Im Heft 44 / 2 (1932) der im Verlag von R. Oldenburg, München/Berlin erschienenen
„Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte“
findet sich unter dem Titel
„Straßensysteme und Siedlungsprobleme in der frühgeschichtlichen Mittelmark“
ein Beitrag zur Kolonisation des deutschen Ostens von Kurt H. Wels.
Ab Seite 250 heißt es dort:
Betrachten wir vorerst die größere Westhälfte des Barnims zwischen Berlin und der langen Rinne zwischen dem Blumenthal und der Spreetal, die mit dem Gamengrund beginnt und sich über Fänger-, Bötz-, Stienitzsee zu den Rüdersdorfer Seen absenkt. In diesem Abschnitt fällt eine beträchtliche Anzahl von Dörfern auf, die im wesentlichen von Nord nach Süd orientiert sind und sich leicht durch fortlaufende Straßenzüge verbinden lassen, Straßenzüge, die übrigens z. T. heute noch als wichtige Verkehrswege bestehen. Alle diese Straßen laufen auf Köpenick zu, richtiger gesagt, sie strahlen von diesem Orte aus. ... Die überragende Bedeutung Köpenicks als Ausgangs­punkt eines weitverzweigten Straßensystems berechtigt uns, das ganze Straßensystem als das Köpenicker Straßensystem zu bezeichnen.
Der erste Straßenzug lief von Köpenick aus die Wuhle aufwärts, immer hart am Fließtale bleibend und dessen Krümmen folgend, durchzog sinngerecht, also abweichend von der heutigen Haupt­straße, Kaulsdorf und Eiche, bog dann wohl nordöstlich um die Wuhlequellen herum nach Blumberg und dürfte sich hier gegabelt haben, um entweder direkt oder über das im Zuge liegende Dorf Birkholz nach Bernau zu laufen. Der zweite Straßenzug lief sinngerecht durch Mahlsdorf und Hönow nach Blumberg und mündete hier in die genannte Straße nach Bernau ein. Ein Teil des Weges war durch die Hönow-Mehrower Seenkette bestimmt. Ob das kleine Mehrow selbst in diesen Zug hineingehört, mag offen bleiben. Die dritte Straße zog das Mühlenfließ auf der rechten Seite aufwärts, durchlief sinngerecht Dahlwitz, überquerte dann das Fließtal, um über Neuenhagen Altlandsberg und weiter über Wegendorf Werneuchen zu erreichen. Die Straße dürfte dann über Willmersdorf nach Bernau gegangen sein.... Der vierte Straßenzug endlich führte zwischen Spree und Mühlenfließ durch die Heide nach Groß Schönebeck, kurz vor diesem das Fredersdorfer Fließ überschreitend, folgte dann dessen Lauf aufwärts über Vogelsdorf nach Petershagen, das Sumpf­gelände südlich des Dorfes wohl umgehen, und zog sich nun zimlich geradlinig zur Spitzmühle zwischen Bötz- und Fängerseee, die seit 1367 der Stadt Strausberg gehörten. ... Der Weg von hier nach Wilkendorf, heute ein einfacher Waldweg, hieß im Mittelalter der „Heerweg“ und überschritt das Babetal, ein zum Straussee gehörendes Fließtal, bei dem schon in der Bayernzeit unter­gegangenen Dorfe Richardsdorf ... Der weitere Verlauf der Straße wird im wesentlichen der heutigen Fahrstraße über Prötzel nach Wriezen entsprochen haben.
So ergeben sich also vier Hauptstraßenzüge im Barnim mit Köpenick als Knotenpunkt:
1. Köpenick, Kaulsdorf, Eiche, Blumenthal Blumberg, (Birkholz), Bernau;
2. Köpenick, Mahlsdorf, Hönow, (Mehrow), Blumberg, Bernau;
3. Köpenick, Dahlwitz, Neuenhagen, Altlandsberg, Wegendorf, Werneuchen, Bernau;
4. Köpenick, Kl. Schönebeck, Vogelsd., Petershagen, Spitzmühle, Wilkendorf, Prötzel, Wriezen.
... Die bisher ermittelten Straßenzüge lassen Köpenick zu einer Bedeutung emporwachsen, die es in geschichtlicher Zeit nicht mehr hat. Während die Berliner Straßen großenteils sinnwidrig die Dörfer zerteilen, läßt das Köpenicker System eine klare planmäßige Anlage erkennen. Köpenick ist also der Schlüssel zum Barnim gewesen, neben Stralau, das kaum mehr als lokale Bedeutung gehabt haben wird, der einzige Spreepaß des unteren Flußgebiets. ...