Am Sonnabend, den 31. August 2013 war Mehrow-Trappenfelde Austragungsort für das Leistungshüten der Brandenburger Schäfer. An der Straße nach Alt-Landsberg, dort wo die abgeparkte Tatra-Bahn allmählich mit der Natur verschmilzt, fand der Wettbewerb statt. Eine große Weidefläche zwischen Straße und Wald bot genug Platz für Mensch und Tier.
Nun steht das Schafe-Hüten in der Gunst der Action-bedürftigen Zuschauer zwar nicht ganz so weit oben wie Fußball oder Eishockey, aber auch dieser „Sport“ hat seine Anhänger.
Das Publikum, das sich an diesem Tag in Trappenfelde eingefunden hatte, konnte es aber (abgesehen vom Schreiber dieser Zeilen) alle Male mit den Sachverständigen am Stadionrand aufnehmen. Und mit ihrer unverkennbaren Kleidung und Ausrüstung haben die vielen Schäfer unter den Zuschauern genauso zur Atmosphäre beigetragen, wie die mit Trikots und Schals ihrer Lieblingsmannschaft ausgestatteten Sportfans.
Zum Wettstreit waren an diesem Tag die sieben besten Schäfer des Landes Brandenburg angetreten, darunter Sven Holland aus Mehrow-Trappenfelde, auf dessen Weide und mit dessen Schafen der Wettbewerb durchgeführt wurde.
Die drei Kampfrichter, darunter eine Schäferin, kamen aus verschiedenen Ecken des Bundesgebietes, was Gewähr für eine unparteiische und den bundesweit gültigen „Spielregeln“ entsprechende Bewertung war.
Pünktlich um 10 Uhr ging es mit der Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer des Wettbewerbes los. Und gleich danach konnte/musste der erste Schäfer auf die „Rennstrecke“, was nicht unbedingt ein Vorteil ist, weil die Tiere am Morgen oft noch mürrisch und widerspenstig sind - wie jeder andere Arbeitnehmer auch.
Von seiner Frau (unten links), die auch Schäferin ist, und Berufskollegen mit Daumendrücken und Glückwünschen begleitet musste der Schäfermeister Sven Holland (oben links) als Erster „in den Ring steigen“.
Ihn und die anderen Teilnehmer konnte einer der Wettkampf­leiter (links) damit locken, dass der Sieger am folgenden Wochenende beim Bundeswettbewerb im Storkower Ortsteil Rieplos antreten darf - die Schafe hat das aber wenig interessiert. Für die stand ja fest, dass nicht sie, sondern ihrer Artgenossen am Austragungsort die Statistenrolle beim Bundeshüten spielen werden.
Während sich Sven Holland aufmachte, um die Herde aus dem Ferch am Waldrand zu holen, war Gelegenheit, sich auf der „Zuschauertribüne“ umzusehen. Auf der langgestreckten Wiese zwischen Straße und „Rennstrecke“ standen einige Pavillons, in denen Wollprodukte, Kunstgewerbe, Schäferei-Bedarf, verschiedene Bio-Lebensmittel, Bier und Gaumen­freuden für den sofortigen Verzehr angeboten wurden.
Da war am frühen Vormittag schon ordentliches Treiben. Selbst frühe Stunde und pralle Sonne konnten Wurst- und Bierumsatz nicht schmälern, wobei der Bierkonsum am Morgen nicht jedem Wettbewerbsteilnehmer bekam ...
Neben den Schäfern und Schafzuchtspezialisten, die das Treiben stillschweigend oder mit sachkundigen Kommentaren begleiteten, fanden sich zunehmend auch Laien ein, die einfach mal schauen wollten. Manche hatten in der Zeitung vom Wettbewerb gelesen, anderen sind im Vorbeifahren die vielen Menschen und Pavillons auf der Wiese aufgefallen. Unter den Besuchern waren auch ganze Familien und Dank der hübschen Kleinigkeiten, die es zu bestaunen und zu kaufen gab, wurde es auch den Kindern nicht langweilig.
Am späten Vormittag hatte sich auch das Fernsehen eingefunden - der RBB mit einem Kamerateam und einem der Star-Reporter. Am Abend, bei „Brandenburg aktuell“ war dann ein Wenige-Sekunden-Beitrag zu sehen. Na, immerhin! Wenn das Fernsehen den Weg zu uns findet, dann leben wir doch nicht „hinterm Mond“.
Dank der durch Mikrofon und Lautsprecher geschickten Erläuterungen der Wettkampf­leitung habe auch die Laien unter den Zuschauern mit­bekommen, welche Aufgaben in dem jeweils etwa ein­stündigen Test von Schäfer und Hunden zu lösen sind.
So mussten die Schäfer und Hunde beweisen, dass sie auch auf einer von Autos befahrenen Straße die Herde beisammen halten und beruhigen können - egal, ob ein Auto von vorn oder von hinten kommt.
Das zum Test benutzte Auto mit dem Stern auf der Kühlerhaube hat den Schafen so viel Ehrfurcht eingeflößt, dass es fast immer problemlos geklappt hat.
Geplant war, dass die Schäfer im Stunden-Abstand „in den Ring treten“ - in der Praxis kam noch Zeit für die Aus­wertung dazu und bei den weiten Wegen dauerte es auch immer etwas, bis der nächste Schäfer bereit war, die Herde aus dem Ferch zu holen. Aber Schäfer und Co. haben es nicht eilig ...
Hektik ist so ziemlich das Schlimmste, was einem Schäfer passieren kann. Die überträgt sich sofort auf die Schafe und dann funktioniert gar nichts mehr. Da kann dann auch ein guter Hütehund nicht mehr viel ausrichten - wie hier bei einem Schaf, das beim Anblick des Mercedes-Sterns in Panik geraten ist. Mit 'nem Audi wär das (vielleicht) nicht passiert.
Die stoische Ruhe, die abgesehen von solchen kleinen Zwischenfällen, auf der Weide herrschte, übertrug sich auch auf das Publikum. Stundenlang standen einige Zuschauer, stets fachsimpelnd, aber nie laut werdend, am Rand und verfolgten das Geschehen. Den bei fortschreitendem Bier­konsum immer nötiger werdenden Halt bot der Schäferstab.
Welche Ruhe in so einem Schäfer steckt, konnte man erleben und bestaunen, wenn man die „alten Hasen“ beobachtet hat: Wenn da drei nebeneinander standen, haben nie zwei gleichzeitig die Arme oder den Kopf bewegt - der Rest des Körpers war eh in den Schäferstab eingeklinkt und im Boden verwurzelt. Da hätte man noch stundenlang zuschauen und als gestresster Fast-Berliner hoffen können, dass das ansteckend ist.
Um die Sache abzukürzen: Sven Holland aus Mehrow-Trappenfelde hat bei diesem Landeswettbewerb der Schäfer auf breiter Front abgeräumt. Nicht nur, dass er mit der höchsten Punktzahl den Wettbewerb gewonnen und noch ein paar Pokale dazu bekommen hat, auch seine Hunde wurden als die besten Hütehunde des Wettbewerbs ausgezeichnet.
Und wie wir längst auf unserer „Aktuelles“-Seite verraten haben, hat Sven Holland am 7./8. September 2013 auch das Bundesleistungshüten in Rieplos gewonnen.
Der derzeit beste Schäfer Deutschlands lebt und arbeitet also hier in Mehrow! Da können wir schon stolz drauf sein.