In zwei aufeinander folgenden Ausgaben (25. und 26.10.1955) brachte die "Heimatzeitung für den Kreis Bernau" als Lokalausgabe der Tageszeitung "Neuer Tag" einen zweiteiligen Artikel über die noch nicht so richtig sozialistische und damit hilfsbedürftige Mehrower LPG:


Die LPG "Morgenrot" braucht die Hilfe der Partei
Beregnungsanlage für 40 Hektar wird nur zu zehn Prozent genutzt

Mehrow. Die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften sind zu einem festen Bestandteil userer Landwirtschaft geworden. Das beweisen die Genossenschaftsbauern in Schönfeld, Blumberg und Eiche täglich. Sie sind führend in ihrer Gemeinde und werden auf Grund Ihrer Leistungen anerkannt. Das kann jedoch von der LPG in Tempelfelde und von der LPG "Morgenrot" in Mehrow noch nicht gesagt werden. Die Betriebsparteiorganisationen sind dort noch nicht die vorwärtstreibende Kraft und führen keinen konsequenten Kampf gegen das Alte, sich jeder fortschrittlichen Entwicklung Widersetzende.

Wie konnte der Genosse Baumgarten als bisheriger Vorsitzender der LPG "Morgenrot" davon sprechen, daß er den an ihn gestellten Anforderungen nicht gewachsen sei, obwohl er langjährige praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Landwirtschaft besitzt? Eine derartige kapitulantenhafte Stimmung kann die LPG nicht voranbringen. Die SED-Betriebsparteiorganisation hat oft mit Genossen der SED-Kreisleitung beraten, wie die Pärtei helfen muß, die Arbeitsorganisation in der LPG zu verbessern, die noch vorhandenen Reserven richtig einzusetzen und die Genossenschaft zu festigen. Bisher hat sich jedoch nichts geändert.

Es wird zum Beispiel weiter geduldet, daß der Dung von Mehrow nach Trappenfelde transportiert und Stroh zum Streuen für das Vieh von Trappenfelde nach Mehrow gefahren wird. Dabei besteht die Möglichkeit, mit geringem Kostenaufwand die vorhandenen Ställe (ehemaliger Gutshof) wieder herzurichten und somit das gesamte Jungvieh in Trappenfelde unterzubringen.

Ein weiterer Mißstand ist, daß die etwa fünf Hektar große Obstplantage nicht ordnungsgemäß gepflegt wird und die vorhandenen Treibhäuser und Frühbeete dem Verfall preisgegeben werden. Angelegenheit der Partei und des gesamten Vorstandes der LPG muß es sein, sich auch mit den falschen Auffassungen des Kollegen Schulz, ehemaliger Gärtner der LPG, auseinanderzusetzen. Er ist der Meinung, daß er zur vollen Auslastung der Beregnungsanlage 30 bis 40 Hektar Gemüse anbauen müßte, dieses aber dann nicht los würde (!). Dann müßte er es dem Vieh verfüttern oder verderben lassen. Bei dieser Einstellung ist es auch erklärlich, daß die vorhandene Beregnungsanlage, die eine Fläche von etwa 40 Hektar beregnen kann, nicht einmal zu zehn Prozent ausgenutzt wird. Der genossenschaftliche, staatliche und private Handel sowie die Werkküchen würden sich freuen, mit der LPG "Morgenrot" Verträge über die Lieferung von Gemüse abschließen zu können.

Auch der Genosse Ehlert sollte in dieser Frage seine falsche Ansicht ändern und sich nicht auf Altes, Vergangenes orientieren. Die Genossen der SED-Betriebsparteiorganisation haben noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Dem Kollegen Schulz muß auch klar gemacht werden, daß er bei der Ablieferung von Aepfeln an den VEAB nicht nur Früchte der Sorte C aufbringen und der HO bzw. dem. Konsum Aepfel der Sorten A und B anbieten kann, nur weil er angeblich vom VEAB dafür weniger bezahlt bekomme. Ihm ist sicher nicht bekannt, daß gerade das über den VEAB erfaßte Obst den Kranken und Erholungsbedürftigen zugute kommt. Was würde er zum Beispiel sagen, wenn er in einer Pflege- bzw. Erholungsstätte unserer Republik wäre und nur Aepfel der Sorte C serviert bekäme? (Wird fortgesetzt)

Die LPG "Morgenrot" braucht die Hilfe, der Partei
Genossenschaftsbauern fühlen sich unberechtigt noch als Landarbeiter

Mehrow. (Schluß) Die Genossenschaftsbauern der LPG "Morgenrot" sind sich offenbar über ihre gesellschaftlidie Stellung, über ihr Statut und die Bedeutung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften noch nicht klar. Das beweist sich in Aeußerungen wie: "Das geht uns nichts an", "Das gehört mir ja nicht" oder "Wir haben ja nichts zu sagen. Was die da oben wollen, muß ja doch gemacht werden." Diese Genossenschaftsbauern haben noch nicht erkannt, daß die Junker vom Schlage Helldorf ein für allemal entmachtet sind und daß sie, die Landarbeiter von gestern, heute über Grund und Boden bestimmen und dafür die Verantwortung tragen.

Solche alten, überlieferten Ansichten stärken nicht das Selbstbewußtsein, das Vertrauen und die Kraft zum eigenen sozialistischen Betrieb. Das zeigt aber auch, daß sowohl in politisch-ideologischer, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht manches nicht in Ordnung ist. Es wäre eine lohnende Arbeit. wenn sich die Genossenschaftsbauern die Zeit nehmen würden, ihre Objekte und Ländereien einmal mit den Augen eines von der kapitalistischen Ausbeutung befreiten Genossenschaftsbaurrn zu betrachten. Sie sollten danach beraten. wie bei Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten die LPG weiter gefestigt, der Wohlstand vermehrt und das Ansehen gehoben werden kann.

Die SED-Betriebsparteiorganisation hat sich im Beisein von Genossen der Kreisleitung mit diesen Fragen in einer Mitgliederversammlung beschäftigt. Dabei machten sich die Genossen ernsthaft Gedanken, wie die zur Zeit vorhandenen Mängel überwunden werden können. U. a. wurde dem Genossen Thiedke, jetzt Vorsitzender der LPG, offen gesagt, daß er sich die ihm noch anhaftenden Gutsinspektormanieren schnell abgewöhnen müsse. Nicht allein, sondern mit dem Leitungskollektiv muß er die Arbeit in der LPG organisieren.

Die Mitgliederversammlung faßte u. a. den Beschluß, nach dem der Genosse Thiedke beauftragt wurde, gemeinsam mit dem LPG-Vorstand, mit dem zuständigen Agronomen und Zootechnikern der MTS Werneuchen Verbindung aufzunehmen, um noch in diesem Monat Vorschläge für einen Perspektivplan der LPG bis zum Jahre 1960 auszuarbeiten. Weitere Genossen erhielten den Auftrag, mit allen Genossenschaftsbauern über Vorschläge zu diesem Perspektivplan zu diskutieren. Wenn die Beratungen und Vorarbeiten abgeschlossen sind, soll der Plan in einer der nächsten Vollversammlungen endgültig beraten werden.

Die SED - Kreisleitung empfiehlt allen Parteiorganisationen der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, nach dem Beispiel der Parteiorganisation der LPG "Morgenrot" gleiche Auseinandersetzungen zu führen und Beschlüsse zu fassen.

Hubert Behneke
SED-Kreisleitung Bernau