Der Name „Paul Schmidt“ gehört nicht gerade zu den seltenen und so trifft es sich, dass die Online-Datenbank des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zwei Paul Schmidt mit dem Todesdatum 18.4.1918 aufweist - einer davon ist hoffentlich der am 27. Mai 1896 in Ahrensfelde geborene Paul Schmidt, der lt. Sterberegister des Standesamtes „Mehrow in Ahrensfelde“ am 18. April 1918 in „Macesmontiers, Frankreich“ gefallen ist.
Aber welcher der beiden Datenbankeinträge passt? Der erste Paul Schmidt war Pionier und ist in Steenwerck, nordöstlich von Lille an der belgischen Grenze bestattet, der andere war Musketier und ist in Morisel, südöstlich von Amiens beerdigt. Zwischen beiden Friedhöfen liegen ca. 140 Kilometer. Leider ist uns der Dienstgrad „unseres“ Paul Schmidt unbekannt - und auch sein wirklicher Sterbeort, denn „Macesmontiers“ ist weder auf der Karte, noch bei Google Maps zu finden.
Wenn einem eine wirklich gute Karte in die Hände fällt (in diesem Fall der Autoatlas eines französischen Reifen-Herstellers, der sogar fast alle Kriegsgräberstätten enthält), dann kann man ja mal die Umgebung von Steenwerck und Morisel nach ähnlich klingenden Orten absuchen. Und siehe da, etwa zehn Kilometer Luftlinie südlich von Morisel gibt es einen Ort namens „Marestmontiers“. Nehmen wir mal an, dass dies der Sterbeort von Paul Schmidt aus Ahrensfelde ist, dann liegt dieser sicher auf dem Friedhof in Morisel.
Wir kommen aus Roye, wo wir das Grab eines Blumbergers besucht haben und nehmen die die nach Amiens führende Straße, auf der man nicht die Abfahrt nach Moreuil verpassen darf - einem Nachbarort vor Morisel. Die Straße wechselt laufend ihre Nummer, zuletzt heißt sie D920 und die ersten Schilder mit der Aufschrift „Morisel“ tauchen auf.
Der Ort schließt sich gleich an Moreuil an und der Friedhof ist nicht zu verfehlen, liegt er doch direkt an der Straße.
Friedhöfe, die nunmehr mitten in Wohngebieten liegen, haben wir schon öfter vorgefunden. Hier kommt erstmals hinzu, dass gegenüber ein großer Supermarkt liegt. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig, bieten aber ganz praktisch gesehen, denn Vorteil, dass man das Auto gut parken kann und noch dazu vom Parkplatz aus einen guten Überblick bekommt.
Der fast rechteckige Friedhof liegt längs der Hauptstraße und ist von einer flachen Hecke umgeben. Die steinernen Kreuze, die für jeweils vier Grabstellen stehen, sind in Reihen parallel zur Straße angeordnet. Ein Weg führt vom Eingangstor, dass in ein Stück Natursteinmauer eingepasst ist, zu einem großen Kreuz in der Mitte des Friedhofs.
Die Klappe, hinter der sich üblicherweise das Namensbuch befindet, ist etwas rätselhaft, da sie auf einen Friedhof namens „Ferme de la Madeleine“ bei Nantillois verweist .
Dem gehen wir nicht weiter nach, sondern freuen uns, dass wir die Grablage des von uns Gesuchten vorab in der Online-Datenbank des Volksbundes ermittelt haben.
Statt des Namensbuches, dem man die Grablagen, aber üblicherweise auch einen Lageplan und eine Beschreibung des Friedhofes und seiner Geschichte entnehmen kann, findet sich nämlich hier hinter der Klappe nur ein Zettel mit dem Hinweis, dass das Buch während des Winters entnommen wurde. Bis Ostern - und das zeigt unser Kalender gerade erst an.
Wer hier nicht vorher recherchiert hat, steht vor dem Problem, 2640 Grabstellen abzusuchen - so viele Soldaten liegen auf diesem flächenmäßig kleinen Friedhof bestattet.
Wir brauchen nur anhand der Nummern auf den Kreuzen herausfinden, wo der Block 5 ist, und dort nach dem Grab 135 suchen. Da haben wir das Grab von (hoffentlich) „unserem“ Paul Schmidt, jenem Musketier aus Ahrensfelde, der am 18. April 1918 im Alter von knapp 22 Jahren gefallen ist - vermutlich in einem Ort namens Marestmontiers.
Wie schon in Roye, so stehen auch hier überall weiße Gänseblümchen auf der Wiese, die nun mal im Frühjahr schneller wachsen, als sich ein Rasenmäher starten lässt.
Die stören aber weniger, als der Verkehr auf der Straße, dessen Lärm die kleine Hecke nicht abhalten kann. Von den umliegenden Grundstücken bekommt man nichts mit.
Das riesige Lidl-Schild, das von der gegenüber liegenden Straßenseite herüberschaut, scheint hämisch sagen zu wollen, dass es zwar nicht den deutschen Soldaten, aber den deutschen Händlern gelungen ist, das Land zu unterwerfen.
Aber wenn jeder Supermarkt-Kunde mal einen Blick herüber wirft und sich Gedanken macht, ist schon viel geholfen.
Auch wenn neue Supermärkte mitunter eine Plage sind - neue Soldatenfriedhöfe brauchen wir noch viel weniger! Wir sollten alles tun, um solche für die Zukunft zu vermeiden.
Mit diesen Gedanken im Kopf geht es durch das Örtchen Morisel und das anschließende Moreuil wieder hinaus in die sanft hüglige, heute so friedliche Landschaft der Picardie.