Vor nunmehr 85 Jahren haben unsere letzten Gutsleute, der Berliner Fabrikbesitzer Max Bothe und die jüngere Tochter "unseres" Robert Stock, Anna Stock, geheiratet.
Im Nachlaß von Anna Bothe, den uns freundlicherweise Frau Eva-Margot Müller (die Witwe des unten erwähnten "kleinen Ottchen") geliehen hat, findet sich auch die Hochzeitszeitung von Max und Anna Bothe aus dem Jahre 1918.

Da die sogenannte "Hochzeits-Rundschau" neben ein paar Belanglosigkeiten, die in jeder Hochzeitszeitung zu finden sind, auch einige Reime enthält, die uns unsere Gutsleute etwas näher bringen und deren Eigenheiten beleuchten, wollen wir die Zeitung hier einfach mal zum Besten geben:


Widmung

Nehmt beid' von Liebesglück umflossen
Den Segensgruß am heut'gen Tage an!
Ihr saht entzückt als liebende Genossen
Im Eheleben viele Feuden nahn.

Du, Max, weih Deines Herzens Triebe
Vertrauend Deiner Gattin für und für!
Du, Anna, sei durch zarte Liebe
Des Gatten allerschönste Zier.

Erstes Lied
Wie's so kam
(Mel. Studio auf einer Reis')

1. In Berlin bei Falkenberg, Jupheidi, jupheida
Da begann das Liebeswerk, Jupheidi, heida.
Müller aus Werneuchen kam,
Platz im kühlen Keller nahm,
Jupheidi, heidi, heida, jupheidi, heidallala,
Jupheidi, heidi, heida, jupheidi, heida.

2. Und der Wirt der sprach ihn an: Jupheidi u.s.w.
"Woll'n Sie Dünger haben, dann -"- Jupheidi u.s.w.
"Kunstdünger so zart wie Wachs,
den besorgt der Gießer-Max!" Jupheidi u.s.w.

3. Und so traf sich eines Tags Jupheidi u.s.w.
Hans mit diesem schlanken Max. Jupheidi u.s.w.
Und die zwei bei edlem Trank,
Wurden Freunde - Gott sei Dank! Jupheidi u.s.w.

5. An den Dünger dachte er Jupheidi u.s.w.
Auch nicht im Geringsten mehr, Jupheidi u.s.w.
Kohlen schickt' er, - Fuhren voll,
daß "sie" nur nicht frieren soll. Jupheidi u.s.w.

4. Hans nahm Maxen mit, - wie nett, Jupheidi u.s.w.
Max bracht' Friedel ein Bukett, Jupheidi u.s.w.
Und er lernte kennen, -ah!-
Annchen Stock! - Wie ward ihm da ??? - Jupheidi

6. So begann bei Falkenberg Jupheidi u.s.w.
dieses holde Liebeswerk. Jupheidi u.s.w.
darum - Dankbarkeit im Sinn, -
sitzt Max oft im Keller drin. Jupheidi u.s.w.

Vom "i" zum "ei"
(Sprachwissenschaftliches)
[1] "Wenn ich bloß wißt, wie mach ich's, wie?
Ich geb' mir doch die größte Mieh'
Mit "i" und "ei" und "ei" und "i"!
Am Abend spät, am Morgen Frieh
Ib ich auf's Neie stets mit Feier
Mit Fleiß und Eifer, ungeheier
Das "ei" und "i", das "i" und "ei",
Leicht ist das nicht bei meiner Frei!"

[2] Als Heilmittel tät einem Proppen
Sie sich in's Mindchen feste stoppen,
Und ibte, ibte stets aufs nei
das "ei" und "i", das "i" und "ei"!
Doch hat der Kork nicht viel genitzt;
Wo "i" und "ei" verquer mal sitzt,
Da nitzt es nichts, sich einen Proppen
In's teire Mindchen 'rin zu stoppen;
Und komisch klingen "ei's" und "i's",
Ist sonst das Mindchen noch so sieß!

[3] Sie ist ein Freilein voller Giete,
Trägt immer ganz moderne Hiete -
Und als es neie Kiekel gab,
Da freite sie sich, nicht zu knapp,
Und konstatierte mit Vergniegen,
Daß Tiere durch die "Tiere" fliegen.
Ob Max darieber sich nun freit?
Natierlich, denn es wär' ihm heit
Doch ganz was Neies, sicherlich,
Spräch plötzlich sie "Uech lübe Düch!"

Das Ponnyfuhrwerk


1. Ein Ponnyfuhrwerk ist stets zierlich,
Das Pferdchen, ach so nett, so klein,
Das Wägelchen, wie es gebührlich,
Darf auch nicht zu gewaltig sein. -

3. So dacht' der Weissenseer Max!
Und eins, zwei, drei ist aufgesprungen
Er auf das Hintersitzchen Stracks,
Und fuhr zu Müllers beiden Jungen.


2. Wie anmutig, wenn hübsche Knaben
Dann lenken so ein Hotto-Hottchen!
"Wie müßten Freude daran haben
Der Robert und das kleine Ottchen!"

4. Das war ein Bild des Malens wert,
Im Wägelchen mit kleinster Achse
Gezogen von nem Puppenpferd
Thront würdevoll der Riese Maxe.
Max, der Galante

Max Bothe ist, wie altbekannt
Im allerhöchsten Grad galant.
Fuhr er zur süßen Braut hinaus,
Tat er's nie ohne Blumenstrauß.-
Noch einen zweiten bracht er an;

Den zweiten Strauß, den bracht er dann
Frau Friedel, - wohl aus Dankbarkeit,
Weil doch zur schönen Pfingstenzeit
Sich Max gesucht in ihrem Haus
Die allerschönste Blume aus.

Uslar

Lenkt jetzt nach Uslar Eure Schritte,
Speziell zur königlichen Hütte,
In Solling!- Voll Interesse seht,
Was dort für'n Riesen-Auto steht!!!
Dies Auto, laubgeziert,
Hochherrschaftlich möbliert,
Für Maxens Gäste ward
Zu einer Maienfahrt.
Sogar ein Klubsopfa! und sieh' da,
Drauf saßen Anna und die Frieda.
Jedoch die andern all, die lieben,
die Männer (ohne Kutscher: sieben)
Begannen über'n Platz zu quengeln,
Bis Max rief: "Man blos nicht drängeln!!!"
Zu diesem Reim haben wir in Anna Bothes Bilderkiste das passende Foto gefunden: Ein laubgeziertes, voll besetztes "Riesen-Auto" mit einem Sofa d'rauf:

v.l.n.r:: Robert und Otto Müller, Albert Stock (?),
ein Unbekannter, Hans Müller, ein Unbekannter,
Max Bothe, Anna Stock und Frieda Müller

Zweites Lied (Stimmungsbild aus Mecklenburg)
Mel.: Am Brunnen vor dem Tore

1. Es lebt der Onkel Albert
Mit seiner Gattin froh
In Eintracht sehr beschaulich
Im schönen Hagenow.
Wie ist es da so stille,
So friedlich, wunderbar,
Und sanft fließt dort ein Flüßchen,
Das kleine Flüßchen "Pchmaar".

3. Und Max lud ein den Onkel
Nach Weißensee! -"Ich hab's,
Zuerst woll'n wir versuchen"-
Sprach Max - "den Gießerschnaps!"
Doch strenge blickt auf Maxen
Der Herr aus Hagenow:
"Bist Du ein Bauernfänger?
Willst Du mich fangen ? - Oh!
2. "Ach, Wasser, immer Wasser
Hält niemand aus, ach nee!"
So sprach zum lieben Onkel der Max aus Weißensee.
"Ich sitze nie beim Wasser,
Sitz' lieber schon beim Sekt,
Weil der entschieden besser
Und mehr ergötzlich schmeckt.

4. "O nein, mein lieber Onkel"
Sprach Mamuth-Max dann froh,
"Ihr seid gewohnt ans Wasser
Vielleicht in Hagenow;
Doch mir, mein teurer Onkel"
- Voll Ehrfurch Maxe spricht -
"Mir, mir, Du kannst es glauben,
Bekommt das Wasser nicht."
Seine Junggesellenbude (Interieur.)

1. Das Herrenzimmer! - Donnerstark!
So rief erstaunt das Annchen Stock
"Dein Herrenzimmer, - ideal
Ist wirklich gradezu feudal!"

2. "Im Eßzimmer fühlt man Behagen
Sofort regt sich dort auch der Magen.
Hier muß es gut zu präpeln sein
Mit schäumenden Champagnerwein."

3. "Das Schlafzimmer! - Ei, wie diskret!
Sag' Max, wer ist's, der es versteht,
So traulich einzurichten? Sag mir's doch!--
Auf Antwort wartet Anna noch!

Die Liebe ? (Patologische Studie)

Der Schwerarbeiter Robert saß
Im Ratskeller. - Er trank und aß,
Hat doch bei Trunk und Essen
Das Bräutchen nicht vergessen.
Als er nun hört', - Schokolade Lindt,
Die gibt's in Weissensee -, geschwind
In tiefer, dunkler, graus'ger Nacht,
Hat er sofort sich dünn gemacht.
Nach Weissensee rannt Robert hin
Und holte mit verliebtem Sinn
Die Schokolade, Marke Lindt,
Für seine Braut, das holde Kind,
Erhielt sie auch, und war beglückt,
Ja, ja! Die Liebe macht verrückt!-

Ein Zukunftsbild
(Eine Idylle)
Wie schön, wie wundervoll und fein
Wird es wohl bald in Mehrow sein!
Dem jungen, neugebacknen Pärchen,
Dem wird es sein, als wie im Märchen;
Sie lieben sich ja inniglich
Und küssen sich so minniglich.

Wie süß! Nimmt sie die Laute dann
und fängt darauf zu zupfen an!
Sie singt dazu mit viel Gemüt
Ergreifend dieses schöne Lied:
"O, Max, mein Max, so lang, so dick,
So groß wie Du bist, ist mein Glück!"

Und Max, der ist gar sehr erfreut;
Doch Freude ohne Fruchtigkeit,
die ist nur halb, drum bittet er:
"Gib mal den Kellerschlüssel her!"
(Den Weinschlüssel verwahrt, - wie schlau!-
Anna, die junge, gnädge Frau)

"Den Schlüssel willst Du, gnädger Mann?
Fängst Du so früh schon heute an?
Du! Du! Denk' Schatz doch an Dein Wohl!
Geht's gar nicht ohne Alkohol?
Du! Du willst ungezogen sein?"
-- Da flüstert Mäxchen: "Nein! Nein, Nein!"
Und schließlich bringt sie selber dann
den edlen Wein dem lieben Mann,
und selig stoßen Beide an.
- Allmählich bricht die Nacht heran; -
- Man hört ganz leis nur noch: "Du! Du!"
Und Mehrow liegt in stiller Ruh.

Schlußlied
(Mel.: Du hast die schönsten Augen)

1. Nun singet wie's Brauch ist und Sitte
Ein Liedchen zu Lob und zu Ehr
Dem Paare in unserer Mitte,
Sag' Pärchen, was willst Du noch mehr?

2. Ein Weibchen, so hold und so niedlich
Ist Dein nun, wie längst Dein Begehr,
Sie ist ja so lieb und gemütlich,
Sag Maxe, was willst Du noch mehr?

3. Sie wird Dich gewiß nie betrüben,
Dir treu bleiben immerdar sehr,
Die immer hübsch folgen, Dich lieben,
Sag, Maxe, was willst Du noch mehr?

4. Einst dachtest Du, Annchen, beklommen,
Wenn Max doch mein Gatte erst wär!
Nun hast Du ihn heut' ja bekommen,
Sag, Annchen, was willst Du noch mehr?

5. Für Dich wird sein Herz allzeit schlagen,
Schenk' ihm nur stets willig Gehör!
Dann wird er auf Händen Dich tragen!
Sag, Annchen, was willst Du noch mehr?

6. Der Himmel soll Glück Euch stets geben,
Ein Dasein voll Freuden, voll Ehr',
Hurrah! Unser Pärchen soll leben!!!
Na Kinder, was wollt Ihr noch mehr?


ENDE DES REDAKTIONELLEN TEILES

ANZEIGEN
HOF-THEATER IN WERNEUCHEN
(In Müllers Hof.)
Landrats kommen. Lustspiel in 2 Akt.
Personen:
Tante Anna ...... Anna Stock   
Mutti Friedel ... Frieda Müller   
Hans ............ Hans Müller   
Der Herr Lehrer .... xxx
   " " Landrat ... xxx
Die Frau Landrat ... xxx
Ort der Handlung: Werneuchen
Zeit: 1. April 1918.

Inhaltsangabe: I. Akt
Ein Bukett kommt anonym bei Müllers an! Allgemeines Staunen! Von wem ? Für wen ? Die kluge Anna denkt bei sich: Zum Jubiläum des Herrn Lehrer. - Oder ? - Landrats kommen zu Müllers. Daher großes Diner. Anna furchtbar aufgeregt ab. (Dieser Abgang Anna's ist von höchster dramatischer Wucht.)
II. Akt
Große Beratung zwischen Friedel und Anna über die Kostenfrage. Anna erstaunt, erstarrt! Friedel spricht vom banalen Morgenrock. Natürlich nicht zum Diner. Der große Moment kommt, aber Landrats kommen nicht, hingegen kommt Anna hereingerauscht in allererster Garnitur. Hofrobe. Hans kommt laufend mit dem Kalender in der Hand: 1. April. - Anna knickt zusammen und zerknautscht sich dabei ihre beste Kluft und ruft: "Niederträchtige Gesellschaft!"

Dieser Aktschluß übertrifft an dramatischer Wirkung alles Dagewesene. Das Publikum johlt.

! SECESSIONS-Ausstellung !
Portrait der Tochter eines katholischen Pfarrers
Nähere Auskünfte gibt der Nürnberger "Karl."
NASENFORMER
billig abzugeben.
WO ? sagt die Redaktion des Blattes!
GESANG-VEREIN
Sucht Beschäftigung mit Vorliebe zur Feier des 30. Geburtstages
Dirigent: Hauptlehrer HOFFMANN

Bezugsscheinfreie
sehr haltbare, ausgezeichnete
MORGENSCHUHE
besonders für heimliche Kellerfahrten geeignet gibt ab, da Max von hier scheidet.
Der Hauswirt.


In Ermangelung von Sektgläsern empfiehlt
BLUMENVASEN
DIE HAUSFRAU
Als gewiegter SCHLOSSER,
Spezialist im Anfertigen von Nachschlüsseln mit Gebrauchsanweisung für Weinkeller empfiehlt sich
Robert Kohlensäure
! Bei entsprechender Bezahlung !
stelle meinen Salonwagen (Packwagen) zur Verfügung, da Bedarf nicht mehr vorhanden.
Granaten-Max


! ZUM NACHTAUFENTHALT !
für Reisende nach Freienwalde, Hotel Baltic Berlin, sehr zu empfehlen,
selbst in schwierigen Lagen
Portier und Hausdiener auf der Höhe!
DIE DIRECTION

SPRECHSTUNDEN
in verschiedenen Angelegenheiten werden auf Wunsch
im Rats-Keller
WEIN-ABTEILUNG
abgehalten
DER HÜTTENONKEL