Als wir vor einem halben Jahr begonnen haben, die Mehrower Geschichte zu erforschen und für www.mehrow.de aufzubereiten, wußten wir so gut wie gar nichts über Robert Stock, der vor hundert Jahren hier das Rittergut besessen hat.
Inzwischen haben wir sehr viel Material über ihn zusammen getragen, das wir nach und nach aufbereiten und alsbald hier präsentieren.

Leider bezieht sich fast sämtliches Material auf sein Wirken als Unternehmer. Über sein Dasein als Rittergutsbesitzer und über seine Familie wissen wir hingegen kaum was. Deshalb haben wir uns mit Unterstützung des Hagenower Gymnasiums und des Ortschronisten von Hagenow (der Geburtsstadt Robert Stocks) auf die Suche nach Verwandten gemacht, um etwas Persönliches über ihn zu erfahren.

Bei unseren Recherchen sind wir u.a. auf zwei Großnichten von Robert Stock gestoßen (Enkelinnen seines Bruders Albert Stock), die in Ratingen bei Düsseldorf bzw. in Flensburg wohnen. Diese konnten uns einiges über Robert Stocks Geschwister und Kinder erzählen, ihn und seine Frau haben sie aber selbst nicht mehr kennen gelernt. Aber unser hartnäckiges Nachfragen hat sich trotzdem gelohnt. Eines Tages war plötzlich Post von einer der Damen im Briefkasten und darin war ein Bild von Robert Stocks Ehefrau Sophie.

Diese lustig drein schauende Frau war also unsere Rittergutsbesitzerin! Wann, wie oft und wie lange sie hier in Mehrow war, weiß niemand zu sagen. Und da sie 1914 gestorben ist (in dem Jahr als unsere älteste "Ureinwohnerin", Frau Elise Dietrich geboren wurde), hat sie wohl auch kein noch lebender Mehrower je zu Gesicht bekommen. Gewohnt hat die Familie in Treptow in der "Villa Stock" in der Treptower Chaussee 34 (jetzt Puschkin-Allee), dort wo jetzt der Treptower Park ist.

Wie an anderer Stelle ausgeführt, hat Robert Stock die von ihm gegründeten Firmen um 1900 verkauft und den Erlös (allein für die Telegraphenapparate-Fabrik 3,5 Millionen Reichsmark) in 4 Güter angelegt: das Rittergut Mehrow, je ein Gut in Werneuchen und Saarmund und ein Waldstück in Pommern, nahe Kolberg. Dieses Waldstück, das wohl vorwiegend der Jagd und als Sommerfrische diente, hat er zu Ehren seiner Frau "Sophienwalde" genannt. Dort wurde auch das Foto von Sophie aufgenommen, etwa 1908, als Robert Stock seinen fünfzigsten Geburtstag feierte.

Ihre volle Schönheit entfaltet Sophie Stock aber erst in der Ganzkörperaufnahme. Daß die Kinder in der Verwandschaft die 3-Zentner-Dame "dicke Tante Sophie" nannten, ist wohl nicht ganz aus der Luft gegriffen. Und die Erzählung, sie hätte jeden Morgen zum Frühstück einen Aal gegessen, muß auch kein Gerücht sein ...

Da Robert Stock selbst auch kein Hänfling war, sind dem Vernehmen nach auch die Töchter Anna und Luise, die nach seinem Tod die Güter in Mehrow bzw. Werneuchen übernommen haben, recht kräftig geraten.

Sophies Geburts- und Sterbedaten konnten wir dem Grabmal auf dem Alten Luisenstädtischen Kirchhof in der Kreuzberger Bergmannstraße entnehmen: Sophie Stock, geb. Lübbert, wurde am 1. Juni 1859 geboren und ist am 8. Juni 1914 [in Berlin] gestorben. Sie stammte aus Pätow-Stegen in der Nähe von Roberts Heimatstadt Hagenow (Mecklenburg) und ist unter sehr einfachen Verhältnissen aufgewachsen.

Geheiratet haben Robert und Sophie am 25. Oktober 1885 in der St.-Jakobi-Kirche in
Berlin, wie man Aufsätzen des Bremer Professors Dieter Leuthold entnehmen kann, der ein exzellenter Robert-Stock-Biograph ist und u.a. die Chronik der (von Robert Stock gegründeten) DeTeWe mit verfaßt hat.

Die Verwandten heben anerkennend hervor, daß Robert Stock sich hier in Berlin seiner Jugendfreundin vom Lande besonnen hat und sie an seinem Erfolg teilhaben ließ. Sie war aber an diesem Erfolg nicht ganz unbeteiligt: Roberts Karriere begann damit, daß er mit ihrer Hilfe die zuvor als Fabrikarbeiter gefertigten "Blitzspindeln" für Telegraphen-Apparate ab 1987 als selbständiger Unternehmer in Heimarbeit fertigte uind daraus ein eigenes Unternehmen erwachsen ließ.
Nach der Hochzeit sind Robert und Sophie in eine kleine Wohnung in der Stallschreiber Straße 60 an der Grenze zwischen den jetzigen Stadtbezirken Kreuzberg und Mitte gezogen.

Mit dem Wachsen der von Robert gegründeten Firmen wuchsen dann auch die Ansprüche und Möglichkeiten und man zog mehrfach um.

Bis zum Sprung über die Stadtbezirksgrenze in's damals nach der Gewerbeausstellung gerade aufblühende Treptow blieb man aber immer dem Stadtbezirk Kreuzberg (der damals noch Luisenstadt hieß) treu. Dort befand sich seinerzeit auch die Mehrzahl der Stock'schen Firmen und dort hat in der Zeughofstraßé 6/7 auch jetzt noch die DeTeWe ihren Sitz.

Und wie schon ausgeführt, sind Robert und Sophie auch am Kreuzberg begraben ...

Über die Kinder der beiden gibt das Werneuchener Kirchenbuch, in dem Pfarrer Dobbermann für uns geblättert hat, Auskunft:

Die ältere Tochter, Frieda Maria Luise Stock, wurde am 8.9.1882 geboren und hat am 4.10.1906 in der Treptower "Villa Stock" den Mehrower Landwirt Hans Anton Max Jakob Müller geheiratet. (Sie haben später das Werneuchener Gut übernommen.)
Die jüngere Tochter, Anna Stock, wurde am 9.1.1887 geboren und hat am 29.6.1918 in Werneuchen Otto Max Bothe, Fabrikbesitzer in Berlin-Weißensee, geheiratet. (Anna war zu diesem Zeitpunkt schon Besitzerin des Mehrower Rittergutes.)

Etwas Mühe hat es gemacht.den Ort Sophienwalde zu finden, den Robert Stock etwa 1900 erworben und zu Ehren seiner Frau Sophie so benannt hat. Aus den Akten war nur bekannt, das dieser Ort im Kreis Kolberg (jetzt Kolobrzeg) liegt. Robert Stocks Großnichten Else Heilmann (Ratingen) und Lieselotte Heuser-Horn (Flensburg), die in den 20er/30er Jahren einmal dort waren, konnten nur präzisieren, daß der Ort bei Schievelbein (jetzt Swidwin) liegt.

Eine Recherche im Internet ergab, daß Sophienwalde ein Ortsteil von Reselkow an der Molstow im jetzigen Polen war.

Ein Vergleich alter und neuerer Karten zeigt, daß es sich dabei um das heutige Rzesnikowa am Fluß Molstowa, an der Grenze der Bezirke Koszalin (ehemals Koslin) und Szczecin (Stettin) an der "52" (ehemals B2, d.h. verlängerte Greifswalder Straße in Berlin) handelt.
Reselkow im Kreis Kolberg, Karte von ca. 1940 Reselkowa in der Wojewodschaft Koszalin, 1979

Ein Besuch dort steht noch aus. Frau Heilmann erinnert sich noch, daß vom Ort ein langer, gerader Waldweg auf ein frei stehendes Haus führte, in dem eine große Eingangshalle mit einem beeindruckenden Lüster war. Da Sophies Ehemann, der Mehrower Rittergutsbesitzer Robert Stock, sich offenbar gern dort aufgehalten hat und 1912 dort auch gestorben ist, werden wir versuchen, noch Näheres über diesen seinen Landsitz zu erfahren.