Dorfschullehrer Otto Tarrach (1881-1967), Lehrer hier von 1946 bis 1949

Der erste Lehrer nach dem Krieg war in unserem Ort Herr Otto Tarrach. Er kam mit seiner Familie aus Lissewen, Kreis Lyck, in Ostpreussen, wo er als Volksschullehrer tätig war.

Als er die Heimat verlassen mußte und im April 1946 als Umsiedler mit Frau und Tochter hier her nach Mehrow kam, war er (geboren am 5.3.1881) bereits 65 Jahre alt.

Er hat sich trotzdem nicht einfach zur Ruhe gesetzt, sondern den sicher nicht leichten Dienst als Lehrer an unserer Schule übernommen, wo es immerhin drei Jahrgänge in einer Klasse zu unterrichten galt.

Der Schuldienst hatte sicher den Vorteil, daß die Lehrerwohnung des Schulgebäudes der Familie ein akzeptables Dach über dem Kopf bot - nicht jeder der Vertriebenen hat das sofort gefunden.
Aber trotzdem war nicht die richtige Zeit, die Hände in des Schoß zu legen, da ringsum alles verwahrlost war.

So war es zum Beispiel ersteinmal angesagt, den Spaten in die Hand zu nehmen und den völlig verwilderten Schulgarten wieder nutzbar zu machen, damit die Familie überhaupt eine Versorgungsgrundlage hat.

Das Bild rechts (aufgenommen 1946) läßt vermuten, daß er diese schwere Arbeit nicht als Last, sondern als neue Chance und Herausforderung empfunden hat und mit Freude und Elan angegangen ist.
Otto Tarrach mit seiner Tochter Hildegard 1946 bei den ersten Spatenstichen im Schulgarten

Otto Tarrach 1947 mit seinen Hühnern Und ein Jahr später präsentiert er dann auch schon stolz eine kleine Hühnerfarm. Seine Tochter Hildegard unterschreibt das Bild mit
"Vater hütet seine Hühner!
So begann das Leben in Mehrow, das war der erste Wohlstand."
Sie selbst, eine junge Frau, die bereits eine gute Stellung in der Textilindustrie hatte, mußte hier ganz neu anfangen und zunächst für ein paar Mark bei einem Bauern schuften.

Aber natürlich galt Otto Tarrachs Engagement nicht vorrangig den Hühnern, sondern den "Schäfchen", die er zu betreuen hatte: den Mehrower Kindern. Das Bild rechts ist von ihm selbst noch wie folgt beschriftet: Otto Tarrach 1949 mit seinen Schülern
Handschriftlicher Vermerk von Otto Tarrach

Nur wenige Tage zuvor, am 7.2.1949, war übrigens seine Frau Amalie gestorben, was er sich aber im Interesse der Kinder nicht anmerken läßt.

Auf dem Bild links neben ihm steht Ingrid Beier, die von ihm unterrichtet wurde und später Schwiegertochter seiner Nachfolgerin, Frau Lindholz, wurde. Sie lebt jetzt mit ihrem Mann Heinz Lindholz in Eiche und ist trotzdem im Herzen eine Mehrowerin geblieben.

Sie hat noch ein von Otto Tarrach im Jahr zuvor ausgefertigtes Zeugnis herausgekramt:

Zeugnis von Ingrid Lindholz, geb. Beier

Nach drei Jahren Dienst an der Mehrower Schule ist Otto Tarrach, inzwischen 68 Jahre alt, von Frau Lindholz abgelöst worden. Das war zwangsläufig mit einem Umzug verbunden, denn die Wohnung im Schulgebäude war schließlich eine Dienstwohnung.

Die Ein neues Heim fand Otto Tarrach mit seiner Tochter in der sogenannten "Schnitterkaserne" (Dorfstraße 19) in der sich ehemals im Erdgeschoß ein großer Schlafsaal für schlesische Saisonarbeiter befand und das zwischenzeitlich zum Wohnhaus für mehrere Familien umgebaut worden war.
Dort haben die beiden nicht nur eine Bleibe gefunden, sondern in der Familie Hauswald auch Nachbarn, die sich als echte, lebenslange Freunde bewährt haben.

Ganz wollte sich Otto Tarrach aber noch nicht zur Ruhe setzen. Einige Jahre hat er noch im Dorf die Milchannahme übernommen, bevor er sich zur Ruhe gesetzt hat und am 11.6.1967 im Alter von 86 Jahren gestorben ist.

Er ist mit seiner Frau Amalie auf dem alten Mehrower Friedhof beigesetzt. Der Grabstein erinnert auch an deren Sohn Walter, der nicht aus dem Krieg zurück gekommen ist.

Otto Tarrachs Tochter Hildegard ist inzwischen 91 Jahre alt und noch immer "gut drauf". Bis vor wenigen Jahren hat sie in Mehrow gewohnt. Jetzt lebt sie bei ihrer Schwester in Westdeutschland.
Grabstein von Otto und Amalie Tarrach auf dem alten Mehrower Friedhof