Bei einer Material-Betteltour durch Mehrower Haushalte sind wir auf eine Hausarbeit gestoßen, die 1968 im Rahmen der Facharbeiterausbildung angefertigt wurde und sich mit der damals gerade in Angriff genommenen Broilermast in Mehrow befaßt.
Die enthält ganz interessante Details über die Aufzucht jenes Geflügels, das im Westen als Brathähnchen bekannt ist, über die ganz alltäglichen Probleme im real existierenden Sozialismus und darüber, wie sich ein "Ossi" immer zu helfen wußte.
Literaturkritikern wird auferlegt, das Wort Broilermastalleinfutter dreißig Mal schnell hintereinander aufzusagen, statt mit dem Rotstift durch den Text zu gehen.


Die Broilermast in der L.P.G. Mehrow

1.) Bis zum Jahre 1967 bestanden in der Gemeinde Mehrow eine L.P.G. Typ I und eine L.P.G. Typ III. Die Mitglieder der L.P.G. Typ I erkannten, daß eine ökonomische Weiterentwicklung nur in der größeren L.P.G. vom Typ III gegeben ist und brachten deshalb im Jahre 1967 ihre landwirtschaftliche Nutzfläche sowie die verfügbaren Arbeitskräfte in die große L.P.G. ein. Die verantwortlichen Leitungskräfte unserer L.P.G. haben es in der Folgezeit richtig erkannt, daß nur eine Spezialisierung der Produktion einen großen Nutzen bringen kann. Zielstrebig ging man daran, die verfügbare Nutzfläche von 700 ha in 3 große Gebiete aufzuteilen. Auf einer Fläche von 100 ha wurde Obst und Gemüse angebaut. Auf einer Fläche von 300 ha wurde Getreide angebaut, die restlichen 300 ha blieben zum Anbau von Feldfutterfrüchten. Weiterhin verfügt die L.P.G. über eine Rinderherde von 250 Stück Milchkühen sowie eine Schafherde. Außerdem befaßt man sich mit einer Läuferaufzucht sowie einer Hühnerhaltung von 3000 Stück Legehennen. Als letzte Maßnahme wurde die Einführung der Broilermast vorgenommen.

Im Jahre 1966 fand in der Stadt Kiew ein Weltkongreß statt, auf welchem man sich mit der modernen Geflügelhaltung beschäftigte.
Unsere verantwortlichen Vertreter von Partei und Regierung zogen richtige Schlüsse daraus. So wurde unter anderem beschlossen, auf dem Gebiet der D.D.R. Frischeierkombinate zu errichten, die eine rationelle Eierproduktion ermöglichen. Auch in Mehrow ist der Bau eines solchen Kobinates vorgesehen. Um einer Übertragung von Seuchen von vornherein aus dem Wege zu gehen, ist es erforderlich, daß alle noch zur Zeit bestehenden Hühnerhaltungen in einem Umkreis von 3 km bis dahin abgeschafft werden.

2.) Die Unterbringung der Broiler

Die Aufzucht der Broiler wird in einem Stall vom Typ L.220a, welcher im Jahre 1967 fertiggestellt wurde, durchgeführt.

Diese Zeichnung zeigt, daß der Bau weiterer Ställe geplant ist. Nach endgültiger Fertigstellung des Objektes soll ein Übergang von der Geflügel- zur Kaninchenbroilermast erfolgen.

Geplant war, die beiden Ställe in der Mitte, sollten für die Legehennenaufzucht benutzt werden. Die beiden äußeren Ställe waren geplant, sie mit je 12.000 Legehennen zu besetzen. Doch nun, durch die Umplanung ist nur ein Stall gebaut worden, in welchem die Broilermast vorgenommen wird.

2.1) Stalleinrichtung

Die Broilermast in unserer L.P.G. wird in einem Stall mit folgenden Einrichtungen, welche zum Teil noch für die ursprüngliche Hühnerhaltung geplant war, durchgeführt.

Während die schon für die Hühnerhaltung angeschafften Futterketten, Silos, Ventiltränken sowie die Be- und Entlüftung genutzt werden können, mußten noch zusätzlich Futtertröge, Kükenringe, Saaletränken, Infrarotstrahler und Thermometer angeschafft werden, um eine Broilermast zu ermöglichen.
 

In diesem Kükenring befinden sich ca. 200 Eintagsküken. Die am Kükenring befindlichen Füße zeigen während der ersten 8 Tage nach oben, woduch die Ringfläche abgeschlossen wird und sich die Küken während dieser Zeit nur innerhalb des Ringes aufhalten können. Dieses ist auch erforderlich, um die notwendige Wärme zu erhalten. Durch die kreisförmige Gestalt des Kükenraumes wird ein Erdrücken verhindert. Nach Ablauf der ersten 8 Tage wird der Kükenring gewendet, die Füße zeigen nun nach unten, wodurch den Küken ein Herauslaufen ermöglicht wird. Die Tiere sind nun bereits gut entwickelt und sind jederzeit in der Lage, sich unter den wärmenden Strahler zurückzubegeben. Die Entfernung der Infrarotstrahler von der Einstreu muß wegen der Brandgefahr mindestens 50 cm betragen.

2.2) Die Fütterung

Innerhalb der ersten 3 Wochen geben wir den Küken das Trinkwasser aus Saaletränken. Am 1. Tag bekommen sie Zuckerwasser, auf 1 Ltr Wasser 5 gr. Zucker. Zuckerwasser gibt man für eine gute Kohlehydratversorgung. Am 2. Tag verabreichen wir einen Vitaminstoß. Wir geben auf 2 Ltr Wasser 100 mg Vit. A. Damit das Küken sich gut entwickelt und widerstandsfähig wird. Nun bekommen sie klares Wasser zu trinken. Nach 14 Tagen geben wir Soloxin Tabletten ins Trinkwasser, welche vorbeugend gegen Ansteckungskrankheiten wirken, wie zum Beispiel Kokzidiose und Weiße Kükenruhr. Ab 3 Wochen können die Küken aus den Ventiltränken trinken.
Während die Küken trinken, läuft automatisch frisches Wasser nach, wodurch der Wasserstand in der Tränkrinne immer gleichbleibend ist. Jeden Tag einmal werden Saale- und Ventiltränken gereinigt. Bevor die Küken in die Kükenringe eingesetzt werden, legen wir Papier und bestreuen es mit Broilerfutter. Vom 1. bis 14. Tag sollen die Küken Broilerstarterfutter erhalten. Da wir keins haben, mischen wir Legapan bei. Die Mischung: 1 dt Broilerfutter, 3 kg Legapan.

Im Broilermastalleinfutter sind 10000 I.E. Vit. A
                                
1000 I.E. Vit. D3
Für die ersten 14 Tgae werden   15000 I.E. Vit. A
                                 1500 I.E. Vit. D3 verlangt.

Um diesen Vit. gehalt zu erreichen mischen wir mit Legapan.
Während der ersten 4 Wochen werden die Küken 2 mal täglich gefüttert. Ab der 5. Woche erfolgt noch eine zusätzliche Mahlzeit. Die Beleuchtung wird um 5 Uhr ein- und um 24 Uhr ausgeschaltet. Dadurch verbleibt den Küken nur eine nächtliche Ruhe von 5 Stunden.
Wenn die Küken 3 Wochen alt sind, füttern wir Mohrüben. In der Mohrüben ist Karottin und Vit. A enthalten. Vit. A ist ein Wachstums- und Hautschutz-Vitamin und schützt die Schleimhäute vor Krankheiten. Die Mohrüben werden fein geschitzelt und mit Broilerfutter vermengt.  2 mal am Tag wird dieses Mischfutter gegeben. Futtermenge pro Tag 20 gr. Mohrüben.
Doch leider hatten wir nicht genügend Broilermastalleinfutter, es reichte nur 6 Wochen. Nun wurde auf unserer Mühle eine eigene Futtermischung hersgestellt.

Eigene Futtermischung
   800 kg Eiweißkonzentrat
   600 kg Fischmehl
   100 kg Legapan
   200 kg Mineralstoffgemisch
  2000 kg Weizen
  2000 kg Gerste
+ 4000 kg Mais
  9700 kg

In dieser Futtermischung sind 17% Rohprotein enthalten. In dieser Futtermischung ist nicht genügend Eiweiß. Um den Eiweißgehalt zu erhöhen, ergänzten wir die Fütterung durch Magermilch.

   300 kg Magermilch
   800 kg Eiweißkonzentrat
   600 kg Fischmehl
   100 kg Legapan
   200 kg Mineralstoffgemisch
  2000 kg Weizen
  2000 kg Gerste
+4000 kg Mais
 10000 kg

In dieser Futtermischung sind 20% Rohprotein enthalten.
Auf 1 dt. Futtermischung hätten wir 3 kg Magermilch füttern müssen, um den Rohproteingehalt für Broiler zu erhalten. Unsere Broilerküken waren sehr schnell gewachsen, auch das Federkleid war glatt und glänzend. Der Kamm schön rot, aber die Brust war nicht fleischig genug, das war der Beweis dafür, daß Eiweiß in dem Futter fehlte.

2.3) Pflege und Haltungsmaßnahmen

Kleine Küken brauchen sehr viel Pflege, besonders in der 1. Woche. Bevor wir Küken einsperren, muß der Stall gründlich gereinigt, desinfiziert und gekalkt sein. Nun wird die Einstreu reingebracht, hierfür eignen sich am besten Hobelspäne. Die Höhe der Einstreu beträgt 8-10 cm. Nun werden die Kükenringe, Tränken, Infrarotstrahler und das Papier zum Futter raufstreuen reingebracht. Einen Tag bevor die Küken kommen, wird der Stall angewärmt.

Die Temperatur unter der Wärmequelle      Stalltemperatur
                        1. Woche 32°      28°
                        2. Woche 30°      27°
                        3. Woche 28°      26°
                        4. Woche 26°      25°
                        5. Woche 24°      22°
                        6. Woche 22°      20°
                        7. Woche 20°      18°
                        8. Woche 18°      18°

Das Papier im Kükenring wird täglich erneuert, damit der Kot entfernt wird. Auch die Tränken werden täglich gereinigt. Ab 3. Tag stellen wir kleine Futtertröge und ab 3. Woche große Futtertröge rein. Vor dem Füttern muß der Kot aus dem Futtertrog entfernt werden. Es können Bazillen, Bakterien, Kokzidyen und Orzysten [?], die sich im Kot befinden, ausgeschieden werden. Durch Aufnahme von Kot mit Futter oder Trinkwasser können diese Erreger übertragen werden. Die Reifezeit dieser dauert meistens 2-8 Tage, deshalb die tägliche Reinigung.

Vor jedem Stall muß eine Seuchenmatte sein, die täglich mit 2% Formalinlösung getränkt wird. Die Schuhe und die Kleidung werden gewechselt, bevor man zu den Küken geht. Die Einstreu wird täglich gewendet, damit die Küken sauber und trocken bleiben. Das Futter und Tränkwasser muß den Küken immer zur Zeit gegeben werden, sonst können Stressfaktoren auftreten, die großen Schaden herbeiführen können.

2.4) Ablieferung der Broiler und Mastergebnisse

Am 7. November 1967 sperrten wir die ersten Broilerküken ein. 8000 Broilerküken benötigten wir, um unseren Stall zu besetzen. 2000 Stück bekamen wir von Königswusterhausen und 6000 Stück von Marxwalde. Die Küken von Königswusterhausen waren bedeutend besser wie die von Marxwalde. Die Verluste von Königswusterhausen waren sehr gering, sie betrugen 1,2% Verluste. Die Verluste von Marxwalde waren etwas mehr, das kam daher, daß viele Verkrüppelte bei waren, die wir töten mußten. Die Verluste von Marxwalde betrugen 2,4%. Insgesamt von 8000 Stück Broilerküken 2,1% Verluste.

Auch im Gewicht war ein wesentlicher Unterschied. 1. Wiegen nach

2 Wochen Königswusterhausen 300 gr
         Marxwalde          190 gr
3 Wochen Königswusterhausen 430 gr
         Marxwalde          330 gr
4 Wochen Königswusterhausen 670 gr
         Marxwalde          500 gr

Da wir sahen, daß unsere Küken gut zunahmen, unterblieb das wöchentliche Wiegen, so daß wir nur Stichproben machten. Hier war ein großer Unterschied, der auch bis zur Ablieferung blieb. Wir konnten aber keine genaue Kontrolle bis zur Ablieferung durchführen, weil sie nach 14 Tagen frei im Abteil herumlaufen und so durcheinanderlaufen. Aber trotzdem leuchteten sie immer von den anderen heraus. Es ist sehr wichtig, gutes Kükenmaterial zu bekommen. Für Broilerküken eignen sich am besten die Kreuzung White Rocks [weibl.] mal Cornisch Game [männl.].

Wir hatten aber trotzdem bei der Ablieferung einen guten Ø erhalten. Mit 9 Wochen haben wir die ersten Broiler geliefert.

17.1.1968   1530 Stück   Ø 1,74   2660 kg
19.1.1968   1518 Stück   Ø 1,66   2522 kg
22.1.1968   1620 Stück   Ø 1,51   2448 kg
30.1.1968   1505 Stück   Ø 1,60   2410 kg
31.1.1968   1530 Stück   Ø 1,63   2497 kg
            7703 Stück   [durchschnittl.] 1,62  12537 kg
               wurden in der Gemeinde verkauft:    45 kg
                                                12582 kg
12582 kg wogen unsere Broiler
Kl. A.     104,86 dt   70256,20 MDN
Kl. B.      15,23 "     8681,10  "
Kl. C.       5,03 "     2213,20  "
Industrie    0,38 "       30,40  " 
           125,50 dt   81180,90 MDN

Für 125,50 dt Broilerfleisch hat die L.P.G. 81020 MDN erhalten.

Futterverbrauch 460 dt Broilerfutter
                 50 dt Möhren

Für 1 kg Zuwachs wurde 3,65 kg Futter benötigt.

Kohlenverbrauch 403,- dt. 1 dt kostet 3,72 MDN
                403,- dt Kohlen kosten 1499,16 MDN

Energieverbrauch 7360 kWh = 920,- M

Broilerfutter

Januar       195,90 dt    8172,50 M
Nov.+Dez.    273,40 dt   17076,49 "
Legapan      157 kg        292    "
Möhren        50 dt        499    "
                         25960,99 M

An Lohn und Unkosten für Stallreinigung und Reparatur  6537,90 M

    Einnahmen für Broiler    81020,00 M
(*) Ausgaben   "    "        -3118,05
    Erlös                    46101,95


Da die letzten Rechnungen noch nicht alle übereingestimmt sind, weiß ich nicht, ob noch mehr Ausgaben dazu kommen.

Planforderung für das 1. Jahr mit 4 Durchgängen. Je Durchgang 10 Tonnen.
70 % Kl. A
20 % Kl. B
10% Industrieware
10% Verlust
Die Planung wurde so gelegt, weil wenig Erfahrungen vorhanden waren.

3.) Gesammelte Erfahrungen anwenden

Die ersten praktischen Mastergebnisse liegen nun bereits vor. Wir werden bestrebt sein, die nun sichtbar gewordenen Fehlerquellen in Zukunft zu beseitigen, um dadurch noch bessere Masterfolge zu erreichen. Mit unserer rationellen Arbeitsweise wollen wir einen hohen ökonomischen Nutzen erzielen. Wir hoffen durch unsere Arbeit zur besseren Versorgung der Bevölkerung beizutragen.

* In den Ausgaben kommen noch die Tierzukäufe hinzu.
Königswusterhausen    2000 Stück   2600 M
Marxwalde             6000 Stück   7017 M
                      8000 Stück   9617 M

Ausgaben   34918,05 M
           +9617,00 M
           44535,05 M

Einnahmen  81020,00 M
Ausgaben  -44535,05 M
Erlös      36484,95 M