... Jedenfalls bin ich am 1. Dezember 1925 als noch Siebzehnjähriger sogar freudig von zu Hause weggegangen.
Es lag schon viel Schnee.
Mit dem Milchwagen fuhr ich zur Bahnstation Wilmersdorf und bin mit meinen Habseligkeiten im Pappkarton in Berlin gelandet.
Meine erste Nachfrage beim Melkerverband (gleichzeitig Stellenvermittlung) Schlegelstraße war ohne Erfolg.
Aber schon am nächsten Tag klappte es, ich bekam eine Stelle als Gehilfe in Mehrow bei Ahrensfelde bei Melkermeister Karl Fickler.
Unbedingt muss ich noch bemerken, daß es bei den Stellennachweisen nur so von arbeitslosen Melkern wimmelte.
Sicherlich hatte mein Vater bei dem Verbandskollegen angerufen, (denn der erteilte mir gleich eine Rüge, warum ich vom Vater weggehe), mir behilflich zu sein.
Jedenfalls kam ich ab Schlesischem Bahnhof über Ahrensfelde nach Mehrow. Mein Monatslohn betrug 55 M, für die Wäsche musste ich selbst sorgen.
Im Vergleich zu dem, was ich bisher kannte und gesehen hatte, war alles großzügig und neu für mich.
Vorher kannte ich auch kein elektrisches Licht bei der Arbeit!
Der Betrieb nannte sich „Vorzugsmilch“. Die Milch wurde per LKW nach Berlin in Krankenhäuser und Sanatorien geliefert, damals in Flaschen a Liter zu 56 Pfg.
Zum Betrieb gehörten 300 Milchkühe, 200 standen im Hauptbetrieb Mehrow und 100 im Vorwerk Trappenfelde, alle unter ständiger Veterinär-Kontrolle.
Jeder Melker musste 20 Kühe in 2 ½ Std. Melken - das schaffte nicht jeder! -
Genau im Dezember 1925 wurde in diesen Betrieb schon eine elektrische Melkmaschinen-Anlage gebaut, Typ Alfa-Laval.
Aber die Technik war noch nicht so fortgeschritten wie heute. Wir haben oft nur per Hand gemolken.
Für mich war eine neue Situation entstanden, indem ich mich der allgemeinen Atmosphäre und den Arbeitskollegen anpassen musste.
Immerhin zählten wir 12 - 14 Kollegen, arbeiteten in 3 Ställen, wohnten unter einem Dach in mehreren Räumen und nicht immer waren nette Rabauken dabei.
Jedenfalls habe ich mich im Umgang mit den Kollegen durchgesetzt - arbeiten hatte ich ja schon gelernt.
Gewechselt wurde am laufenden Band. Im Juli 1926 nahm ich eine Woche Urlaub, natürlich unbezahlt.
Ich war nun schon ein wenig neugierig auf zu Hause und wollte auch zeigen, dass ich neu und gut eingekleidet war.
Als ich wieder zurückkam, habe ich erfahren, daß ich nach meiner Leistung ungerecht bezahlt wurde und bin eben gleich abgehauen ...
|