Beim Spaziergang durch unseren Dorfpark stößt man unweigerlich auf das "Grab des unbekannten Soldaten" nahe des in den 1960er Jahren angelegten Friedhofs, da dieses direkt am Spazierweg liegt.
Es ist schön anzusehen, daß dieses Grab nach nunmehr 45 Jahren immer noch von liebevoller Hand gepflegt und in jedem Jahr neu bepflanzt wird.
Bei "nicht unbekannten" Verstorbenen ist es eher die Ausnahme, daß die Hinterbliebenen ein solches Durchhaltevermögen an den Tag legen.

Die Pflege dieses Soldatengrabes haben wir ganz sicher Werner Hauswald zu verdanken, der zwar schon vor Jahren aus Mehrow ins nahe gelegene Marzahn gezogen ist, aber sich noch immer aufopferungsvoll bemührt, den Ort und insbesondere die Grünanlagen ansehnlich zu halten, sowie ohne viele Worte anderer Leute Dreck wegräumt und den Rasenmäher an Stellen ansetzt, um die sich sonst keiner kümmern würde.

In unserem Beitrag "Mehrower Friedhöfe" haben wir schon vor einiger Zeit darauf verwiesen, daß der "unbekannte Soldat" gar nicht so unbekannt ist und daß er ursprünglich nahe der Autobahn verscharrt war, von wo er erst 1958 an die jetzige Stelle umgebettet wurde:

Die Grabstelle war mit Feldsteinen umgrenzt und befand sich in einem gepflegten Zustand. Erkennungsmarke oder irgendwelche Gegenstände, die zur Identifizierung des Gefallenen führen könnten, wurden bei der Ausgrabung nicht gefunden. Lediglich ergab die Umbettung ein total verrostetes Abzeichen, das mit Sicherheit als Verwundetenabzeichen der ehemaligen deutschen Wehrmacht anzusehen ist. Der 4. Zahn am linken Oberkiefer trug eine Goldkrone, an der ein Ersatzzahn (3. Zahn) befestigt war. Nach Aussagen von Einwohnern aus Mehrow soll das Soldbuch und die Erkennungsmarke 1945 vorhanden gewesen und dem damaligen Bürgermeisteramt übergeben worden sein. Bis vor einigen Jahren befand sich auch ein Holzkreuz mit dem Namen des Gefallenen "Boleslaw W e s o l o s k i" auf der Grabstelle, welches aber im Laufe der Jahre vermoderte.
Es ist anzunehmen, daß die Erkennungszeichen dem deutschen Roten Kreuz, Suchdienst, eingesandt wurden und der Sterbefall beurkundet ist.
Nach Absprache mit dem Bürgermeister Brunn, werden die sterblichen Überreste auf dem neu anzulegenden Friedhof, der in früheren Zeiten bereits als Belegungsstätte vorgesehen war, beigesetzt und die Pflege dieser Grabstelle vom Rat der Gemeinde Mehrow übernommen. Die Betreffenden, die bis jetzt das Grab gepflegt hatten, sind von der Umbettung in Kenntnis zu setzen. ...
Protokoll der Abteilung für Innere Angelegenheiten des Rates des Kreises Bernau vom 6.Mai.1958 über die "Umbettung von Opfern des Krieges in der Gemeinde Mehrow, Krummenseer Weg, hinter der Autobahn an der rechten Waldecke, am Montag, den 14.4.1958", gefunden in den Mehrower Gemeindeakten

Im übrigen haben Herr Hauswald und seine Frau das Soldatengrab auch schon an der vorherigen Stelle gepflegt und dadurch dafür gesorgt, daß der "unbekannte Soldat" nicht das Schicksal so vieler an nicht wieder auffindbarer Stelle verscharrter Soldaten teilen mußte.



Es gibt in Mehrow aber wohl noch mindestens ein zweites Grab eines "unbekannten Soldaten":

Unter den Bildern, die wir im Nachlaß unserer letzten Gutsbesitzerin, Frau Anna Bothe gefunden haben, fand sich ein Bild unserer Dorfkirche aus den 20er Jahren, das im Vordergrund ein Grab mit einem Kreuz zeigt, wie es in ähnlicher Form bei den Orthodoxen Christen in Süd- und Osteuropa, also auch in Rußland, gebräuchlich ist.

(Das Bild war bereits im Dezember 2002 auf unserer Seite "Baugeschichte der Mehrower Dorfkirche" zu sehen.)

Lange haben wir gegrübelt, was es mit diesem Kreuz auf sich haben könnte und wer dort begraben ist.
Ein Anhaltspunkt hat sich jetzt bei unseren Recherchen im "Niederbarnimer Kreisblatt" ergeben.
In der Ausgabe vom 19.4.1928 wird in einem Beitrag über den hiesigen Landwehrverein erwähnt, daß u.a. über die Pflege des Grabes des "gestorbenen kriegsgefangenen Russen" beraten wurde.



Ein bißchen dürftig ist ja diese Auskunft. Insbesondere, weil ihr nicht zu entnehmen ist, wenn der Kriegsgefangene gestorben ist. Aber, wenn wir mal unterstellen, daß man sich bald nach seinem Tode um die Grabpflege gekümmert hat, kann es schon sein, daß er Anfang 1928 gestorben ist Etwa aus dieser Zeit könnte auch die oben gezeigte Fotografie stammen.

Das hieße also, daß etwa an der jetzigen Grabstelle Meißner/Prötzsch vor nunmehr 75 Jahren ein Soldat beerdigt wurde, von dem wir leider nicht einmal den Namen wissen und wohl auch nicht herausbekommen werden, da er als Kriegsgefangener sicher in keiner Einwohnerkartei auftaucht. Und selbst wenn wir den Namen wüßten, wird uns wohl keiner mehr verraten können, warum sich der Russe zehn Jahre nach dem Ende des (ersten) Weltkrieges noch nicht auf den Weg nach Hause begeben hatte. Wir hoffen einfach mal, daß es ihm bei uns so gut gefallen hat und daß er gut behandelt wurde.



Nehmen wir mal an, der russische Kriegsgefangene des Ersten Weltkrieges ist im April 1928 verstoben, dann ist das jetzt genau 75 Jahre her - der im zweiten Weltkrieg getötete deutsche Soldat ist im April 1958 umgebettet worden, das war vor 45 Jahren. Das ist vielleicht nicht Grund genug für großartige Gedenkfeiern, sollte aber wenigstens Anlaß zur Besinnung und zum Nachdenken sein, zumal es sich um Soldaten zweier Völker und Armeen handelt, die sich lange Zeit bekriegt haben.

Eine Deutung unseres Ortsnamens "Mehrow" ist das slawische Wort "Mir", das zugleich "Welt" und "Frieden" bedeutet... Mögen die aus ehemals politisch verschiedenen Teilen der Welt stammenden Soldaten hier ihren Frieden gefunden haben !