Hans Prötzsch im Sommer 1999
Wer etwas über die letzten 70 Jahre in Mehrow erfahren will, ist bei Hand Prötzsch an der richtigen Adresse.
Inzwischen 86-jährig ist er zwar an den Rollstuhl gefesselt, aber geistig unheimlich rege. Gern gibt er Auskunft über das, was er vor und nach dem Krieg hier erlebt hat.

Er wurde am 30.4.1915 in Greifenhagen (Pommern) geboren und kam auf einigen Umwegen 1930 nach Mehrow.

Sein Stiefvater, August Müller, war selbständiger Schmied und fand hier Anstellung als Nachfolger von Schmiedemeister Krause.
Die Familie wohnte zunächst im "roten Haus" an der Dorfstraße.

Seine Lehre als Bäckergeselle mußte Hans Prötzsch aus gesundheitlichen Gründen abbrechen und war in der wirtschaftlich schwierigen Zeit Anfang der 30er Jahre gezwungen, sich mit schlecht bezahlten Jobs (10 Pfennig pro Stunde!) über Wasser zu halten. Trotzdem erinnert er sich gern an seine Jugendjahre in Mehrow, zumal er hier seine spätere Frau gefunden hat.

Das Bild zeigt ihn bei seiner Konfirmation, kurz bevor er nach Mehrow kam.

Das wohl herausragendste Ereignis in dieser Zeit war die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Mehrow am 15. Juli 1934. Sein Stiefvater, August Müller, war der erste Wehrleiter in Mehrow (links mit Feuerwehrhelm) und er selbst gehörte zu den ersten Kameraden (erste Reihe, dritter von rechts).

Die Erstausstattung der Feuerwehr bestand neben ein paar tragbaren Feuerlöschern (siehe Bild) aus einer Handdruckspritze mit
2 * 4 Mann Bedienung, die im Bedarfsfall von Pferden gezogen wurde.
Dazu hatten die Bauern des Dorfes (Meißner, Thuerling, Brederecke) abwechselnd Pferde bereitzustellen. Erst später bekam die Feuerwehr ausrangierte Mannschaftswagen der Polizei.

Die Spritze war in einem Schuppen hinter dem Dorfteich, gegenüber dem ehemaligen Dorfkrug, abgestellt. Dort fand jeden Sonntag unter Anleitung eines pensionierten Berufsfeuerwehrmannes, Herrn Schäfer aus Berlin, die Ausbildung statt. (Das Bild zeigt einen der Mehrower Kameraden.)
Danach ging es in den Dorfkrug zum Stiefeltrinken, wobei jeder aufpassen mußte, daß er nicht der erste ist, bei dem das edle Getränk im Stiefel gluckert, sonst war die nächste Runde fällig. Zwei Mark für einen 2-Liter-Stiefel klingen heute nach Schnäppchen, damals war's doch ziemlich viel ...
Nach erfolgreichem Durstlöschen war Herr Schäfer dann regelmäßig Mittagsgast im Hause Müller/Prötzsch.

Lange währten die unbeschwerten Jugendjahre in Mehrow nicht. 1935 mußte Hans Prötzsch zum Arbeitsdienst nach Schlesien.
Dort war er in der Forstwirschaft tätig, u.a. auf dem Gut vom "Alten Ziethen".

Das Bild zeigt ihn mit zwei anderen Mehrower Arbeitsdienstlern (links: Drews, rechts: Strelau) während ihres Urlaubs zu Weihnachten 1935.
Nach dem Arbeitsdienst wurde er als Soldat nach Brandenburg an der Havel eingezogen und gleich danach ging es in den Krieg.
Hans Prötzsch nimmt es im Nachhinein gelassen, daß er zehn Jahre seiner Jugend in Uniform zubringen mußte - er tröstet sich damit, daß er während des Krieges ganz Südeuropa von Spanien bis Griechenland kennengelernt hat.

Seine spätere Ehefrau, Hilda Meißner, kannte Hans Prötzsch schon aus seinen Jugendzeit. Das Bild zeigt sie (zweite von links) zusammen mit ihren Eltern Ernst Meißner und Alma Meißner vor der ehemals noch mit Stroh gedeckten Scheune auf dem Meißnerschen Hof.
Als Hans Prötzsch aus dem Krieg und Gefangenschaft zurück kam, wurde geheiratet und 1953 in den selbst gebauten Lehmstampfbau in der jetzigen "Sackgasse" eingezogen, den er im Laufe der Jahre in ein schmuckes Haus verwandelt hat. Dort wohnt er jetzt noch mit einer seiner Töchter, die ihn liebevoll umsorgt. Seine Frau ist schon vor dreizehn Jahren gestorben und auf dem Mehrower Kirchhof neben ihren Eltern beerdigt.