Aus verschiedenen Erzählungen war uns ja schon bekannt, daß die Bothes mit der Führung des Rittergutes auf die Dauer überfordert waren. Max Bothe hat als vormaliger Fabrikbesitzer wenigstens ein paar Voraussetzungen für die Leitung eines solchen Betriebes mitgebracht und hinsichtlich der technischen Ausstattung und der fast fabrikmäßigen Produktion manches bewirkt. So erzählen Verwandte, daß er in den 20er Jahren stolz seine elektrische Melkmaschine vorgeführt hat - die erste weit und breit.

Aber Max Bothe ist schon 1930 gestorben und seine zurück gelassene Wittwe, Anna Bothe, war nun wirklich weder Landwirtin noch Unternehmerin. Und so ging es trotz sicher vorhandenem Bemühen der Berater, Inspektoren und Angestellten zunehmend "bergab" mit dem Rittergut.

Von ehemaligen Siedlern haben wir jetzt Unterlagen (vermutlich aus dem Archiv in Barby oder aus dem ehem. Preußischen Staatsarchiv) erhalten, aus denen hervorgeht, daß Frau Bothe Ende der 30er Jahre das Rittergut Mehrow nicht aus freien Stücken verkauft hat, sondern weil sie hilflos überschuldet war. Daß sie das Rittergut 1937 für 1 Million Reichsmark an die Landgesellschaft Eigene Scholle verkauft hat, wußten wir schon - aber aus dem "Ah" wegen dieser großen Summe hat sich in ein "Oh" gewandelt, als sich in diesen Unterlagen der Beleg dafür fand, daß diese Summe komplett zur Ablösung von Hypotheken und zur Schuldentilgung benutzt werden mußte und offenbar nicht einmal dafür reichte.

Nachfolgend sind in vollem Umfang drei Dokumente wiedergegeben, die den Verkauf und die Auflösung des Rittergutes Mehrow belegen:

In letztgenanntem Dokument ist ausgeführt, daß das Rittergut "restlos überschuldet war" und es in Anbetracht der Schuldenverhältnisse "völlig ausgeschlossen" ist, daß er "jemals in der Hand der Bäuerin wieder wirtschaftlich ausgestaltet werden könnte". So ist Frau Bothe dann wohl Mitte 1937 mit ihrer Simson-Supra-Limousine und privatem Möbilar, aber ansonsten fast leeren Händen aus Mehrow fortgezogen. Daß sie nicht noch (wie im Kaufangebot) 10000 RM Bares zur Begleichung der Einnahmen-/Ausgaben-Differenz für 1937 dalassen, sondern eine etwa gleich hohe Summe mitnehmen (und wahrscheinlich woanders zur Schuldentilgung einsetzen) konnte, ist nur dem Umstand zu verdanken, daß sie kurz zuvor noch Land an die Reichsautobahn verkauft hatte. Diese braquchte das Land zur Errichtung der jetzigen A10 (Berliner Ring), die jetzt quer über das Rittergut verläuft. Die beim Verkauf erzielten knapp 20000 RM für 10 ha Land (!) sind ihr bei der Vertragsverhandlung zugestanden worden, so daß nach Abzug der vorgenannten 10000 ha noch ein kleines Taschengeld für gerade verkaufte 790 ha Land mit Schloß, Brennerei, Molkerei etc. blieben.

Das war also das "Aus" für das vermutlich über 400 Jahre bestehende "Rittergut Mehrow".



Nr. 85 des Beurkundungsverzeichnisses
des Kulturamtes Frankfurt (Oder) für 1937

Verhandelt,                         
Frankfurt/Oder, am 26. Februar 1937.

In der Siedlungssache von
M e h r o w,  Kreis Niederbarnim,

erschienen vor dem unterzeichneten Kulturamtsvorsteher, Regierungs- und Kulturrat Dr. Ernst Krüger, Frankfurt/Oder, der durch Verfügung des früheren Präsidenten des Landeskulturamtes in Frankfurt/Oder vom 23.10.1922 - Tgb.Nr.4264 gen. - gemäß § 34 des Ausführungsgesetzes zum Reichssiedlungsgesetz mit der Führung von Verhandlungen beauftragt ist, die den Erwerb von Grundstücken im Bezirk des früheren Landeskulturamtes in Frankfurt/Oder zur Schaffung neuer Ansiedlungen oder zur Hebung bestehender Kleinbetriebe (§1, Abs.1, des Reichssiedlungsgesetzes) zum Gegenstand haben,

1) Regierungs- und Kulturrat Dr. Heinrich  B l u m,
   in Berlin-Grunewald, Charlottenburger Str. 7,

2) Regierungs- und Kulturrat a.D. Walter  E c c a r d t
   in Frankfurt/Oder.

   Die Erschienenen sind dem unterzeichneten Kulturamtsvorsteher von Person bekannt und geschäftsfähig. Sie erklärten, daß sie als Geschäftsführer der Landgesellschaft Eigene Scholle G.m.b.H., Frankfurt/Oder für diese ihre Erklärungen abgeben wollten.

   Weiter erklärten die Erschienenen folgendes:
   
   Wir machen hierdurch Frau verw. Anna  B o t h e  geb. Stock in Mehrow, Post Ahrensfelde, das Angebot, mit der Landgesellschaft Eigene Scholle G.m.b.H., Frankfurt/Oder, den nachstehenden

K a u f v e r t r a g

abzuschließen.

§ 1.
   Es verkauft Frau Anna Bothe geb. Stock, nachstehend Verkäuferin genannt, das ihr gehörende Rittergut Mehrow im Kreise Niederbarnim, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Alt-Landsberg an die Landgesellschaft Eigene Scholle G.m.b.H. Frankfurt/Oder, nachstehend Käuferin genannt:

Mehrow Band II Blatt 32 in verzeichneter Größe von 668,4335 ha
Mehrow Band II Blatt 33  "       "         "    "   33,5309 ha
Hönow Band XI Blatt 327  "       "         "    "   47,8857 ha
Seeberg Band IV Blatt 81 "       "         "    "   19,2593 ha
Seeberg Band IV Blatt 82 "       "         "    "   21,7024 ha
mithin in der Gesamtgröße von                      790,8818 ha.

   Vom Verkauf ausgeschlossen sind jedoch die in den vorhandenen Grundbuchbeständen enthaltenen, für die Reichsautobahn in Anspruch genommenen Flächen in ungefährer Größe von 10 ha, ferner ein durch Kaufvertrag vom 1.9.1939 an Frau Olga Meißner geb. Bolle verkauftes, im Grundbuchbestande von Mehrow Band II Blatt 23 od. 32 enthaltenes Trenngrundstück in Größe von 1157 qm.

   Diese vom Verkauf ausgeschlossenen Flächen sollen zunächst der Käuferin mit aufgelassen werden und sind nach durchgeführter Vermessung der Verkäuferin unentgeltlich und kostenlos zurückzuübereignen.

   Das Gut ist verkauft wie es steht und liegt mit allem Zubehör, Vorräten, Feldbestellung, Baumbeständen und dergl. ohne Gewähr für Güte und Ertragsfähigkeit des Ackers, der Waldbestände, des Inventars und der mitverkauften Gebäude. Käuferin erkennt an, sich selbst über den Zustand der Gebäude und des Inventars unterrichtet zu haben.

   Der Kauf erstreckt sich auf das gesamte Rittergut mit Ausnahme der oben bezeichneten, vom Verkauf ausgeschlossenen Flächen in seinen gegenwärtigen Grenzen und Malen wie es die Verkäuferin besessen hat oder zu besitzen berechtigt war, mit allen dem Gute zustehenden Rechten und Gerechtigkeiten sowie mit allen auf dem Gute ruhenden oder mit seinem Eigentum verbundenen Lasten. Der Käuferin ist bekannt, daß das Rittergut Mehrow patronatspflichtig ist. Diese Belastung ist bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt.

   Mitverkauft sind insbesondere die etwa im im Grundbuch nicht eingetragenen, aber der Verkäuferin gehörigen Wege und sonstigen Grundstücke. Verkäuferin erteilt der Käuferin Vollmacht, sich diese im Grundbuch etwa nicht eingetragenen Flächen selbst aufzulassen und die zur Anlegung eines Grundbuches oder zur Auflassung erforderlichen Erklärungen Gerichten und sonstigen Behörden gegenüber unter Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB abzugeben.

   Ausgeschlossen vom Verkauf ist das der Verkäuferin gehörige, im sogenannten Herrenhause befindliche Privatmobilar und das Privatauto der Verkäuferin, eine Simson-Supra-Limousine.

§ 2.
   Der Käuferin ist bekannt, daß von der im Grundbuch von Mehrow Band II Blatt 32 verzeichneten Parzelle 9 des Kartenblattes 1 in Größe von 15,9140 ha eine Fläche von 2,2467 ha ohne sonstigen Ausgleich im Interesse der Abrundung des Kaufobjekts ausgetauscht ist gegen eine Fläche von 2,2041 ha aus der Parzelle 10 des Kartenblattes 1 der Gemarkung Mehrow, verzeichnet im Grundbuch von Alt-Landsberg Band 44 Blatt 1576.

   Käuferin verpflichtet sich, die Tauschfläche gegen Übereignung der im Tausch gegebenen Fläche an deren Eigentümer unentgeltlich zu übereignen. Verkäuferin tritt der Käuferin ihre Rechte auf Übereignung der Tauschfläche hierdurch ausdrücklich ab.

§ 3.
   Mitverkauft und in den Kaufpreis eingeschlossen sind:

a) das Brennereikontingent in Höhe von 40 000 Liter,
b) das Zuckerrübenkontingent in Höhe von 14 720 Ztr.,
c) das Mahlkontingent,
d) etwaige Grundstücksgerechtsame, auch soweit diese nicht in
   den Grundbüchern eingetragen sind,
e) etwa vorhandene Anteile an Genossenschaft (Molkerei,
   landwirtschaftlicher Ein- und Verkaufsverein,
   Spiritusverwertungsgenossenschaft).

§ 4.
   Der Kaufpreis beträgt     1 000 000 RM,
in Buchstaben: Eine Million Reichsmark, und wird wie folgt belegt:

a) die Käuferin übernimmt als Selbst- und Alleinschuldnerin einen erststelligen Teilbetrag, der zugunsten der Kreissparkasse des Kreises Niederbarnim, Berlin, Friedrich-Karl-Ufer 5, eingetragenen Hypothek mit den Zinsen vom 1.1.1937 ab in Höhe von   650000 RM
mit der Maßgabe, daß bei Abverkauf des Hauptgutes ein Betrag bis zu 450000 RM der Hypothek auf dem Hauptgute bestehen bleibt, während 200000 RM in diesem Falle der Gläubigerin zurückzuzahlen sind.

b) die Käuferin übernimmt selbstschuldnerisch die im Grundbuche von Mehrow Band XI Blatt 327 und von Seeberg Band IV Blatt 81 und 82 für die Deutsche Centralbodenkredit A.-G., Berlin, als Rechtsnachfolgerin der Getreiderentenbank eingetragene Reallast von jährlich 200 Ztr. Roggen mit dem per 31.XII.1936 valutierenden Betrage. Diese Reallast wird auf den Kaufpreis mit vorläufig   26400 RM   angerechnet.

c) Der Rest des Kaufpreises in Höhe von   323600 RM   ist bar zu zahlen und zwar für Rechnung der Verkäuferin zu treuen Händen an die Firma G. von Pachaly's Enkel G.m.b.H., Berlin, welcher hierbei die Auflage zu machen ist, aus diesem Betrage die ihr angegebenen Wirtschaftsschulden zu decken. Die Firma G. von Pachaly's Enkel G.m.b.H hat diesen Auftrag angenommen.

   Der somit belegte Kaufpreis von 1000000 RM ist mit 4 vom Hundert jährlich ab 1.1.1937 zu verzinsen, sofern nicht eine Belegung durch Hypothekenübernahmen erfolgt ist. Der bar zu zahlende Kaufpreis wird bei der Auflassung fällig.

§ 5.
   Die Käuferin tritt in die mit den Angestellten und Beamten, Gutsarbeitern, Gutshandwerkern sowie mit dem Brenner und Förster bestehenden Dienstverträge ein. Für diesen Eintritt gilt aber die Einschränkung, daß die Käuferin sich ohne Rücksicht auf die tatsächlich etwa vereinbarte Vertragsdauer das Recht der Kündigung zu den gestzlichen Kündigungsterminen vorbehält, also die Verträge nur insoweit übernimmt, als wenn eine bestimmte Vertragsdauer nicht vereinbart wäre.

   Diese Einschränkung gilt nicht hinsichtlich der Verträge mit den Inspektoren Krüger und Voß; in diese tritt die Käuferin bedingungslos ein. Das Vertragsverhältnis mit Herrn Ruppert soll frühestens zum 30. Juni 1937 kündbar sein.

   Weiter tritt die Käuferin vorbehaltlich ihres gesetzlich zustehenden Kündigungsrechtes in die das verkaufte Grundstück bestehenden Versicherungsverträge ein.

§ 6.
   Die Verkäuferin hat das Recht, bis zum 15. Mai 1937 auf dem verkauften Grundstück unentgeltlich zu wohnen. Sie erklärt sich aber bereit, falls durch Verkauf des Hauptgutes eine Freimachung der von ihr benutzten Wohnung vorher erforderlich wird, diese bis zum 5. April 1937 ohne einen Anspruch auf Entschädigung für die vorzeitige Aufgabe des Wohnsitzes zu räumen.

   Für den Umzug der Verkäuferin stellt die Käuferin unentgeltlich die zur An- und Abfahrt der Möbelwagen nach der Bahnstation erforderlichen Gespanne sowie das Packmaterial (Heu und Stroh) zur Verfügung.

§ 7.
   Die Verkäuferin ist verpflichtet, den Grundbesitz von allen Lasten, soweit sie in diesem Vertrag nicht ausdrücklich übernommen sind, zu befreien. Insbesondere ist sie verpflichtet, in der zweiten Abteilung den Zwangsversteigerungs- und Entschuldungsvermerk löschen zu lassen.

§ 8.
   Die Übergabe des verkauften Grundbesitzes an die Käuferin erfolgt binnen acht Tagen nach Erteilung der nach § 10 dieses Vertrages vorbehaltenen Genehmigung der Siedlungsbehörde.

   Für die gegenseitige Abrechnung über die Wirtschaftseinnahmen und -ausgaben gilt der 1. Januar 1937 als Stichtag. Der 1. Januar 1937 ist außer für die Zinsen gemäß § 4 maßgebend für die Verrechnung hinsichtlich der Einnahmen und Ausgaben der Wirtschaft, der Steuern, Versicherungen, Löhne und dergl. Dabei wird festgestellt, daß die Käuferin verpflichtet ist,

a) die laufenden Düngerwechsel in Höhe von etwa 30059,41 RM
vorbehaltlich des endgültigen Nachweises zu übernehmen,

b) Wechselschulden der Verkäuferin für gekaufte Maschinen im
Betrage von 5976,65 RM zu übernehmen,

c) die Kosten für Saatkartoffeln in Höhe von 1312,94 RM zu übernehmen,

d) Andererseits überläßt die Verkäuferin den ihr zustehenden Betrag für die Ablieferung von Zuckerrüben in Höhe von etwa 9000,- RM sowie eine etwa von der Zuckerfabrik zu leistende Nachzahlung für die Campagne 1936/37 der Käuferin. Verkäuferin tritt der Käuferin hierdurch ihre Ansprüche gegen die Zuckerfabrik Thöringswerder auf Nachzahlung für Zuckerrüben ab. Desgleichen wird festgestellt, daß der Käuferin alle Einnahmen, auch insoweit, als sie aus Verkäufen vor dem 1. Januar 1937 zu erwarten sind, zustehen.

   Auf Grund dieser Zwischenfeststellung der Einnahmen und Ausgaben per 16. Februar 1937 und unter Berücksichtigung der vorstehenden Punkte zu a) bis d) gilt die Wirtschaftsabrechnung per 16. Februar 1937 als ausgeglichen durch eine von der Verkäuferin an die Käuferin zu leistende Zahlung von 10000 RM, die bei der Übergabe fällig ist. Alle weiteren Einnahmen und Ausgaben der Wirtschaft gehen für Rechnung der Käuferin.

   Durch die vorbezeichnete Zahlung von 10000 RM ist eine weitere Übergabeabrechnung entbehrlich.

§ 9.
   Die Verkäuferin erteilt hierdurch unwiderruflich der Käuferin Vollmacht, sich die verkauften Grundstücke selbst aufzulassen und alle für die Umschreibung des Grundbuches erforderlichen Erklärungen dem Grundbuchamt gegenüber abzugeben. Von der Beschränkung des § 181 BGB wird sie ausdrücklich befreit.

   Verkäuferin verpflichtet sich, gleichzeitig mit der Annahme des Kaufangebotes die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zur Erhaltung des Anspruchs der Käuferin auf Auflassung der nach § 1 verkauften Grundstücke auf sämtlichen Grundbuchblättern zu bewilligen.

   Die Auflassung soll erfolgen, sobald die nach § 10 vorbehaltene Genehmigung der Siedlungsbehörde zu dem Kaufvertrag erteilt ist.

§ 10.
   Der vorstehende Kaufvertrag wird vorbehaltlich der Genehmigung der Siedlungsbehörde geschlossen.

§ 11.
   Etwaige Kosten dieses Vertrages, soweit solche entstehen sollten, trägt die Käuferin. Sie versichert jedoch auf Grund des § 29 des Reichsiedlungsgesetzes vom 11. August 1919, daß ein Siedlungsverfahren im Sinne des genannten Gesetzes vorliegt und daß der vorstehende Vertrag zur Durchführung des Siedlungsverfahrens von Mehrow, Kreis Niederbarnim, abgeschlossen wird.

   Die Käuferin wird auch für die von der Verkäuferin zu bewilligende Eintragung der Auflassungsvormerkungen gemäß § 9 zur Erlangung der Kostenfreiheit die Versicherung nach § 29 RSG abgeben, ebenso für die Grundbuchbereinigung gemäß § 7 dieser Verhandlung.

§ 12.
   An das vorstehende Kaufangebot hält die Käuferin sich bis zum 15. März 1937 einschließlich derart gebunden, daß der Vertrag mit der Einschränkung des § 10 als zustandegekommen anzusehen ist, wenn bis zum Ablauf der Frist die formgerechte Beurkundung der Annahme des Angebotes seitens der Verkäuferin erfolgt ist.

   Kosten für die Beurkundung übernimmt die Käuferin nicht, da diese Beurkundung durch das Kulturamt Berlin II nach § 29 RSG kosten- und gebührenfrei erfolgen kann.

   Die vorstehende Verhandlung wurde den erschienen vorgelesen, von ihnen genehmigt und wie folgt unterschrieben:

   
Dr. Heinrich Blum
   Walter Eccardt
   Dr. Ernst Krüger
Übersichtsplan des Rittergutes Mehrow von 1901 (Ausschnitt)



Übersichtsplan des Rittergutes Mehrow von 1901 (Ausschnitt)
V e r h a n d e l t
M e h r o w, am 23. März 1937

   In der Siedlungssache von  M e h r o w,  Kreis Niederbarnim, erschienen heute vor dem unterzeichneten Kulturamtsvorsteher Regierungs- und Kulturrat Dr, Otto  W o l k w i t z  aus Berlin, der sich auf das Gut Mehrow, Kreis Niederbarnim begeben hatte, und der durch Verfügung des ehemaligen Landeskulturpräsidenten in Frankfurt (Oder) vom 4. April 1931 gemäß § 34 des Preuss. Ausführungsgesetzes zum Reichsiedlungsgesetz vom 15. Dezember 1919 (G.S.120 S.31) mit der Führung von Verhandlungen beauftragt ist, die den Erwerb von Grundstücken im Bezirk des früheren Landeskulturamtes Frankfurt a.O. zur Schaffung neuer Ansiedlungen oder zur Hebung bestehender Kleinbetriebe (§ 1 Absatz 1 des Rechssiedlungsgesetzes) zum Gegenstand haben,

1.) die verwittwete Frau Anna  B o t h e  geborene Stock aus Mehrow,
2.) der Regierungs- und Kulturrat Dr. Heinrich  B l u m, in
    Berlin-Grunewald, Charlottenbrunner Strasse 7,
3.) der Regierungs- und Kulturrat a.D. Walter  E c c a r d t  in
    Frankfurt/Oder

   Die Erschienenen zu 2) und 3) sind dem unterzeichneten Kulturamtsvorsteher von Person bekannt und geschäftsfähig.

   Die Erschienene zu 1) war dem Kulturamtsvorsteher von Person nicht bekannt, wies sich aber durch Vorlegung des Reisepasses Nr. 251 ausgestellt am 29. April 1927 durch den Landrat des Kreises Niederbarnim in Berlin, aus.
   Hierdurch erlangte der Kulturamtsvorsteher auch Gewißheit über die Persönlichkeit der Erschienenen zu 1).

   Die Erschienenen zu 2) und 3) erklärten vorweg, daß sie die nachfolgenden Erklärungen als Geschäftsführer der Landgesellschft Eigene Scholle Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Frankfurt/Oder abgeben.

   Die Erschienenen zu 2) und 3) erklärten sodann:
   
   Wir haben in einer Verhandlung vor dem Kulturamt Frankfurt/Oder am 26. Februar 1937 (Nr. 85 des Beurkundungsverzeichnisses des Kulturamtes Frankfurt/Oder für 1937) der Erschienenen zu 1), Frau Anna Bothe ein bis zum 15. März 1937 befristetes Kaufangebot für das Rittergut Mehrow gemacht.
   Wir halten dieses Kaufangebot auch heute noch in allen seinen Teilen gegenüber der Erschienenen zu 1) aufrecht und wiederholen vorsorglich die in der Verhandlung am 26. Februar 1937 abgegebenen Erklärungen, auf die wir ... Bezug nehmen, nochmals vollinhaltlich.

   Bezüglich der im § 1 des genannten Kaufangebotes vom Verkauf ausgenommenen Fläche in ungefährer Größe von 10 ha für die Reichsautobahn erklären wir, die Erschienenen ... folgende zusätzliche Bestimmung:

   Die Landgesellschft Eigene Scholle Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Frankfurt/Oder tritt in die von Frau Bothe mit der Reichsautobahn getroffenen Vereinbarungen dergestallt ein, dass sie nunmehr in den im Entwurf vorliegenden und den Beteiligten bekannten Grunderwerbsvertrag eintritt und die sich hieraus ergebende Kaufsumme von 19.919,88 RM der Erschienenen zu 1), Frau Anna Bothe, zusätzlich zum Kaufpreis überlässt. Die Eigene Scholle wird dann gegenüber der Reichsautobahn den Vertrag vollziehen und die technische Abwicklung in eigener Regie durchführen.

   Die weiter vonm Verkauf ausgenommenen Grundstücke, die von der Verkäuferin laut Kaufvertrag vom 1. September 1936 - Nr. 172 Jahr 1936 des Notariats-Registers des Notars Hans Mahr II - an Frau Olga Meissner geborene Bolle in Mehrow verkauft sind, tragen laut Katasteramtlicher Vermessung die Bezeichnung Kartenblatt 1 Parzelle 79/19 in Größe von 1110 qm und Kartenblatt 1 Parzelle 81/23 in Größe von 47 qm, zusammen 1157 qm.

   Zu § 2 des Vertragsangebots vom 26. Februar 1937 ist der durch die Erschienenen zu 2) und 3) vertretenen Käuferin bekannt, dass für den Austausch der dem Herrn Bredereck überlassenen Parzelle Kartenblatt 5. Flächenabschnitt 65/9 mit der von Herrn Bredereck an Frau Bothe übertragenen Parzelle 67/10 des Grundstücks Altlandsberg Blatt 1576 die Auflassung bereits durch Urkunde vom 23. März 1936 - Nr. 208 Jahr 1936 des Notariats-Registers des Notars Paul John, Altlandsberg - erfolgt, jedoch noch nicht die Umschreibung der ausgetauschten Parzellen im Grundbuch.

   Die Schuldenübernahme nach § 4a (Kreissparkasse Nieder-Barnim) des Kaufangebotes vom 26. Februar 1937 erfolgt nach Maßgabe des Beschlusses der Kreissparkasse laut deren Schreiben an die Käuferin vom 22. März 1937.

   Nunmehr erklärte die Erschienene zu 1), Frau Anna Bothe geborene Stock:

   Ich nehme hiermit das Kaufangebot der Eigenen Scholle vom 26. Februar 1937 mit der vorstehend aufgeführten Ergänzung, insbesondere hinsichtlich des Vertrages mit der Reichsautobahn, hiermit an. Das Vertragsangebot ist mir in allen Punkten bekannt.
   Ich erteile gleichzeitig der Käuferin die Vollmacht für die Auflassung und Umschreibung des verkauften Grundbesitzes mit ausdrücklicher Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB.
   Ich bewillige und beantrage ferner zu Gunsten der Käuferin, der Landgesellschaft Eigene Scholle Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Frankfurt/Oder, die sofortige Eintragung einer Auflassungsvormerkung zur Erhaltung des Anspruchs der Käuferin auf Auflassung der nach § 1 des Vertragsangebotes verkauften Grundstücke auf sämtlichen darin vermerkten Grundbuchblättern.

   Die vorstehende Verhandlung wurde den erschienenen vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig wie folgt unterschrieben.

Anna  B o t h e  geb. Stock,   Dr. Heinrich  B l u m,
Walter E c c a r d t.
Geschlossen:
Dr.  W o l k w i t z

Urkundlich unter Siegel und Unterschrift ausgefertigt.
Berlin SW.68, den 23. März 1937
Kulturamt Berlin II
Der Vorsteher.




Übersichtsplan des Rittergutes Mehrow von 1901 (Ausschnitt)
IM NAMEN DES DEUTSCHEN VOLKES !
Beschluß.
In Sachen des in der Erbhöferolle von   Mehrow   Blatt   23 
eingetragenen Erbhofes hat das Anerbengericht in   Altlandsberg 
in der Sitzung vom   16. August 1937   an der teilgenommen haben:
Amtsgerichtrat 
 Alberts 
als Vorsitzender
Anerbenrichter 
 Bauer Alfred Fielitz   aus  Krummensee 
Anerbenrichter 
 Bauer Otto Degen   aus   Wesendahl 
als Beisitzer,
beschlossen: 

   Der Bäuerin Anna Bothe geb. Stock aus Mehrow wird anerbengerichtlich genehmigt, über ihren in der Erbhöferolle von Mehrow unter Nr. 1 eingetragenen Erbhof (Grundbuchblätter Mehrow Blatt Nr. 23, von Hönow Blatt 327, von Seeberg Blatt 81 und 82) gemäß dem vor dem Kulturamt Frankfurt a/Oder am 26. Februar 1937 beurkundeten Kaufangebot an die Landgesellschaft "Eigene Scholle" e.G.m.b.H. in Frankfurt a/Oder zu veräußern.

   Die Kosten des Verfahrens trägt die Bäuerin. Der Wert des Gegenstandes wird auf R Mark 140000.- festgesetzt.

Gründe:

   Der Bäuerin war die Veräusserung ihres Erbhofes an die Landgesellschaft "Eigene Scholle" e.G.m.b.H. zu genehmigen. Der Erbhof bildet wirtschaftlich gesehen einen Teil des rettungslos verschuldeten Rittergutes Mehrow. Die Bäuerin kann bei der jetzigen Verschuldung den Betrieb unmöglich aufrecht erhalten. Der Erbhof ist also zur Zeit für die Volkswirtschaft völlig wertlos. Dass er jemals in der Hand der Bäuerin wieder wirtschaftlich ausgestaltet werden könnte, ist bei den gerichtsbekannten Schuldenverhältnissen völlig ausgeschlossen. Durch die Veräusserung verschwindet zwar zunächst für einige Zeit ein Erbhof, der, weil wirtschaftlich nicht gesund, ohne Nutzen für die Volkswirtschaft ist. Durch Aufteilung des Erbhoflandes werden jedoch in Kürze mehrere gesunde Neubauernhöfe entstehen. Es wird also für die deutsche Volkswirtschaft und das deutsche Bauerntum durch das Verschwinden des einen Erbhofes ein ganz erheblicher Vorteil eingetauscht.

   Wegen der Kostenentscheidung vgl. § 112 Erbhofverfahrensordnung.

Das Anerbengericht
Der stellvertretende Vorsitzende
gez. Alberts, Amtsgerichtsrat.

   Ausgefertigt mit dem Bemerken, dass vorstehender Beschluß rechtskräftig ist.

Altlandsberg, den 16. September 1937
[Unterschrift] Justizpraktikant
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
des Anerbengerichtes

Übersichtsplan des Rittergutes Mehrow von 1901 (Ausschnitt)