Der an anderer Stelle beschriebene Dorfkrug "Bolle" war wohl die älteste Mehrower Gastwirtschaft, aber längst nicht die einzige.

Genau am anderen Ende des Dorfteiches, dort wo sich die Straße in einer S-Kurve in Richtung Hönow aus dem Dorf schlängelt, war lange Zeit ein weiterer Gasthof - die Schankwirtschaft "Karl Raetz". Wie Frau Wendtlandt als Ur-Mehrowerin (geboren 1922) zu berichten weiß, war die immer etwas vornehmer als der Gasthof "Bolle" und wurde von jenen bevorzugt, die es gern etwas ruhiger hatten. Und mit der Lage direkt an der Dorfstraße hat es auch die Durchreisenden eher dorthin verschlagen.

Gebaut hat das Haus ca. 1870 ein Herr Zielich aus Löhme mit seiner Frau aus Krummensee. Wenn man bei den Bildern unten genau hinschaut, kann man hinter dem "Patzenhofer"- bzw. "Schultheiss"-Schild links neben der Tür noch Teile des Schriftzuges "Wilhelm Zielich" erkennen. Von denen hat dann Karl Raetz den Gasthof übernommen und später an seinen Sohn, der auch Karl hieß (was ein erneutes Überkleben des Kneipenschildes überflüssig machte ...), weitergegeben.

Außer zwei alten Bildern haben wir leider noch keine Dokumente über des Gasthof auftreiben können. Nach dem Krieg haben die sowjetischen Besatzungstruppen das Haus okkupiert und wohl recht schlimm darin gehaust - dabei ist so ziemlich alles weggekommen, was noch an alte Zeiten erinnert hätte.

Die Schankwirtscahft Raetz Auf nebenstehendem Bild von 1930 (die Leute darauf sind leider nicht bekannt) führt die Treppe aus der Gaststätte noch nach vorn, direkt auf die Straße zu. Für Gäste, die etwas "geladen" hatten, sicher nicht ganz ungefährlich, da die Straße ja ganz dicht am Haus vorbei führt.

Später ist dann die Treppe zur Seite geführt worden, damit man auch bei etwas schwungvollem Verlassen des Gasthofes nicht gleich auf der Fahrbahn landet ...

Auf diesem Bild sind die letzten Betreiber der Gaststätte, Karl und Alma Raetz, zu sehen, die bis ca. 1958/59 durchgehalten haben.

Das Haus ist später zum reinen Wohnhaus umgebaut worden. Die Treppe auf der Vorderseite ist in den 70er Jahren verschwunden und durch eine Treppe an der Stirnseite ersetzt worden.
Karl und Alma Raetz vor der Schankwirtschaft

Jetzt ist dem Haus nicht mehr anzusehen, daß es mal ein Gasthof war. Und auch die obligatorische Ausnüchterungszelle auf dem Dachboden ist als solche nicht mehr auszumachen.

Das ehemalige Gasthaus Raetz heute Nur die Stallungen hinter dem Haus, über die kleine Stichstraße erreichbar, lassen (wenn man es weiß) noch ihre Funktion erkennen: Dort konnten die Gäste ihre Pferde unterstellen und versorgen lassen.

Die historischen Bilder hat uns freundlicherweise Frau Raetz, die Schwiegertochter des letzten Gastwirtes, zur Verfügung gestellt. Sie betreibt übrigens in den Haus ihren Buchhaltungsservice - wer nicht weiß, welches Gebäude gemeint ist, sollte deshalb auf das kleine Firmenschild am Eingang achten.