Die Geschichte kennt jeder: Eine junge Frau steht vor'm Kleiderschrank und meint, sie hätte nichts anzuziehen - was besonders ärgerlich ist, wenn ein toller, lediger, wohlhabender junger Mann eine Party gibt.
Das allein ist noch kein Stoff für ein Theaterstück. Da fehlen noch ein paar Zutaten - am besten ganz märchenhafte.
Also wird der junge Mann zum Prinzen erklärt und die junge Frau zu einem armen, gequälten Mädchen.
Das Mädel hat zwei nervige Schwestern und eine stressige Mutter, die ihr das Leben zur Hölle machen. Die wollen auch auf die Party und ballern sie so mit Arbeit zu, dass sie mit Sicherheit nicht fertig wird, bis die Fete steigt.
Dank einer Schar Vögel, die sonst nur auf die Terrasse sch..., schafft sie es zwar, die Hülsenfrüchte in der Zeit zu sortieren - aber das Problem der fehlenden Sachen und Schuhe bleibt. Zum Glück gibt es für so was Online-Händler, die bis an die Haustür liefern.
Und da gerade mal nicht gestreikt wird, kommt die auf die Schnelle bestellte Ware rechtzeitig vor der Party an - und passt sogar!
Kaum sind die Schwestern und die Mutter in ihre Klamotten geschlüpft und zur Party abgerückt, wirft sich auch das „Aschenputtel“ genannte Mädchen mit Hilfe der Täubchen in Schale und zieht los zum Schloss.
Auf dem Schloss steppt bereits der Bär - d.h. noch steppen die Bärinnen auf dem Parkett und langweilen den Prinzen.
Als aber das im Online-Shop frisch eingekleidete Mädel erscheint, springt der Prinz vom Sofa, greift sie sich und jagt mit ihr den ganzen Abend über die Tanzfläche. Da sieht man wieder, was Marken-Klamotten ausmachen!
Der Prinz war happy und die gekrönten Eltern dachten schon, dass sie ihren etwas feminin wirkenden Sohn end­lich unter die Haube gebracht haben - da macht sich das unbekannte Mädchen auch schon wieder aus dem Staub.
Während der Prinz noch verstört in die Runde schaut, war das flüchtige Mädchen als Tramperin erfolgreich und noch vor ihren „geliebten“ Familienmitgliedern zuhause und schon wieder in Ost-Klamotten gekleidet, als diese kamen. Die Drei konnten sich noch immer nicht beruhigen und zogen wütend über die Mieze her, die ihnen die Show gestohlen hatte.
Das Mädel schien an ihren sozial sehr schwierigen Umfeld und ihrem unter Tarif bezahlten Job zu hängen. (Typische Ossi-Macke!) Zumindest scheute sie den Schritt in die Sphäre der Besserverdienenden.
Der Prinz, der sich schon mal im siebenten Himmel wähnte, wollte sich aber nicht geschlagen geben und machte sich auf die Suche nach seiner Fast-Braut. Das Einzige, was er als Anhaltspunkt hatte, war ein Stöckelschuh, den das Mädchen bei der Flucht über holprige Brandenburger Straßen in einem Schlagloch verloren hatte.
Nun galt es, die Besitzerin dieses Schuhs zu finden. Statt bei der NSA nachzufragen, wer in unserem Postleitzahlgebiet diese Schuhgröße besitzt und unlängst online bestellt hat, schickte der Prinz seinen persönlichen Schuhberater auf die Suche: den Gestiefelten Kater.
Der ließ alle Mädchen in das Schühchen schlüpfen - und anfangs schien es auch, als hätte dieser bei allen die ideale Passform. Aber entweder hatten die Schuhträgerinnen geschummelt (z.B. durch Abfeilen des Hackens statt der Zehennägel), oder das Versandhaus hatte getrickst und keine Markenschuhe verschickt. Aufklärung gab es da durch den schlauen Hahn, der auch schon bei voran gegangenen Theaterstücken sein Kikeriki dazu gegeben und es damit fast bis zu einer Oscar-Nominierung geschafft hat.
Immer wenn Blut aus dem Schuh tropfte, krähte er los, bis dann endlich die richtige Schuhträgerin vorgeführt wurde.
Der Prinz konnte das Objekt seiner Begierde in die Arme schließen und sein überglück­licher Vater, der König, befahl darauf, überall in die Straßen Schlaglöcher zu hacken, damit die künftige Prinzessin nicht wieder fliehen kann.
Viel Freude war nun auf dem Schloss und alle waren froh, dass da nicht wieder hundert­jähriger Schlaf herausgekommen ist, oder wie unlängst die Großmutter im Bauch eines Wolfes Platz nehmen musste. Abgesehen von den abgeschnittenen Stiefschwester-Zehen und -Hacken ist es dieses Mal ganz glimpflich und jugendfrei ausgegangen.
Und wenn sie nicht gestorben sind ...,
... dann sitzen die so lieben Täublein wieder auf der Dachrinne und sch ... (koten) auf Gehweg und Straße oder Passanten auf die Schulter, ins Haar und auf die Brille..
Und da der König allen nachfolgenden Generationen befohlen hat, die Schlaglöcher zu pflegen, sind uns diese bis in die heutige Zeit erhalten geblieben.