Am 3. und 4. Mai 2019 war es wieder so weit: Der Mehrower Varieté-Verein präsentierte sein neues Programm, das dieses Mal unter dem Motto „Mehrow hebt ab“ stand.
Es ist zwar nicht geplant, hier einen Flughaufen zu bauen, aber wenn dem so wäre, dann wär' der sicher schneller fertig als der BER und die Umgehungsstraße in Ahrensfelde.
Dem Motto entsprechend kamen die Akteure nicht heimlich durch den Bühneneingang, sondern wie es sich gehört, schön ordentlich aufgereiht durch die Sicherheitsschleuse.
Nackt-Scanner, wie sie jetzt in Mode kommen, konnte sich der Verein nicht leisten, weshalb wir diesen Artikel leider nicht mit Röntgenbildern oder Ähnlichem einleiten können.
Einer der auf die Bühne gelangten Piloten brabbelte die ganze Zeit "Mayday, Mayday" vor sich hin. Vom Kollegen befragt, jammerte er rum, dass er dafür eingeteilt wurde, einen Regierungsflieger zu steuern und deshalb schon mal übe.
(Für die Nachwelt: In letzter Zeit gab es laufend technische Probleme mit Regierungs-Flugzeugen und ein paar Tage zuvor wäre ein gerade repariertes in Berlin fast abgestürzt.)
Bei uns stand aber Sicherheit an allererster Stelle und so wurden die an großen Biertischen platzierten Passagiere noch vor dem Start von den hübschen Stewardessen eingewiesen, damit jeder im Notfall schnell den Tresen findet.
Der ansonsten übliche Hinweis, dass Schwimmwesten erst außerhalb des Flugzeuges aufzublasen sind, fehlte aber.
Im weiteren Verlauf des Programms beteuerte eine etwas reifere Dame mit rauer Stimme, dass sie noch einen Koffer in Mehrow (oder war's Berlin?) habe und deshalb noch mal hin muss. Ein anderer schwärmte davon, dass die Freiheit über den Wolken grenzenlos sein - was einem nicht viel nutzt, wenn das Kerosin ausgeht und kein Flugplatz in der Nähe ist.
Und wenn man doch einen Flugplatz für die Notlandung findet, dann kann man nur hoffen, dass die Kollegen, die hier in Mehrow als Flughafenfeuerwehr aufgetreten sind, gerade Urlaub haben.
Den Trick, wie man mit Atemschutzgerät Bier trinkt, muss man sich noch mal in Ruhe ansehen. Das Atemschutzgerät war im Übrigen die perfekte Überleitung zu jener Sängerin, die immer „atemlos“ über die Bühne hechelt. Ihrem Charme sind hier nicht nur die Feuerwehrmänner erlegen.
Ganz große Klasse waren wie schon in den letzten Jahren Gini's Gesangseinlagen.
Die waren echt! Tolle Stimme!
Echt waren auch die Mädels, die dazu tanzten.
Damit nicht nur die Ohren ihre Freude haben ...
Der Herr aus dem Seniorenheim, der hier seinen Tagesablauf schilderte, war wirklich nicht zu beneiden.
Den Leuten, die trotz der Tragik lachten und klatschten gab er als Mahnung mit:
„Die Lacher von heute sind die Rentner von morgen.“
Welch düstere Prophezeiung an solch einem Abend!
In der Pause hatten die Passagiere ihren Spaß beim Tanz, wie dieser Herr mit der echten alten Fliegerbrille.
Hinterm Tresen ging es aber auch ganz lustig zu, obwohl die Damen und Herren dort ordentlich zu tun hatten.
Wie immer sind Claus Kleber und Gundula Gause extra nach Mehrow gekommen, um die Lokalnachrichten vorzutragen.
Dieses Mal ging es im Polizeibericht um Kommentare, die im Internet gestohlen wurden. Was es doch alles gibt ...
Geklärt wurde nun endlich auch mal, was die Moderatoren unten herum tragen. Das wär' auch was für Meteorologen!
Wer die Dame sein sollte, die dann auf die Bühne trat, ist dem Schreiber dieser Zeilen wie so manches andere Detail entfallen. Auf jeden Fall sah sie echter aus, als das Original.
Dann gab es diverse Tanzeinlagen vom weiblichen Flug­personal - je nach Musikrichtung gekleidet wie beim Zivil- oder Militäreinsatz. Für die nachfolgenden Stücke war nur schwarze Kleidung zugelassen, ausgenommen das Monster, dass der „Ur-Ur-Enkel von Frankenstein“ geschaffen hat.
Ja, sie haben richtig gehört. Der sympathische Gruselrocker, der lobenswerterweise jedes Jahr zu Weihnachten Gänsebraten an Obdachlose verteilt, war hier! Zumindest sah es danach aus, bis dem Herrn mit dem Schlapphut langsam der Oberlippenbart entwich. Beim Geiger ist offenbar das Schminken völlig danebengegangen, sonst wär' der nicht mit einem schwarzen Tuch vorm Gesicht rumgelaufen.
Die Mädels konnten sich derweil ausruhen und zuschauen, wie die Bühne nach dem Zander für den nächsten Auftritt hergerichtet wurde und die beiden Moderatoren aus dem Stehgreif die Zeit überbrücken mussten, bis sie durch das Aufleuchten einer versteckten grünen Lampe erlöst wurden.
Frei nach Grimm: „Und wenn die Lampe mal kaputt ist, dann reden sie noch heute.“
Jetzt kam endlich für die Akademiker unter den Flug­gästen der intellektuelle Teil des Abends: „Rickys Popsofa“.
Nach ein paar philosophisch wertvollen Einführungsworten und ein paar Takten auf der für viel Geld erstandenen Luftgitarre stellte Ricky endlich den Gast des Abends vor, der neben ihr auf dem Sofa sitzen durfte oder musste. Der Name war ihr entfallen, der war so ähnlich wie „Karpfenteich“.
Also, dieser Herr Karpfenteich hatte echte Mühe, Rickys hohem Sprachniveau zu folgen. Aber als Sänger kann man ja darauf vertrauen, dass man in jedem Interview das gleiche gefragt wird. Als er dann auch noch zu singen anfing, gab es für die Fluggäste kein Halten mehr. Im Dämmerlicht des Fliegers trauten sich manche sogar heimlich zu schunkeln.
Da Feuerzeuge an Bord verboten waren und so manches Handy wegen der heimlichen Video- und Tonaufnahmen schwächelte, drückten offenbar viele der Fluggäste die Stewardessen-Ruftaste, um optisch auf ihre Begeisterung aufmerksam zu machen. Und prompt kamen Stewardessen sowie studentisches Hilfspersonal mit grünen Haaren, um die Gäste mit dem Nötigsten zu versorgen, zum Beispiel „Kümmerling“ gegen die Flugangst.
Die nachfolgende Bademodenschau fand geteiltes Echo. Manche meinten, einige der Damen sähen aus wie verkleidete Männer. Die Damen hinterm Tresen störte das nicht, die sangen immer noch Karpfenteich-Lieder.
Um das Thema des vorjährigen Programms aufzugreifen: bis hier her war es höllisch gut, jetzt wurde es himmlisch schön!
Vivien und Imke, die auch ohne Flügel wie Engel aussehen, hatten sich wie das genannte himmlische Flugpersonal verkleidet und schwebten über die Bühne, als hätte man die Schwerkraft für sie aufgehoben. Die gezeigten Verbiegungen und Verrenkungen sind allerdings nichts für Leute mit Gicht. Auch bei „Rücken“ sollte man auch Abstand nehmen.
Bei den Mädels, die dann auftraten, kam bei vielen Männern die Angst auf, dass beim nächsten Tanz Damenwahl ist.
Um den demoskopischen Wandel gerecht zu werden gab es nun eine Nummer von Senioren für Senioren und solche, die es irgendwann mal ungewollt werden. Man muss nicht mit den Fingern auf den Klaviertasten klimpern oder auf der Gitarre am Katzendarm zupfen, man kann auch mit dem Krückstock ordentliche Musik machen! Solch ein Stock ist nicht nur dafür zu gebrauchen, im Bus einen widerrechtlich besetzten Behindertenplatz frei zu machen!
Das Klopfen der Stöcke auf den Brettern, die die Welt bedeuten, kündigte akustisch schon mal das Finale an: den irischen Stepptanz, der seit Jahren den Abschluss des Varieté-Auftritts bildet und der immer wieder hervorragend ausgeführt wird, obwohl stets neue Akteure dabei sind.
Bald war das ganze Flug- und Bodenpersonal auf der Bühne.
Finale: Das war wieder eine Punktlandung und wie in jedem Ferienflieger gab es noch auf der Rollbahn tosenden Beifall.
Im Ferienflieger muss man leider beim Ausrollen angeschnallt bleiben und kann deshalb dem Piloten keinen stehenden Applaus zukommen lassen. In unserem Mehrow-Flieger gab es solche Beschränkungen zum Glück nicht. Gut gemacht!