Die Erfassung und Verwertung von Altstoffen (bzw. "Sekundärrohstoffen", wie es damals hieß), war bekanntermaßen früher anders organisiert ...
Sicher war seinerzeit der Drang, möglichst viele Altstoffe zu erfassen und wieder der Produktion zuzuführen, der miserablen Rohstoffversorgung und weniger der Naturliebe geschuldet. Aber das macht das damalige Vorgehen nicht gleich lächerlich.

Im Gegenteil: Diejenigen, die zwischenzeitlich ein gut funktionierendes Erfassungssystem haben "den Bach runtergehen lassen" und uns statt dessen den unsinnigen "Grünen Punkt" und bunte Müllcontainer an jeder zweiten Straßenecke beschert haben, haben sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Aber ein bischen ist es schon zum Schmunzeln, wenn neben den Kindergartenkindern und Jungen Pionieren quasi als "letzte Reserve" auch ganz gezielt die Rentner und Sozialhilfeempfänger für das Altstoffsammeln geworben wurden ...

Rat des Bezirkes                          Frankfurt(O), 12.2.63
Abt. Gesundheits- und Sozialwesen

An alle
Räte des Kreises
Abt. Gesundheits- und Sozialwesen


Betr.: Gewinnung von Sozialfürsorgeempfängern für die Sammlung
       von Altstoffen
Bezug: Anweisung des Ministeriums für Gesundheitswesen vom
       Januar 1963

Das Präsidium des Ministerrates beschloß ein Programm zur Erhöhung des Aufkommens an Altstoffen.

In diesem Zusammenhang wurde eine Veränderung der Preise für nichtmetallische Altstoffe vorgenommen.
Um auch die Sozialfürsorgeempfänger verstärkt für die Sammlung von Altstoffen zu gewinnen, weise ich an:

1. Einkünfte, die von Sozialfürsorgeempfängern, die das 60. (weibl.) bzw. 65. (männl.) Lebensjahr überschritten haben oder die als erwerbsunfähig gelten, aus der Sammlung von Altstoffen erzielt werden, sind nicht auf die Sozialfürsorgeunterstützung anzurechnen.
Des gleichen sind entsprechende Einkünfte von Bewohnern der Feierabend- und Pflegeheime nicht für die Unterbringungskosten in Anspruch zu nehmen oder auf das Taschengeld anzurechnen.

2. Den infrage kommenden Sozialfürsorgeempfängern sind in Aussprachen die Möglichkeiten des Nebenverdienstes auf der Grundlage der neuen Sammlerpreise (siehe untenstehend) zu erläutern.

Ich bitte Sie, die Räte der Städte und Gemeinden entsprechend zu unterrichten.

Aufkaufpreise von der Bevölkerung ab 1.1.1963
                                              je kg. Stück
Zeitungen und Broschüren, gebündelt               0.15 DM
loses, gemischtes Papier                          0,05 DM
Alttextilien                                      0,10 DM
Sammelknochen                                     0,05 DM
Flaschen und Gläser                               0,05 DM

                                    gez. F i e d l e r
                                    Medizinalrat / Bezirksarzt


Was ließe sich doch heute allein mit dem Altpapier verdienen, das sich so im Laufe eines Monats im Briefkasten von "Otto Normalverbraucher" anfindet !