Für Durchreisende nicht wahrnehmbar und sicher auch von manchem Mehrower gar nicht oder nur beiläufig zur Kenntnis genommen, gibt es hinder der ehemaligen "Schnitterkaserne" (Dorfstraße 19, wo früher mal die Gemeindeverwaltung saß und unlängst für ein Jahr der "Mehrower Mini Markt" war), eine Kleingartensiedlung, die vorwiegend von Leuten aus Berlin (einem Mehrower Vorort) genutzt wird. Gemeint ist nicht die Anlage entlang der Straße nach Hönow, die wir ein anderes Mal beleuchten werden, sondern die von der Straße aus nicht einzusehende Kleingartenanlage hinter den Häusern.

In der "Kleingartenanlage hinter Dorfstraße 19" lebt den Sommer über einer der zwei oder drei Besucher unserer Webseite, die Familie Montag aus Berlin. Frau Gabriele Montag hat uns unlängst auf einige Mißstände im Bereich rings um die ehemalige Schnitterkaserne hingewiesen, auf die wir später noch zu sprechen kommen werden. Auf unsere Bitte, uns doch etwas über die Entstehung und die jetzige Situation der Kleingartensiedlung zu erzählen und damit vielleicht auch etwas zum Näherkommen von Dauer- und Teilzeit-Mehrowern beizutragen, hat uns Frau Montag auch prompt einen Beitrag geschickt, den wir hier zum Besten geben und bei Gelegenheit auch noch mit ein paar Bildern versehen wollen:

Gartenanlage hinter Dorfstraße 19

Viele, die in einem Neubaublock in Marzahn oder sonst einem Neubaugebiet wohnen, sehnen sich spätestens im Frühling, wenn alles zu Grünen beginnt, nach einem Gärtchen, wo man nach Lust und Laune buddeln, anpflanzen und auch mal feiern kann.

So erging es vielen, der heutigen Pächter der Gartenanlage hinter der Dorfstraße 19.

1986 bekam die Gemeinde Mehrow die Auflage, ein Gelände für Wochenendparzellen für Berliner zur Verfügung zu stellen. Nachdem zum Glück der Vorschlag, die ehemalige aufgefüllte Mülldeponie an der Autobahn zu Verfügung zustellen, verworfen wurde (wir wären beim Bauen wahrscheinlich sehr oft auf Widerstand gestoßen), kam die Gemeinde auf das Gelände hinter der Dorfstraße 19.

Neben einem kleinen Feld, das die Familie Klopsteg als Futterwiese benutzte, gab es dort lange Flächen, die Bewohner der ehemaligen Schnitterkasernen kostenlos (ohne Pacht) zum Anbau von Gemüse und Obst benutzten. Zuerst wurde die Futterwiese aufgeteilt. Diese Aufteilung erfolgte recht willkürlich. Keiner hat sich nach der exakten Flurstückgröße gerichtet, was uns heute, wo wir die Grundstücke endlich kaufen können, manchmal auf die berühmten „Füße“ fällt. Da es meistens lange schmale Flächen waren, die von den Mehrowern bearbeitet wurden, sind viele der entstandenen Gärtchen auch schmal geworden.

Mit viel Liebe wurden die Gärten angelegt. Aber zuerst benötigten wir Wasser und Strom. Mit Hilfe der Einheimischen, speziell durch den leider viel zu früh verstorbenen Peter Koch, bekamen wir Strom (ein langes Kabel wurde zu seiner Wohnung gelegt). Die Schlenke, das ist eine Senke, die sich mit Schichtwasser füllt und links der Gartenanlage liegt (hier gibt es Reiher, Eidechsen und seit diesem Jahr sogar Wildgänse), gab uns das erste Wasser zum Bauen.

Erst sollten wir keinen Stadtwasseranschluss erhalten, da es damals in der Gemeinde mit der Wasserversorgung nicht so gut aussah. Ohne Wasser kann aber schlecht etwas wachsen. Drei Familien wollten sich zusammen eine Hauswasseranlage legen und dafür einen Brunnen bohren lassen. Als nach über 20 Meter Bohrung nur wenig Schichtwasser kam, stellte uns der Bohrmeister ein geologisches Gutachten aus, dass es nur durch Tiefbohrungen (ca. 90 m) Wasser gibt. So tief zu bohren, war sehr teuer und dadurch erhielten wir doch von der Gemeinde einen Zugang zur festen Wasserleitung des Dorfes.

Während der Verlegung der Wasserleitung und gleichzeitig eines richtigen Energieanschlusses kamen wir kaum auf unsere Grundstücke. Die Erdwälle aus dem berühmtem Mehrower Lehmboden, zusammen mit reichliches Niederschlägen ergaben eine riesige Rutschbahn und die anschließende extreme Trockenheit hat uns das Verfüllen der 1,20 m tiefen Gräben nicht gerade leicht gemacht. Aber wir haben es vereint mit viel Gemeinschaftssinn und auch Spaß vollbracht. Die Kosten haben wir alle natürlich auch privat getragen.

Das ist nun schon etliche Jahre her. Die Bäume tragen in der Zwischenzeit reichlich Früchte, die jetzt stattlichen Hecken verwehren den Neugierigen die Einblicke in die Grundstücke und schaffen mehr Privatsphäre. Einige der Pächter haben gewechselt. Der Zusammenhalt ist nicht mehr so, wie er mal war. Nach der Wende 1989 kam viel Unsicherheit bezüglich der Rechtssicherheit unter die Gartenpächter. Leider bekam man von den Ämtern nicht immer qualifizierte Auskünfte, so dass es auch Rechtsverstöße gab, die nicht bewusst gemacht wurden, aber dann hart geahndet wurden.

Immer schon hat es uns geärgert, dass dort, wo die Autos auf die für uns vorgesehenen Parkplätze fahren, sich mit der Zeit tiefe Spurrinnen gebildet haben. Bei Niederschlägen stand dort das Wasser und der Lehmboden wurde zur „Pampe“. Die Gemeinde nahm vor zwei Jahren Veränderungen an der Wasserleitung vor und setzte für die Gartenanlage eine separate Hauptwasseruhr.

Durch das Aufgraben des Weges spitzte sich die Situation zu. Das Geld zum Befestigen des Weges war in der Gemeinde nicht vorhanden. Also mussten wir zur Selbsthilfe greifen. Da einer der Gartenpächter mit der Sanierung von Neubauten beschäftigt war, kam der Vorschlag, die Vorderfronten der Balkons (die entsorgt werden sollten und die wir kostenlos bekommen konnten), als Wegeplatten in unserer Anlage zu verlegen. Wir sammelten Geld unter den Pächtern (nicht alle gaben was dazu), kauften Kies und mieteten uns einen Radlader für zwei Tage. Zum Glück hatten wir einen Profi unter uns, der sich mit einem Radlader sehr gut auskannte.

Die Gemeinde stimmte diesem Projekt zu, die Alt-Mehrower regten sich aber auf. An einem Wochenende und das teilweise bei strömendem Regen, haben dann ca 10 Personen das Werk vollbracht und die Platten verlegt. Jetzt geht es ohne Matsch trocken über den Hauptweg. Und die Nachbarn, die sich nicht an den Projekt beteiligt haben, nutzen jetzt alles wie selbstverständlich. Ein paar Tage später hatten alle an der Aktion Beteiligten noch bei Grillwurst und Getränken einen netten Abend.

Jetzt stehen wir vor dem Verkauf der Grundstücke.
Nicht alle waren begeistert, da Arbeitslosigkeit und auch Berentung die Aufnahme von Krediten unmöglich machten. Dank eines Gutachters ist der Grundstückspreis jetzt fasst halbiert worden und wie es sich unter uns herumgesprochen hat, sind jetzt mehr Pächter bereit, das Land zu kaufen.

Wir würden uns von der Gemeinde wünschen, bei Problemen oder bei Unzufriedenheit über irgendwelche Vorkommnisse, mehr mit den Betroffenen selbst zu reden. Erst dann sollten Scheltebriefe über das Amt verschickt werden. Es fördert das Miteinander und Verständnis für mache Situation und räumt Missverständnisse aus dem Weg.

Vielleicht wird es eines Tages die Einteilung der Bürger in Alt-Mehrower, Neu-Mehrower und Gartenpächter nicht mehr so gravierend geben. Dann geht es nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander, damit Mehrow sich weiterentwickelt.

Wir, bzw. mein Mann hat damit bereits begonnen. Als Berliner Berufsfeuerwehrmann und „Freizeitgärtner“ ist er Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Mehrow geworden und hilft im Rahmen seiner Möglichkeiten bei der Brandbekämpfung mit. Jetzt kennen wir schon viele „Alt-Mehrower“ und werden auch bei Feierlichkeiten eingeladen.

Gabriele Montag