklichen fand man 300 Mark, die er in Berlin für die abgelieferten Kartoffeln erhalten hatte, unter einem Gurte versteckt; die Räuber hatten dort wohl kein Geld vermuthet. Der bald erschienene Arzt brachte den arg Mißhandelten nach einigen Stunden wohl zur Besinnung, doch soll auf Erhaltung seines Lebens nicht viel Hoffnung vorhanden sein. In einem lichten Momente erzählte der Kranke bruchstückweise das, was wir oben mitgetheilt haben. Die Sicherheitsbehörden haben alle ihre Netze aufgespannt, um die frechen Straßenräuber zu fangen, bis jetzt fehlt von denselben indeß noch jede Spur.


Oranienburg, Dienstag, den 20. Februar 1877 (Nr. 22), Rundschau. (Berlin)

Dem Verkauf und Vertrieb von unsittlichen Bildern, Figuren und Fotographien widmet die Behörde ganz besondere Aufmerksamkeit, und theilen wir zur Warnung für Andere ein gestern gefälltes Urtheil gegen einen Kunsthändler mit, der Photographien vertrieben hat, die unzweifelhaft für sehr unsittlich gehalten werden müssen. Der Mann ist zu 4 Monaten Gefängniß verurtheilt.

Wegen Ueberfüllung der Polizeigefängnisse hat in der Barnimstraße ein Baracken-Polizeigefängniß errichtet werden müssen. (Ein trauriges Zeichen der Zeit!)


Oranienburg, Donnerstag, den 22. Februar 1877 (Nr. 23), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Alt-Landsberg. Wegen der Rinderpest findet am 26. d. Mts. der Viehmarkt hierselbst nicht statt.


Oranienburg, Donnerstag, den 1. März 1877 (Nr. 26), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Bernau. Am Sonntag Abend 7 Uhr brannte die am Neustädter Damm hinter dem Wärterhäuschen befindliche, dem Herrn Giese sen. gehörige Scheune nieder. Daß das Feuer von ruchloser Hand angelegt, scheint außer Zweifel zu sein.

Blumberg. In einem abgelegenen Theile der Grfl. v. Arnim'schen Forst fand man bei der kürzlich abgehaltenen Fuchsjagd einen zur Unkenntlichkeit entstellten männlichen Leichnam. Ueber die Person des Unglücklichen, die vor Monaten bereits durch Erhängen seinem Leben ein Ende gemacht haben muß, war nichts festzustellen.


Oranienburg, Donnerstag, den 1. März 1877 (Nr. 26), Inserate.

Zur Frühjahrsbestellung empfehlen den Herren Landwirthen unser nur aus Fäkalien hergestelltes vorzüglich wirkendes Stickstoff-Dungpulver
Unter Garantie des Gehalts.
Berliner Aktien-Gesellschaft für Abfuhr und Phosphat-Dünger-Fabrikation.
Berlin S., Oranienstrasse 127.
Fabrik: Ravensteiner Mühle bei Cöpenick. ...


Oranienburg, Sonnabend, den 3. März 1877 (Nr. 27), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Bernau. Vier märkische Städte, Neustadt-Ebw., Prenzlau, Angermünde und Bernau streiten sich gegenwärtig um die Ehre, als Sitz des neu einzurichtenden Landgerichts gewählt zu werden. ...

Neuenhagen. Eine traurige Nachricht erregte am 24. Febr., Abends gegen 10 Uhr, unsern Ort. Der Kaufmann und Restaurateur Bugge von hier wurde um gedachte Zeit in den Schienengeleisen des hiesigen Bahnkörpers todt aufgefunden. Nach den angestellten Ermittelungen ist anzunehmen, daß Bugge, welcher am gedachten Tage mit dem Personenzug nach Berlin gefahren, den um 7 Uhr abends von Berlin abgehenden Güterzug zur Mitfahrt benutzt und als er gesehen, daß der Zug die Station Neuenhagen durchfährt, aus dem Zug herausgesprungen ist. Hierbei hat derselbe eine so arge Verletzung am Hinterkopfe erlitten, daß der sofortige Tod erfolgen mußte. Wir bedauern den Todesfall um so mehr, als Bugge sowohl hier als in der Umgegend äußerst beliebt und ein sehr angenehmer Gesellschafter war.


Oranienburg, Dienstag, den 6. März 1877 (Nr. 28), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Rüdersdorf. Die Arbeiten in den Bergwerken sind jetzt wieder vollständig im Gange; es wird mit vollen Kräften gearbeitet.


Oranienburg, Dienstag, den 20. März 1877 (Nr. 34), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Bernau. Wegen der sich oft wiederholenden Brände in unserer Stadt wird die Einrichtung von Sicherheitswachen geplant.

Weißensee. Bei dem anhaltenden Regenwetter ist die Haupt-Verkehrsstraße unseres Ortes für Personen, die nicht im Besitz von Wasserstiefeln sind, nahezu unpassierbar geworden, insbesondere werden diejenigen Hausfrauen, die gewohnt sind, sich ihren Bedarf an Fleisch u. Kaufmannswaare selbst einzuholen, sehr hart davon betroffen, denn es würde ein Wagnis für dieselben sein, wenn sie versuchten, den Morast, welcher sich ihnen überall darbietet, zu durchschreiten. ...


Oranienburg, Donnerstag, den 22. März 1877 (Nr. 35), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Mit der Umwandlung des Schloß-Restaurant hierselbst zu einem großartigen Concert- und Vergnügungslokal à la Vauxhall ist bereits begonnen; dem Vernehmen nach sollen die Arbeiten so gefördert werden, daß dasselbe zu Pfingsten seiner neuen Bestimmung übergeben werden kann.

Weißensee. Am Sonnabend Abend verletzte sich ein Herr, als er mit der Pferdebahn von Berlin in angeheitertem Zustande zurückkehrte, nicht unerheblich dadurch, daß er, auf dem hinteren Perron stehend, über die Barriere rücklings hinwegschoß. Es ist überhaupt rathsam, die Perronplätze bei der niedrigen Umfassung derselben nur mit größter Vorsicht zu benutzen, denn sobald das fünfte Rad auf schlecht gepflasterten Straßen aus der Schiene gerät, ist das Schwanken und Stoßen des Wagens so stark, daß man auch in nüchternem Zustande sehr leicht das Gleichgewicht verlieren kann.


Oranienburg, Sonnabend, den 31. März 1877 (Nr. 29), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Bei dem bevorstehenden Quartalswechsel wird es in unserem Ort recht rege zugehen, wenn man bedenkt, daß die Bau-Gesellschaft für Mittelwohnungen hierselbst über 100 Wohnungen zum 1. April cr. vermiethet hat. Die Vorposten dieser kleinen Völkerwanderung sind schon eingetroffen und es ist anzunehmen, daß auch das Gros derselben noch vor den Feiertagen eintreffen wird. ...


Oranienburg, Sonnabend, den 7. April 1877 (Nr. 41), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Die vielen Lokalbesitzer in der nächsten Umgebung Berlins, welche infolge des langen Winters die Ersparnisse aus dem verflossenen Sommer bereits vergriffen, sahen Ostern in banger Erwartung nahen ...


Oranienburg, Sonnabend, den 14. April 1877 (Nr. 44), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Bernau. Der Seidenwirkermeister Carl Dombrowsky hierselbst hat in der letzten Montags-Sitzung des Vereins für Gewerbefleiß zu Berlin eine Prämie von 200 Mark für eine als sehr zweckmäßig anerkannte Vorrichtung zur Vereinfachung des Tretens bei Webstühlen erhalten.


Oranienburg, Dienstag, den 1. Mai 1877 (Nr. 51)

Amerika. ...
Aus der Wohnung einer deutschen Familie in Detroit wurde gegen 9 Uhr Morgens ein mächtiger Knall vernommen. Schlimmes ahnend, eilten die Nachbarn herbei und wurden des Hausherrn ansichtig, der, ein Bild der Verzweiflung, ihnen händeringend entgegenrief: „O, mein Sauerkraut, mein schönes Sauerkraut!“ In der Wohnstube angelangt, bot sich den Blicken der Ankömmlinge ein eigenthümliches Bild dar. Auf dem Sopha saß die Hausfrau mit vergeisterten Antlitz, von oben bis unten mit Sauerkraut behangen; 3 oder 4 Kinder sprangen wie von der Tarantel gestochen im Zimmer herum und suchten sich das anhängliche Kraut vom Kopf, aus den Augen, Mund und Ohren zu wischen. Fast jedes Stück Möbel war mit Sauerkrautguirlanden behangen und an der Decke und an den Fenstern klebte das deutsche Nationalgericht. Wie es scheint, war ein Faß Sauerkraut im Keller gefroren; um es aufzuthauen, hatte der Hausherr es in die Wohnstube neben den Ofen gestellt und das in Folge der Wärme in dem dicht verschlossenen Behälter entwickelte Gas sprengte plötzlich Reife und Boden und sandte das Sauerkraut nach allen Richtungen.


Oranienburg, Dienstag, den 1. Mai 1877 (Nr. 51), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Alt-Landsberg. Am 22. v. Abends brach auf dem Gehöfte des Ackerbürgers Wilh. Bugge hierselbst Feuer aus, wodurch die Dächer von zwei Ställen teilweise beschädigt wurden. Von demselben Brande ward auch auf dem Grundstücke des Schmiedemeisters Kahlenberg in der Bernauerstraße das Dach eines Stalles ergriffen und ebenfalls nicht unerheblich beschädigt.

Oranienburg. Sämmtliche freiwillige Feuerwehr-Korps der Provinz Brandenburg haben sich zu einem Verband vereinigt und werden den 1. Brandenburgischen Feuerwehrtag am 3. und 4. Juni in Kottbus abhalten, zu welchem voraussichtlich Delegierte von hier reisen werden.


Oranienburg, Donnerstag, den 14. Juni 1877 (Nr. 69), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Alt-Landsberg. Dem Bedürfnisse entsprechend hat in Stelle des Dr. Paetsch Herr Dr. med. Friedewald hier seinen Wohnsitz genommen. Wir verweisen noch auf das Inserat in heutiger Nummer.


Oranienburg, Donnerstag, den 14. Juni 1877 (Nr. 69), Interesse.

Aerztliche Bekanntmachung.
Unterzeichneter zeigt hierdurch ergebenst an, dass er vom 16. d. Mts. bis Ende September an jedem Sonnabend, Nachmittags 3-4 Uhr, in seiner Wohnung (Kirchstrasse 94, bei Herrn Witkopp) impfen werde.
Dr. med. Friedewald, pr. Arzt etc. in Alt-Landsberg, Sprechst.
Morgens bis ½9, Nachmittags 3-4.


Oranienburg, Sonnabend, den 16. Juni 1877 (Nr. 70)

Ein derartiges Hagelwetter, wie es hier am Dienstag Mittag gewüthet, ist seit dem Pfingstmorgen im Jahre 1848 von Berlin nicht mehr zu melden gewesen. Ueberall, insbesondere im Norden von der Stadt, hat das Wetter mit seinen Hagelstücken erheblichen Schaden angerichtet. ... Die bis zu zwei Loth schweren Hagelkörner haben starke Aeste und Zweige aus den größten Bäumen abgeschlagen; in der Baumschule ist der Schaden unersetzlich, die meisten Kronen der jungen Bäume sind vernichtet. Auch hat der größere Theil des Niederbarnimschen Kreises derart gelitten, daß die Roggenernte vernichtet ist. ...


Oranienburg, Sonnabend, den 16. Juni 1877 (Nr. 70), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

In Bernau ist die Auswanderung nach Australien im Augenblick äußerst rege, denn am 6. Juni ist eine Gesellschaft von 40 Personen, aus 17 Familienvätern, Frauen und Kindern bestehend, ihrem neuen Ziele zugereist.

Weißensee. Das Unwetter am Dienstag Nachmittag hat auch hier, namentlich an den zahlreichen Treibhäusern und Mistbeetfenstern hiesiger Gärtnereien, argen Schaden angerichtet. ... Noch weit schlimmer gestaltet sich aber das Bild der Zerstörung, wenn man die Berliner Grenze überschreitet und die zu beiden Seiten der Greifswalderstraße nach Berlin zu belegenen großen Getreideflächen betrachtet. ... Eisstücke in der Größe und Form eines 200 Grammstücks waren noch eine Stunde später zu finden, und ein spekulativer Restaurateur verzapft noch heute Bairisch Bier auf „Schlossen“ und betrachtet den Gewinn an Eis als Entschädigung für den ihm zugefügten Schaden seiner Garten-Anlagen.


Oranienburg, Sonnabend, den 23. Juni 1877 (Nr. 73), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Alt-Landsberg. Am künftigen Sonntag Nachmittag 5 Uhr wird Herr Reichstagsabgeordneter Dr. Mendel im Neubauer'schen Saale über die letzte Reichstags-Session Bericht erstatten.


Oranienburg, Sonnabend, den 23. Juni 1877 (Nr. 73), Inserate.

Weissensee.
Café Philadelphia
Greifswalderstr. Nr. 35 im früheren Steuerhause.
Wo vor Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer Ochs, Rind, Schwein u. s. w. der Versteuerung unterlagen, da bietet heute der schön eingerichtete Vor- und Hintergarten den mich beehrenden Gästen bei Verabreichung von vorzüglichem Weißbier aus der Brauerei Weißensee - A. Winscher - Bairisch-Bier auf Eis neben guter Küche einen angenehmen Aufenthalt.
Zwei auf's beste eingerichtete Kegelbahnen, ein feines Pianino und ein franz. Billard, sowie bequem gelegene Kaffee-Küche empfehle [ich] zur gefälligen Benutzung, wie ich auch noch ganz besonders darauf aufmerksam mache, daß ich 15 Flaschen Weissbier für 3 Mark den geehrten Weißenseer Nachbarn auf Bestellung frei ins Haus liefere.
Jeden Sonntag Unterhaltungsmusik u. Tanz bei freiem Entree.
Albert Müller.


Oranienburg, Dienstag, den 26. Juni 1877 (Nr. 74), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Alt-Landsberg. Der Hauseigenthümer Wilhelm Streich beabsichtigt aus seinem in der Chausseestraße belegenen Grundstücke ein Schlachthaus zu errichten. Einwendungen gegen diese Anlage sind auf dem Landrathsamte schleunigst anzubringen.


Oranienburg, Sonnabend, den 30. Juni 1877 (Nr. 76), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Börnicke. Vom 1. Juli ab ist die Straße von hier nach Löhme wegen Chaussierung der Strecke gesperrt.

Weißensee. Der Herr Standesbeamte Feldtmann macht bekannt, daß er von jetzt ab nur wochentäglich in der Zeit von 8 bis 10 Uhr vormittags und 4 bis 6 Uhr Nachmittags zur Aufnahme standesamtlicher Handlungen im Büreau Albertinenstraße anwesend sein wird.


Oranienburg, Donnerstag, den 5. Juli 1877 (Nr. 78)

Die Sterblichkeitsverhältnisse in der Nähe Berlins.
... Wir haben es in der vorliegenden Schrift lediglich mit dem Kreise Nieder-Barnim zu thun ... Reihenfolge der größte Sterblichkeit ... für 1875:
  1. Der nördliche Theil der Umgegend Berlins: Französisch-Buchholz, Heinersdorf, Blankenburg, Pankow, Nieder-Schönhausen ... mit 42,59 pro Mille
  2. der östliche Theil der Umgegend von Berlin: Lichtenberg, Friedrichsberg, Stralau, Rummelsburg, Boxhagen, Friedrichsfelde, Hohenschönhausen, Marzahn und Weißensee mit 38,09 pro Mille;
  3. Friedrichshagen und Umgegend, Oberschönweide [!], Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorfer Gut mit 35,07 pro Mille,
dann folgt Bernau und Umgegend mit 33,97 pro Mille, Oranienburg und Umgegend mit 33,13 pro Mille ec., am gesündesten endlich ist die Stadt Alt-Landsberg und Umgegend mit 28,00 pro Mille, wobei die Stadt selbst mit nur 21,51 pro Mille als niedrigste Ziffer des ganzen Kreises fungirt.
Für das Jahr 1876 stellt sich die Sache folgendermaßen: Am schlimmsten ist die Sterblichkeit im östlichen Theile von Berlin ..., dann folgt Friedrichshagen und Umgegend ..., dann der nördlichste Theil der Umgegend Berlins ..., weiter dann absteigend Liebenwalde, Bernau ec., bis auch hier wieder Alt-Landsberg mit Umgegend ... als gesündeste Gegend heraustritt. ...
Gehen wir auf die Todesursachen selbst über, so ist die Lungenschwindsucht diejenige Krankheit, welche in den meisten Bezirken den Kreises mit den größten Zahlen hervorleuchtet, nur machte auch hier wieder Alt-Landsberg und Umgegend eine günstige Ausnahme, während dagegen in Lichtenberg, Pankow, Niederschönhausen, Bernau ec. diese Krankheit besonders häufig vorgekommen ist. ...


Oranienburg, Dienstag, den 10. Juli 1877 (Nr. 80), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Alt-Landsberg. Das 1. Bataillon 2. Garde-Regiments zu Fuß wird vom 9. bis 21. d. M. in dem Alt-Landsberger Stadtwalde, aber auch in dem sonst geeigneten Terrain, Schießübungen abhalten. Die Sicherheit des Publikums macht es nothwendig, während der Dauer der Schießübungen den Alt-Landsberger Wald außerhalb der Wege nicht zu betreten und den Anordnungen der zur Sicherjheit des Publikums ausgestellten Posten Folge zu leisten.


Oranienburg, Dienstag, den 24. Juli 1877 (Nr. 86), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Marzahn ist in vergangener Woche von einem ziemlich bedeutenden Brande heimgesucht worden. Abgebrannt ist die Scheune des Kossäthen ... Hultz sowie das Gehöft des Kossäthen M. Krüger. Ueber die Entstehungsursache konnte bisher nichts bestimmtes festgestellt werden.


Oranienburg, Dienstag, den 31. Juli 1877 (Nr. 89), Rundschau. (Berlin)

Die Umwandlung der Berliner Pferdebahnen in Bahnen mit Dampfbetrieb dürfte nicht mehr in allzuweiter Ferne liegen. Die Schwarzkopf'sche Maschinenbauanstalt hat bereits die Lieferung der erforderlichen Straßenlokomotiven für die Direktion der großen Berliner Pferdeeisenbahn übernommen.


Oranienburg, Donnerstag, den 2. August 1877 (Nr. 90), Rundschau. (Berlin)

Der Luftschiffer Securius hat am Sonntage vom Stadtpark aus eine Luftfahrt in seinem Riesenballon und in Begleitung der Schauspielerin Frl. Kuhse von Thalia-Theater unternommen. ... Der Ballon stieg schnell und war bald den Blicken der Nachschauenden entschwunden. Um 11½ Uhr abends langte im Stadtpark ein Telegramm an, in welchem die Luftschiffer mitteilen, daß sie in Alt-Landsberg glücklich zur Erde gelangt sind.


Oranienburg, Dienstag, den 7. August 1877 (Nr. 92), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Bernau. Herr D. F Pilger hat sein Buchdruckerei-Etablissement sehr vortheilhaft verkauft, und wird dasselbe von dem Käufer in Kürze übernommen werden.


Oranienburg, Sonnabend, den 11. August 1877 (Nr. 94), Rundschau. (Berlin)

Zehdenick. Nach vollendeter Feststellung sind bei dem durch den Orkan verursachten Einsturz der Gebäude dieser Stadt bis jetzt sechs Menschenleben zu beklagen, 12 Verwundete liegen noch schwer und hoffnungslos darnieder; außer diesen haben noch viele, wenn auch nicht lebensgefährliche, so doch äußerst schmerzhafte Kontusionen erlitten. Von den Gebäuden sind vollständig zerstört: 21 Scheunen, von denen kein Stück auf dem anderen geblieben ist; 45 andere sind dem Einsturz nahe. Die meisten Wohnhäuser sind im Innern derartig zerstört, daß sie kein sicheres Unterkommen mehr gewähren; einige sind total zerstört. Umgestürzt sind 14 Windmühlen, von denen die Splitter und große Balken 15 Minuten weit fortgeschleudert wurden, Der Schaden, den die Stadt Zehdenick erlitten hat, ist auf 300 000 Thaler abgeschätzt.


Oranienburg, Sonnabend, den 11. August 1877 (Nr. 94), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Am 13. d. M., Nachmittags 4 Uhr, findet im Schloß Weißensee zum Besten der durch den am 1. August cr. satattgehabten Orkan arg verwüsteten Stadt Zehdenick eine Monstre-Concert, ausgeführt von den Kapellen des Garde-Kürassier-Regts. und 1. Garde-Dragoner-Regts. in Uniform, sowie ein großartiges Land- und Wasserfeuerwerk statt, welches letztere von dem Pyrotechniker Herrn Leichnitz & Sohn arrangiert wird. Der Zweck dieses Unternehmens läßt eine rege Betheiligung des Publikums wünschenswerth erscheinen.


Oranienburg, Sonnabend, den 11. August 1877 (Nr. 94), Inserate.

Weissensee.
Kleine Wohnungen sind sofort oder zum 1. Oktober an ruhige Miether billig zu vermiethen bei Seifarth Prenzlauer Chaussee dicht bei Berlin.


Oranienburg, Dienstag, den 14. August 1877 (Nr. 95), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Die Pferdebahn zwischen Berlin und Weißensee läßt noch vieles zu wünschen übrig. Als eine Gesellschaft am 8. v. M. beim Herannahen eines schweren Gewitters nach Berlin zurückkehren wollte, fand man nur einen Wagen vor, dem zur Abfahrt jedoch Deichsel und Pferde fehlten. Bald war der Wagen überfüllt, weil Alle vor dem Wetter Schutz suchten. So eingepfercht mußten die Fahrgäste gegen drei Viertelstunden ausharren, bis ein Kondukteur und kein Kutscher mit den Pferden ankamen. Trotz der erstickenden Schwüle blieben die Perrons und der Mittelgang auch während der Fahrt bestanden, weil kein zweiter Wagen zu erwarten war.


Oranienburg, Sonnabend, den 25. August 1877 (Nr. 100), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Alt-Landsberg. Das zum Besten der Verunglückten in Zehdenick und Umgebung veranstaltete Concert, welches vom Stadt-Musikus Lehmann mit großen Fleiß arrangiert worden, hat nur einen geringen Ertrag gebracht. Der Referent wirft die Frage auf: Hat Alt-Landsberg vergessen, wie es zur Zeit seines großen Brandunglücks von allen Seiten unterstützt worden ist?


Oranienburg, Dienstag, den 28. August 1877 (Nr. 101), Rundschau. (Berlin)

Deutschland zählt: gegenwärtig 5965 freiwillige Feuerwehren mit 531,000 Mann und 13,600 Spritzen.


Oranienburg, Donnerstag, den 6. September 1877 (Nr. 105), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Rüdersdorf. Um die Ansiedlung von Arbeitern in der Nähe der Kalksteinbrüche nach Möglichkeit weiter zu fördern, soll auch in diesem Jahre zu Bauprämien eine Summe von 4500 M. verwendet werden. Außerdem findet die Ueberlassung von Kalksteinen und Kalk an die bauenden Arbeiter zu ermäßigten Verkaufspreisen statt.


Oranienburg, Sonnabend, den 8. September 1877 (Nr. 106), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Hönow. Der Bauergutsbesitzer und Schöffe Ferdinand Gathow hier ist am 2. d. M. Nachmittags in seinem Kuhstalle erhängt aufgefunden. Es soll festgestellt sein, das c. Gathow in einem Anfall von Geistesstörung, die bei ihm schon vorher verspürt worden ist, sich selbst entleibt hat. Gathow zählte zu den angesehensten Einwohnern, er lebte durchaus sorgenfrei und die Kunde von seinem Selbstmord erregte die Gemüter allgemein.

Weißensee. Heute, 4. September, hat Se. Königl. Hoheit, Prinz Wilhelm, der älteste Sohn des Kronprinzen, im Hause des Direktors Feldtmann als Offizier das erste Quartier genommen.


Oranienburg, Sonnabend, den 15. September 1877 (Nr. 109), Rundschau (Berlin)

Glaubwürdigen Mittheilungen zufolge ist in dem im Kultusministerium ausgearbeiteten Unterrichtsgesetzentwurfe ein Minimalgehalt von 900 Mark für die Volksschullehrer vorgesehen. ...


Oranienburg, Sonnabend, den 15. September 1877 (Nr. 109), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Rüdersdorf. Die traurige geschäftslose Zeit macht sich sogar auch in den Kalksteinbrüchen bemerkbar. Die Zahl der bei Rüdersdorf beschäftigten Arbeiter hat gegen früher um etwa 600 verringert werden müssen.


Oranienburg, Dienstag, den 2. Oktober 1877 (Nr. 116), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Friedrichsberg. Die Arbeiten zur Erbauung des Viehhofs hierselbst sollen im nächsten Monate begonnen werden. Mit der Verbesserung der nach dem Viehmarktsterrain führenden Straßen ist bereits begonnen; dieselben sind gepflastert worden.

Weißensee. Die drei Männer im feurigen Ofen gehörten bisher zu den hervorragendsten Stützen des biblischen Wunders, heute ist ihr Ruf futsch. Hr. G. Lücken zeigt an, daß er im Schloß-Restaurant Weißensee einen von ihm erfundenen Ofen vor den Augen der Zuschauer mit Brennmaterial fülle und bis zur Rotglühhitze erwärme. Dann steige er in den rothglühenden Ofen hinein und verweile darin eine ganze Stunde. Wie weit ist es von diesem Experiment bis zum Wunder des Elias, der im feurigen Wagen gen Himmel fuhr?


Oranienburg, Sonnabend, den 6. Oktober 1877 (Nr. 118), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Biesdorf. Der Knecht Johann Ernst Jänick hat seinen Dienst bei dem Bauergutsbesitzer Julius Heese in Biesdorf am 9. Juli d. J. ohne gesetzlichen Grund heimlich verlassen, Der Amtsvorsteher Baron von Rüxleben bittet, ihm den Aufenthalt des c. Jänick schleunigst anzuzeigen. Gleichzeitig ersucht derselbe um Mittheilung des Aufenthalts des Arbeitsmanns August Hilbig, da derselbe vernommen werden soll.

Weißensee. Durch Aufstellung der Pferdbahnwagen unmittelbar vor dem Spritzenhause ist das schnelle Herausschaffen der Spritze und sonstigen Feuerlöschgeräthschaften bei eintretender Feuersgefahr mit Schwierigkeiten verknüpft. Eine Beseitigung dieses Uebelstandes ist dringend wünschenswerth, da das zu späte Eintreffen der Spritze auf der Brandstätte für die von Feuersgefahr Betroffenen von größtem Nachtheil werden kann.


Oranienburg, Dienstag, den 30. Oktober 1877 (Nr. 128), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Am Donnerstag Vormittag gegen 11 Uhr Wurden bei Weißensee ein 20jähriges Mädchen, das eben den Hiller'schen Laden verlassen hatte und ein junger etwa 18jähriger Mann, der einen Brief von der Post holen wollte, von einer niederkrachenden Pappel getroffen und erschlagen.


Oranienburg, Donnerstag, den 15. November 1877 (Nr. 135), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Das Berliner Kreisgericht verurtheilte am Sonnabend den Zimmermann Lutze aus Weißensee wegen fahrlässiger Tödtung zweier Menschen zu einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten ... Lutze war derjenige, der, wie wir s. Z. berichteten, am 25 Oktober d. J. auf der Chaussee in Weißensee den Baum gefällt hatte, durch den zwei Menschen, die 22jährige Näherin Schmidt und der Lackierer Matzke erschlagen wurden. Der Staatsanwalt hatte gegen Lutze sen. 2 Jahre Gefängnis, gegen den Sohn 3 Monate beantragt. Der Gerichtshof erkannte indeß, ... daß die Hauptschuld an dem Unglücksfalle die Chaussee-Verwaltung trage, weil sie es unterlassen habe, de nöthigen Schutzmaßregeln für das Fällen der von ihr verkauften Alleebäume zu treffen.


Oranienburg, Sonnabend, den 17. November 1877 (Nr. 136), Rundschau. (Berlin)

Das erste Telephon ist nach dem sehr befriedigenden Ausfall der vorhergegangenen Versuche vorgestern hier wirklich in Dienst gestellt worden, und zwar von dem Arbeitszimmer des Generalpostmeisters in der Leipzigerstraße zu dem Arbeitszimmer des Direktors des General-Telegraphenamts in der Französischen Straße. Die mündliche Verständigung auf der 2 Kilometer langen Drahtleitung ist vollkommen. ...

Die günstig ausgefallenen Versuche, welche mit dem neuerfundenen Telephon angestellt wurden, scheinen eine erhebliche Veränderung im Telegraphenwesen allmählig [!] anzubahnen und sonach mit der Zeit die ausgebildeten Telegraphisten und Telegraphistinnen ganz überflüssig zu machen. ...


Oranienburg, Donnerstag, den 22. November 1877 (Nr. 138), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Mit dem Einfangen von Hunden sind seitens des Amts-Vorstehers die Schlächter Karl Heinrich Rau und Max Westphal beauftragt. Natürlich verfallen nur solche Hunde der Schlinge, welche sich der polizeilichen Vorschrift zuwider auf der Straße blicken lassen.

Weißensee. Einen echten Fortschritt haben wir in unserem Ort durch die Gründung eines Orts-Vereins zu verzeichnen. Derselbe bezweckt neben Belehrung und Unterhaltung seiner Mitglieder die Besprechung aller Ortsangelegenheiten, sowie die Wahrnehmung und Förderung der Gesammt-Interessen seiner Mitglieder. ...


Oranienburg, Sonnabend, den 24. November 1877 (Nr. 139), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Bernau. Die Ortschaften Weesow, Beiersdorf, Tempelfelde, Wilmersdorf, Freudenberg u. A. haben sich petitionierend an den Innenminister wegen Einverleibung in den Bernauer Gerichtsbezirk gewendet.


Oranienburg, Diensotag, den 27. November 1877 (Nr. 140), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Das neueste Ereigniß in unserm Orte ist die telephonische Verbindung mit der benachbarten Residenz. Als Kuriosum verdient hierbei erwähnt zu werden, daß die zu diesem Zweck aufgestellten Telegraphenstangen mit den daran befindlichen Isolir-Kappen von geschwätzigen Frauen für neue Straßenbeleuchtungsapparate gehalten wurden. ... Bis zur elektrischen Straßenbeleuchtung wird es W. in diesem Jahrhundert aber nicht mehr bringen; wir wären sehr zufrieden, wenn die vorhandenen Petroleum-Laternen nicht länger ihrer Bestimmung spotteten und sich beharrlich in Dunkel hüllten.


Oranienburg, Sonnabend, den 1. Dezember 1877 (Nr. 142), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Was wir seit Inbetriebsetzung der Weißenseer Pferdebahn alles erlebt haben, darüber ließe sich schon ein umfangreiches Buch schreiben. Kaum hatte der kleine Wagen zu dem fünften Rad noch das sechste erhalten, als auch große Wagen ohne Lenkvorrichtung in Betrieb gestellt wurden. Kaum hatte ein Fahrplan die polizeiliche Genehmigung erhalten, die Wagen in Zwischenräumen von 15 Minuten zwischen Weißensee und Berlin kursieren zu lassen, da wurde seitens der Direktion eine Aenderung desselben dahin beliebt, nur alle 20 Minuten einen Wagen abzulassen. ... die Abfahrt von Weißensee erfolgte ... vom Restaurant „Deutsches Zelt“, woselbst auch eine Tafel mit der Bezeichnung: „Wartesaal der N. Berl. Pferdebahn“ aufgestellt ist. Da mit einem Male wird an den Besitzer des zuletzt gedachten Lokals und an den Restaurateur Räschke, Besitzer des früher Rettig'schen Lokals, im Auftrage der Direktion ... das Ansinnen gestellt, je 500 Mark an die Direktion zu zahlen, andernfalls die Abfahrt für die Folge vom Schloßhofe aus erfolgen werde. ... Die hierdurch vorzugsweise benachtheiligten ca. 400 Dorfbewohner sind gewillt, unter diesen Umständen die Pferdebahn nicht mehr zu benutzen; wer demnach den größeren Schaden haben wird, ob Letztere oder die Direktion der Neuen Berl. Pferdebahngesellschaft, bleibt abzuwarten.


Oranienburg, Dienstag, den 4. Dezember 1877 (Nr. 143)

Das Einkommen der preußischen Bevölkerung wurde im Jahre 1877 auf 7,809,100,000 M., gegen 7,452,500,00 M. im Jahre 1876 und 7,351,000,000 M. im Jahre 1875 abgeschätzt. Die Einnahme per Kopf der Bevölkerung stellte sich in den genannten drei Jahren auf 308, 300 und 299 M. resp. ...


Oranienburg, Dienstag, den 11. Dezember 1877 (Nr. 146), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Neuenhagen. Den unausgesetzten Nachforschungen der Gendarmen Münter und Gericke aus Alt-Landsberg ist es gelungen, eine ganze Diebes- und Hehlergesellschaft, die schon längere Zeit die Umgegend unsicher gemacht hat, hier dingfest zu machen. Die Veranlassung hierzu war ein Einbruch in die Brädikowsche Windmühle zu Alt-Landsberg, aus welcher eine bedeutende Quantität Mehl entwendet worden ist. Letzteres wurde bei einer in Seeberg wohnhaften Person, auf welche schon lange die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden gelenkt war, vorgefunden und war damit auch ein Fingerzeig zur Ermittelung der Helfershelfer gegeben. Bei ihrer polizeilichen Vernehmung hierselbst soll über eine Menge in Alt-Landsberg und Umgegend verübter Diebstähle das Dunkel gelichtet sein.


Oranienburg, Donnerstag, den 13. Dezember 1877 (Nr. 147), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Alt-Landsberg. Der Schriftsteller Ernst Schumann, alias Ernst Normann-Schumann, ist von der hiesigen königl. Kreisgerichts-Deputation wegen fortgesetzter Beleidigung und Verläumdung [!] gegen den königlichen Regierungs-Geometer Dr. Bernhard Stavenow zu 1 Monat Gefängnis und Tragung der Kosten verurtheilt. ...

Friedrichsfelde. Unter der schweren Anklage der vorsätzlichen Gefährdung eines Eisenbahn­transportes stand der 28jährige Korbmachergeselle Bennemann von hier vor dem Berliner Kreisschwurgericht. Als auf der Ostbahn in der Nacht zum 17. Juni in der Nähe von Friedrichsfelde der Güterzug die Strecke zwischen den Buden 6 und 7 passierte, erlitt die Maschine heftige Stöße und helle Funken schlugen aus den Rädern. Als der Zug zum Stehen gebracht war, ergab sich, daß mehrere Schienen über die Geleise gelegt waren, gegen welche die Maschine mit aller Macht gefahren war, so daß sowohl die Maschine Beschädigungen erlitten hatte, als auch die Schienen. Der mit der Recherche betraute Gendarm Bliesener entdeckte am nächsten Morgen deutlich die Fußspuren in Kiese des Bahnplanums; er untersuchte dieselben ganz genau und verfolgte die Spuren bis hinter den Friedhof, in dessen Nähe sich das Haus des Angeklagten befindet. ...

Weißensee. Die Gutsgemeinde W. bildet zwar für sich einen Gemeindeverband, ist aber weder im Besitz einer Spritze, noch der erforderlichen Löschgeräthschaften. Bei der Ausdehnung derselben ist im Falle einer Feuersgefahr, zumal in den ungefähr ½ Stunde vom Spritzenhause der Dorfgemeinde belegenen Theilen der Gutsgemeinde, schnelle Hilfe unmöglich. Diesen Umstand hat der Direktor der Baugesellschaft für Mittelwohnungen, Herr Altmann, erkannt und sich an die Aachener und Münchener Feuer-Versicherungsgesellschaft, bei welcher die Baugesellschaft mit ihren Gebäuden versichert ist, mit der Bitte gewandt, der letzteren eine größere Spritze als Eigenthum zu überlassen. Dieser Bitte ist gedachte Vers.- Ges. mit Bereitwilligkeit nachgekommen ... Die Spritze repräsentiert einen Werth von 720 M. und kann selbst bei fünfstöckigen Häusern mit Erfolg angewandt werden. ... Hoffentlich wird der Besitzer des Rittergutes in geeigneter Weise und rechtzeitig für Vorspann sorgen.


Oranienburg, Sonnabend, den 15. Dezember 1877 (Nr. 148), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

In Ahrensfelde hat sich am 3. d. M. ein der Tollwuth verdächtiger Hund gezeigt, der bei Verfolgung in Marzahn eingeholt und sofort getödtet wurde. Auf Grund der Regierungsverordnung vom 6. Febr. 1868 ist angeordnet, daß alle Hunde in Ahrensfelde, Eiche, Mehrow, Marzahn, Falkenberg, Wartenberg, Blumberg und Lindenberg bis zum 20. Januar k. J. an die Kette zu lege oder Einzusperren und zu beobachten sind.


Oranienburg, Sonnabend, den 22. Dezember 1877 (Nr. 151), Kreis-Rundschau. / Nieder-Barnim.

Weißensee. Nach einer Seitens des hiesigen Amtsvorstehers unterm 23. Novbr. cr. mit Zustimmung des Amts-Ausschusses erlassenen Polizei-Verordnung sind alle Besitzer bebauter und unbebauter Grundstücke, welche im diesseitigen Amtsbezirk ihren beständigen Wohnsitz nicht haben, verpflichtet, bei Vermeidung einer Ordnungsstrafe von 9 Mark dem Gemeinde- resp. Gutsvorsteher eine hier ansässige Person namhaft zu machen, an welche Verfügungen der Kommunalbehörden resp. des Amts-Vorstehers mit Rechtsverbindlichkeit behändigt werden können und welche zur Vertretung des betreffenden Besitzers in Kommunal-Angelegenheiten mit Vollmacht versehen sind. ...


Oranienburg, Sonnabend, den 29. Dezember 1877 (Nr. 153), Rundschau. (Berlin)

Die Statistiker, die alles nachzählen und nachrechnen, sind ungalante Leute. Den amerikanischen Frauen und Mädchen sagen sie nach, sie brauchten jährlich soviel Schminke zum Anstreichen ihrer Gesichter, daß man für dasselbe Geld jährlich 37,000 Häuser anstreichen lassen könne, jedes Haus zu 300 Dollars gerechnet.


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