Über Jahrhunderte war die mit einer Mauer umgebene Fläche rings um die Kirche der einzige Begräbnisplatz des Ortes. Und da diese Fläche nicht groß ist, gab und gibt es dort auf und unter der Erde ein ziemliches Gedrängel. Deshalb hatte man bereits Ende des 19. Jahrhunderts vor, für das Dorf einen neuen Begräbnisplatz anzulegen. Im ehemaligen Preußischen Staatsarchiv (jetzt Brandenburgisches Landesarchiv) in Potsdam findet man unter der Signatur HA X Pr.Br.Rep. 2A II NB Nr. 1376 eine |
Acta betreffend den Begräbnisplatz, Vol. I von 1880 bis 1886 |
von der Königlichen Regierung zu Potsdam, Abtheilung für Kirchen- und Schulwesen, angelegt für die Superintendentur: Berlin / Mehrow 12 im Kreis Niederbarnim. Dort findet sich ein |
Decret vom 8 ten Februar 1880 G.I.5315 des Ministers zu der Vorstellung des königl. ... der Provinz Brandenburg, d.d.den 30 ten Januar 1880 betreffend der Anlegung eines neuen Begräbnisplatzes zu Mehrow |
sowie folgender Brief des zuständigen Ministeriums an das Königliche Konsistorium der Provinz Brandenburg: |
Ministerium der geistlichen Unterrichts und Medicinal-Angelegenheiten Berlin, den 6. März 1880 G.I. Nr. 5526 Auf den Bericht des königlichen Konsistoriums vom 30. Januar d. J. Nr. 1304 erteile ich der Kirchengemeinde Mehrow im Kreise Niederbarnim, Regierungsbezirk Potsdam, die Raatsgenehmigung zur Anlegung eines neuen, außerhalb des Dorfes Mehrow belegenen, in den zurückfolgenden Anlagen näher bezeichneten Begräbnisplatzes. Im Auftrage gez. Lucanus An das Königliche Konsistorium ... |
Am 19. März 1880 antwortet das Königliche Konsistorium wie folgt: |
Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg C. No. 4278 Berlin den 19. März 1880 Der Kirchenpatron Rittergutsbesitzer Heyse zu Mehrow hat ausweislich der s.v.r. angeschlossenen Erklärung vom 8. Februar d. J. der dortigen Kirchengemeinde zu der nothwendigen Anlegung eines neuen Begräbnisplatzes ein ca. 1/8 Hectar großes Stück Land, das der Lage nach der gleichfalls beiliegenden Grundzeichnung näher hervorgeht, schenkungsweise abgetreten. Nachdem der Herr Minister der geistlichen Angelegenheiten der Kirchengemeinde Mehrow auf unseren Antrag die Raatsgenehmigung zur Anlegung der neuen Begräbnisstätte erteilt hat ersuchen wir Euer Hochwohlgeboren ergebenst, die Raatl. Genehmigung zu dem Erwerbe des Landes gefälligst in urkundlicher Form erteilen zu wollen. Königliches Konsistorium ... An den Königlichen Regierungs Präsidenten Herrn Frhrn. von Schlotheim Hochwohlgeboren Potsdam |
Welches Stück Land der damalige Rittergutsbesitzer Heyse für die Anlage eines neuen Friedhofs bereit gestellt hat, wissen wir nicht, da die erwähnten Grundzeichnungen in der Potsdamer Akte nicht enthalten sind. Es liegt aber die Vermutung nahe, dass es sich um ein Stück des Dorfparks handelte, möglicherweise genau um die Stelle, wo sich der jetzige Friedhof befindet. Wir wissen auch nicht, warum es damals nicht zur Anlage des neuen Friedhofs kam. Etwa dort, wo jetzt der neue Friedhof ist, haben sich die von der SS angesiedelten Neubauern dann einen Begräbnisplatz in Form einer "Thingstätte" eingerichtet (weshalb nachfolgend immer wieder auf eine Kultstätte verwiesen wird), der bei den anderen Mehrowern aber schlicht "SS-Friedhof" hieß und heißt. Dies wird Thema eines separaten Berichtes sein. Ende der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts kam das Thema eines neuen Friedhofs wieder auf den Tisch, sicher vorrangig wegen der Überbelegung des alten Friedhofs. Aber vielleicht war auch mit entscheidend, dass der bisherige Friedhof ein kirchlicher war. In den Gemeindeakten findet sich eine Notiz des damaligen Bügermeisters Brunn vom 14.4.1958 bezüglich der Begutachtung des Geländes für den neuen Friedhof, die positiv ausfiel. Die anschließende Besichtigung des Dorffriedhofes ergab hingegen, dass dieser nicht mehr tragbar ist, "da der Boden übersättigt ist und den heutigen Anforderungen nicht mehr entspricht." Mit gleichem Datum folgt dann das Gutachten des Kreisarztes: |
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In einer Aktennotiz von Bürgermeister Brunn heißt es dann: |
Der Gemeindekirchenrat, der in der Gemeindevertretersitzung v. 17.4.58 zugegen war, und selbst Vorschläge für die weitere Benutzung und Neuregelungen zum Verkauf von Grabstellen brachte, war mit der Neuregelung und der Anlegung eines neuen Friedhofes mit Leichenhalle einverstanden und verpflichtete sich sogar, in Solidaritätsaktion den Bau zu fördern. |
Ganz überzeugt war der Gemeindekirchenrat aber wohl doch noch nicht, denn in einem (nicht vorliegendem) Schreiben vom 20.4.89 wendet dieser sich an den Rat des Kreises oder Dr. Fischer direkt, der dann am 25.4.1958 wie folgt antwortet (in Kopie an den Bürgermeister): |
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Der Rat der Gemeinde schiebt am 7.5.1958 noch mal ein Schreiben an den Gemeindekirchenrat nach, das Auszüge aus dem Besichtigungsprotokoll enthält, ergänzt durch den Hinweis "Der Boden ist übersättigt und zersetzt die Leichen nicht mehr in der gesetzlichen Frist". |
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Anmerkungen:
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An Familie Diederich erging im Übrigen folgendes Schreiben: |
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Bei den Recherchen bezüglich der Umbettung des Soldaten Boleslaw Wesoloski gab es erst einige Verwirrung. Alle Befragten waren der Meinung, diese wäre bereits unmittelbar nach dem Krieg erfolgt und nicht erst Ende der 50er Jahre. Herr Hauswald, der seit vielen Jahren das Soldatengrab pflegt, hat noch mal recherchiert und meint, die Umbettung könnte tatsächlich erst 1958 erfolgt sein, wie es in den Protokollen steht. Unser "Unbekannter Soldat" im Dorfpark ist demnach gar kein Unbekannter ... |
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Wenn man die Protokolle liest, könnte man glauben, die Eröffnung des neuen Friedhofs stand 1958 kurz bevor. Das war aber beileibe nicht so, wie eine Auswertung der "Eingaben und Beschwerden" aus der Bevölkerung vom Herbst 1962 zeigt: |
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Erst Mitte der 60er Jahre wurde der neue Friedhof fertig und die Erstbestattung hatte gleich einen tragischen Hintergrund: Als erste wurde dort Dagmar Berg beerdigt, die am 29.8.1967 im Alter von 16 Jahren bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist. Inzwischen sind dort schon recht viele Gräber, vorrangig von Mehrower Familien, deren Namen einem immer wieder unterkommen, wenn man sich mit dem Ort befasst. Aber auch einige der Neu-Mehrower haben ihre Verwandten hierher umbetten lassen - sicher nicht nur aus praktischen Gründen, sondern auch weil der Friedhof stets gepflegt und mit seiner Lage inmitten des Parks eine wirkliche Ruhestätte ist. |