In letzter Zeit war wenig über Mehrow in der Zeitung zu lesen, aber Mitte Juli überschlugen sich plötzlich die Medien: Nicht nur in der Märkischen Oderzeitung (13.7.2005, rechts), sondern auch in der Berliner Morgenpost (18.7.2005, unten) und in überregionalen Blättern wie dem Neuen Deutschland tauchten fast zeitgleich Artikel über unseren Ort auf und am 4.8.2005 war sogar das RBB-Fernsehen hier und hat abends in "Brandenburg Aktuell" über Mehrow berichtet.
Märkische Oderzeitung vom 13.7.2005

Grund für das Medieninteresse war ein Neubau, der zurzeit am südlichen Ende der Dorfstraße entsteht, etwa da, wo aus Richtung Hönow kommend die erste Bushaltestelle ist. Dort entsteht ein Einfamilienhaus aus Platten abgerissener Marzahner Hochhäuser.


Demontage von 11-Geschossern in Marzahn
Vor einigen Jahren hat man begonnen, in Marzahn Plattenbauten abzureißen oder (wie links auf dem Bild nahe der Ahrensfelder Grenze) in der Höhe zu reduzieren, da sich nicht mehr genug Mieter oder gar Käufer für die einst so begehrten Neubauwohnungen finden und weitere Bewohner abzuwandern drohen, wenn sich das Umfeld ihrer Häuser nicht verbessert. Da die betroffenen Wohngebiete extrem dicht bebaut sind, werden die Häuser nicht gesprengt oder mit der Abrissbirne zertrümmert, sondern Platte für Platte demontiert - genau in umgekehrter Reihenfolge wie einst beim Bau der Häuser.

Was von den Häusern übrig blieb, wurde bisher vorrangig durch den Schredder gejagt und z.B. als Unterbau für Straßen benutzt. Da haben sich ein paar findige Köpfe gesagt, daß der hochwertige Beton dafür eigentlich viel zu schade ist und anderweitig viel sinnvoller eingesetzt werden könnte.

Die Berliner Morgenpost fand die Idee der Wiederverwendung der Hochhauselemente so gut, daß sie in der Ausgabe vom 18. Juli 2005 gleich auf der ersten Seite einen Hinweis auf den Artikel "Neue Häuser aus alten Platten" weiter hinten im Blatt platziert hat:

Forscher recyceln Plattenbauten
TU-Forscher haben eine Möglichkeit entdeckt, Stahlbetonelemente aus dem DDR-Wohnungsbau weiterzuverwenden. In Mehrow soll jetzt das erste Einfamilienhaus aus recycelter "Platte" gebaut werden.

Berliner Morgenpost vom 18.7. Seite 1


Berliner Morgenpost vom 18.7.2005, Seite 7

Und auf Seite 7 wird dann ausführlich darüber berichtet, dass Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin Verfahren zur Wiederverwendung der Betonplatten entwickelt haben. Ihre Messungen ergaben, daß die für eine Lebensdauer von 100 Jahren ausgelegten Platten nach gerademal 20 bis 30 Jahren Nutzung eine "ausgesprochen gute Qualität" besitzen und das Material "keinesfalls ermüdet" ist.

In Mehrow will man nun das erste Einfamilienhaus mit recycelten Betonplatten bauen und dabei gegenüber einem konventionellen Bau 25 Prozent Rohbaukosten sparen.

Baufortschritt Mitte Juli 2005

Das ist alles ziemlich einleuchtend, aber es stellt sich natürlich gleich die Frage, wie das Haus dann letztlich aussehen wird und entsprechend neugierig und misstrauisch haben die Mehrower und viele durchfahrende Autofahrer die Baustelle beäugt. Die Plattenbauten in Marzahn und in den anderen großen Neubaugebieten wurden zwar meist als sehr zweckmäßig, aber selten als besonders schön empfunden worden ... Und das, was Mitte Juli hier in Mehrow zu sehen war (Bildreihe oben) war noch nicht so richtig überzeugend.

Aber als dann Ende des Monats die ersten großflächigen Fenster und Türen eingesetzt wurden, konnte man sich allmählich vorstellen, wie das Ganze mal aussehen soll.
Entgegen der Erwartung wohl sämtlicher Laien bestehen die Außenflächen des Hauses nämlich nicht aus alten Fassadenteilen mit Fenstern und Balkon-Türen, sondern aus sogenannten "ungeschnittenen" Platten, die wie ein Kartenhaus aufeinandergeschichtet werden, wobei Wandplatten wieder als Wände und Deckenplatten als Decke genutzt werden.

Baufortschritt Ende Juli 2005


Baufortschritt Anfang August 2005
Die zwischen den Wandplatten gelassenen raumhohen Zwischenräume werden sämtlichst verglast, wodurch die Fassade ein ganz anderes Aussehen bekommt, als die Plattenbauten, denen die Elemente entstammen. Ein Lichtblick ...
Nur eine Woche später, nachdem fast alles verglast ist und der RBB eine Computersimulation gezeigt hat, stellt sich langsam Wohlwollen ein. Das eigenwillige Haus mit seinen Vor- und Rücksprüngen und insgesamt sieben Zimmern (RBB-Angabe) auf 215 Quadratmetern (MOZ) könnte mal ganz passabel aussehen.

Mit Spannung wird nun allerdings erwartet, wie man der ebenfalls aus Platten aufgerichteten Garage an der Grundstücksfront zu Aussehen verhilft. Noch sieht dieser Bau ziemlich verwegen aus, obwohl die Reste von Styropor-Deckenverkleidung die Behaglichkeit einer nach der Wende mit West-Baumaterial aufgemotzten Ost-Neubauwohnung ausstrahlen.
Es ist davon auszugehen, dass die Garagenfront große Glastore erhält und man kann gespannt sein, was sich da die Architekten dafür haben einfallen lassen.

Abschließend sei nicht vergessen, den neuen Mehrowern, die sich ihre "Platte" mitgebracht haben, hier im Ort ein herzliches "Willkommen" zu sagen.



In der MOZ vom 13.7. (und auf dem Baustellenschild) konnten wir lesen, wer dafür sorgen will, dass "Bald wieder Leben in der abgerissenen Platte" ist: Ingo und Beate von Zweydorff mit ihrer Tochter - willkommener Zuwachs für unser kleines Dorf.

Zu beneiden sind die drei vor allem um ihre schöne Aussicht, denn dicht neben dem Haus drehen auf dem Reiterhof Klopsteg laufend hübsche Reiterinnen ihre Runden ...

Wer sich nicht mehr erinnern kann, wie es noch vor ein paar Monaten an dieser Stelle aussah, findet bei uns ein paar alte Bilder von der Dorfstraße 29.